Kempten unter Sparzwang: Einige Stadträte wollen weniger Schulden
Kempten – Der Haupt- und Finanzausschuss diskutierte darüber, wie die Stadt Kempten ihre Schulden verringern könnte. Zur Debatte standen unterschiedliche Maßnahmen, doch eine Einigkeit konnte unter den Mitgliedern nicht erzielt werden.
Prof. Dr. Robert Schmidt (CSU) stieß zu Beginn der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) eine Debatte über die Höhe der Schulden an. „Unser Ziel sollte es sein, unsere Schulden um fünf Millionen Euro zu reduzieren. Es könnten aber auch zwei bis drei Millionen sein und wir erhöhen parallel dazu die Einnahmen.“ Einsparen könne man laut Schmidt beim Personal. Dann dauere es eben länger, bis ein Antrag bearbeitet wird oder die Wartezeit verlängere sich. „Wir könnten aber auch Grundstücke und Immobilien verkaufen“, so sein Vorschlag.
Etliche Mitglieder des HFA schlugen in die gleiche Kerbe: „Es ist richtig, jetzt diese Diskussion zu führen. Die Entscheidungen, die notwendig sind und heute nicht getroffen werden, verschlimmern die Lage in der Zukunft“, so Josef Mayr (CSU). Gleicher Meinung war sein Parteikollege Helmut Berchtold: „Wir müssen dringend nach Lösungen suchen. Wenn uns niemand hilft, dann müssen wir unsere Leistungen kürzen.“ Fünf Millionen weniger Kredit hielt Berchtold für möglich. Er schlug auch eine Erhöhung der Grundsteuer in 2024 vor, was im selben Jahr Mehreinnahmen von zweieinhalb Millionen Euro generiere. „Wir müssen über Standards nachdenken. Brauchen wir jedes Pipapo?“, fragte Berchtold.
Wo mit dem Sparen anfangen?
Joachim Saukel (FW) will Standards beim Carl-von-Linde-Gymnasium und der Lindenbergschule herabsetzen. Katharina Schrader (SPD) sprach sich gegen eine Erhöhung der Grundsteuer aus. Es sei nicht einfach, jetzt noch zusätzlich fünf Millionen Euro zu streichen. „Die Situation hat sich geändert. Kein Neubau Bibliothek/VHS, vom Beginenhaus spricht niemand mehr.“
Für Thomas Hartmann (Grüne) ist der Ansatz des Sparens grundsätzlich zu begrüßen. „Welche Maßnahmen sollen entfallen? Wir müssen uns nach neuen Finanzierungsmodellen umschauen. Aufgaben werden von oben nach unten delegiert, ohne Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.“
Potenzial beim Thema „Heizen“
Für Erna-Kathrein Groll (Grüne) ist es schwierig, noch einmal fünf Millionen Euro einzusparen. „Können wir Gebühren erhöhen? Wenn Investitionen verzögert werden, fällt uns das auf die Füße.“
Für umweltfreundlichere und modernere Möglichkeiten des Heizens in städtischen Gebäuden plädierte Franz Josef Natterer-Babych (UB/ödp). „Fußbodenheizungen brauchen wir nicht.“ Ferner gebe es auch andere Möglichkeiten, um für Wärme in diesen Gebäuden zu sorgen. Man könne dann drei Millionen Euro einsparen. „Was derzeit an Technik eingebaut wird, kostet ein Schweinegeld, mit PV-Anlagen hätten wir auch weniger Energiekosten.“
Unterstützung von Bund und Land nötig
Oberbürgermeister Thomas Kiechle stellte klar, dass die Verwaltung alles unternommen habe, „um einen Haushalt hinzubekommen, der funktioniert. Alle Kommunen haben in den Folgejahren die gleichen Probleme und Schwierigkeiten. Die ausufernden Aufgaben sind das Problem. Wir haben das im Vorstand des Städtetages besprochen und es kommt auf die Agenda. Wir können das nicht lösen, wir brauchen die Unterstützung von Bund und Land. Das System mit zunehmender Aufgabensteigerung nimmt uns die Luft zum Atmen. Die Zunahme des Personals hat mit diesen zunehmenden Aufgaben zu tun.“
Stadtkämmerer Matthias Haugg erklärte, dass im Verwaltungshaushalt bereits zehn Millionen Euro und im Vermögenshaushalt 100 Millionen Euro eingespart wurden. „Weitere Einsparungen im Vermögenshaushalt sind nur möglich, wenn ganze Maßnahmen, die noch nicht beschlossen sind, verschoben werden. Im Verwaltungshaushalt müsste auf Zuschüsse für ein Großprojekt verzichtet werden.“ Vorgaben zum Einsparen bei einzelnen Ämtern (Personal, Soziales und Jugendhilfe) sei nur Theorie. „Bauunterhalt ist notwendig. Da wo Einsparungen möglich sind, bringt es nicht viel oder die freiwilligen Leistungen müssen gekürzt werden, beispielsweise im Bereich Sport.“
Verwaltung ist sich der Probleme bewusst
Wirtschaftsreferent Dr. Richard Schießl verwahrte sich gegen den Vorwurf, in der Verwaltung könne man nicht wirtschaftlich handeln. „Das Problembewusstsein ist in der Verwaltung angekommen. Jedem sei klar, dass Einschnitte notwendig sind. Die Verwaltung ist Dienstleister, Einschnitte bedeuten eine Verschlechterung von Dienstleistungen. Qualitätsstandards werden verringert. Wir haben ja schon heute Verringerungen im Personalhaushalt.“
Für Oberbürgermeister Thomas Kiechle stehen übertragene Aufgaben in Konkurrenz mit Klimaschutz. „Wenn die Fernwärme zehn- bis zwölftausend Euro pro Meter kostet, wer denkt dann daran, wie viel Millionen Euro man dazu benötigt? Wann können wir dann diese Maßnahmen umsetzen? In zehn bis 20 oder 30 Jahren? Am Ende sind es politische Entscheidungen, was man verschiebt oder streicht.“
Kommentar von Helmut Hitscherich