Russlands Wirtschaft leidet noch nicht genug: Das sind Putins wahre Schwachstellen

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Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft treffen Putin bereits an empfindlichen Stellen. Dennoch gibt es Luft nach oben – wenn sich Russland ökonomisch vorher nicht selbst zerstört.

Moskau – Je länger der Ukraine-Krieg andauert, desto stärker machen sich die Folgen für Russlands Wirtschaft bemerkbar. Der Westen hat die Maßnahmen zunehmend verschärft, um wichtigen Bereichen der russischen Wirtschaft einen Dämpfer zu verpassen und Wladimir Putin unter Druck zu setzen. Dennoch gibt es Nachholbedarf. Derweil gerät Russlands Wirtschaft durch Putins Entscheidungen in eine immer schlimmere Abwärtsspirale.

Russlands Wirtschaft leidet unter Sanktionen – und unter Putins Krieg

Der Zustand der russischen Wirtschaft hat sich im Laufe des Kriegs verschlechtert. Die bisherige Widerstandsfähigkeit und das von Putin angegebene „positive“ Wirtschaftswachstum resultieren aus einer Wirtschaftsführung, die den Krieg priorisiert. Das beste Beispiel sind die steigenden Rüstungsausgaben des Kreml. Höhere Staatsinvestitionen sollen – so zumindest Putins Gedanke – das Wirtschaftswachstum befeuern.

Wladimir Putin in Orekhovo, Russland.
Schwerer Schlag für Russlands Wirtschaft – Inflation auf Jahreshoch © IMAGO / ZUMA Press Wire/Gavriil Grigorov

Indem Putin das Wachstum von den Kriegsausgaben abhängig macht, überhitzt er Russlands Wirtschaft und verdammt sie zu einem langen Krieg gegen die Ukraine. Denn ein Ende des Ukraine-Kriegs würde bedeuten, dass die Kriegs-Investitionen wegbrechen würden. Somit sind die derzeit wichtigsten Staatsausgaben nicht nachhaltig.

Russlands Wirtschaft in der Abwärtsspirale – Putins Bank muss nun Problem einräumen

Der Wirtschaftsmotor gerät also von selbst ins Stocken. Die westlichen Sanktionen könnten ebenfalls langfristig das Wirtschaftswachstum bremsen – inzwischen gibt es fast gegen jeden wichtigen Sektor der russischen Wirtschaft Maßnahmen: Sanktionen gegen russisches LNG vertrieben Putins Handelspartner, das Öl-Embargo schmälert Einnahmen der russischen Kriegskasse und die Einschränkungen im Finanzsektor führten zur Blockade bzw. vorübergehende Einstellung des Zahlungsverkehrs zwischen Russlands Wirtschaft und wichtigen Geschäftspartnern.

Der Sanktionsdruck beunruhigt auch Putins Top-Ökonomen, die infolge der Sanktionen auch eine steigende Inflationsrate befürchten. Die russische Zentralbank hatte wiederholt ihren Leitzins angehoben, um die Inflation zu bekämpfen. Jüngst räumte sie selbst ein, dass es noch keine Anzeichen für eine Abschwächung gibt. „Es gibt noch immer keine Anzeichen für einen Übergang zu einer nachhaltigen Verlangsamung des Preiswachstums“, schrieb die Bank in einem Bericht Anfang Februar 2025. Als Hauptursachen der Inflation nannte die Zentralbank westliche Sanktionen, eine enttäuschende Ernte und den Wertverlust des Rubels. 

Sanktionen zeigen Wirkung – Experte sieht in einigen Bereichen noch Luft nach oben

Die Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft zeigen also Wirkung. „Möglicherweise könnten sie den Keim für eine weitere Krise im Stil der Sowjetunion der 1980er Jahre legen“, analysiert der Russland-Experte und Stratege beim Center for European Policy Analysis (CEPA), Alexander Kolyandr.

Dennoch fordert der Experte vom Westen ein Umdenken bei den Sanktionen. Dabei sollten die Schwerpunkte unter anderem auf Kapital, Arbeit und Technologie liegen. Kolyandr schlägt die Aufhebung der Sanktionen gegen reiche Russen vor bzw. eine Aufhebung zu diskutieren. „Es sollte einen strikten und transparenten Weg geben, von der Sanktionsliste wegzukommen, der eine klare Distanzierung vom Kreml und die mögliche Verlagerung zumindest einiger Vermögenswerte aus Russland einschließt“, so der Experte. Grundsätzlich sollten die Russen ermutigt werden, ihr Geld nach Westen zu verlagern und nicht daran gehindert werden.

Noch schärfere Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft – welche Schwachstellen Putin hat

Zudem spricht er sich dafür aus, die Auswanderung von Arbeitskräften aus Russland zu fördern. Politiker und Institutionen sollten Maßnahmen ergreifen, um die Abwanderung russischer Fachkräfte zu beschleunigen, etwa durch die Ausgabe von mehr Einweg-Studenten- und Arbeitsvisa und die Eindämmung weiterer Beschränkungen für Touristenbesuche. Zugleich sollte Druck auf die zentralasiatischen Länder ausgeübt werden, um ihre Bürger davon abzuhalten, in Russland Arbeit zu suchen und Geld zu überweisen.

Weiter pocht der Experte auf eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russlands prominente „Schattenflotte“, die für die Umgehung der Öl-Sanktionen bekannt ist. Auch die Sanktionen gegen den Export von Technologien und Materialien zur Produktion von Öl, Flüssigerdgas, Düngemitteln, landwirtschaftlichen Produkten nach Russland müssten verschärft werden. Unternehmen, die weiterhin in Russland produzieren, sollten ermutigt werden, das Land zu verlassen. Für viele Firmen stellt ein Rückzug aus dem Land jedoch ein großes Rechtsrisiko dar. (bohy)

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