Mittel aus Brüssel: Wo EU-Geld in den Landkreis fließt

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EU-Gelder und -Programme bewirken auch jede Menge im Landkreis Starnberg. © Christin Klose

Was macht Europa eigentlich für den Landkreis? Antworten auf die Frage, die sich viele gerade vor der Europawahl am Sonntag einige stellen dürften.

Landkreis – Wo Europa draufsteht, ist oft Bürokratie drin. Allerdings bewirken EU-Gelder und -Programme auch jede Menge im Landkreis Starnberg. Eine Auswahl zur Europawahl am kommenden Sonntag.

Lokale Projekte

Die lokale Aktionsgruppe (LAG) Ammersee des EU-Förderprogramms Leader hat wohl am meisten mit Geld aus Europa zu tun. In der bislang letzten Förderperiode (2014-2022) flossen 2,16 Millionen Euro für insgesamt 31 Projekte in die Region. Für den Zeitraum 2023 bis 2027 sind zunächst 1,7 Millionen Euro bewilligt. Zur LAG gehören die Landkreisgemeinden Andechs, Herrsching, Inning, Seefeld und Wörthsee sowie das benachbarte Dießen, aber auch noch zwölf weitere Kommunen im Großraum Ammersee. Leader-Profiteure sind und waren unter anderem der Naturerlebnispark Wartaweil, der Dießener Schacky-Park, das Vorhaben „Sport und Bewegung für alle Generationen“ des TSV Herrsching sowie die drei Seefelder Projekte Skaterplatz Hechendorf, „Kunst trifft Natur – an der Unterführung der Eichenallee“ und „Gestaltung des Höhenrückens Hechendorf“. Die LAG Ammersee wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.

Die Gemeinden im Landkreis beziehen kaum direkte Gelder aus Brüssel und Straßburg. Auf Nachfrage des Starnberger Merkur meldet nur Andechs keine Fehlanzeige. Marlisa Schweiger aus der Kämmerei nennt den kulturellen Wanderweg und die alte Schmiede. Und auch beim geplanten Bewegungsparcours seien 41 Prozent an EU-Fördermitteln drin.

Natur

Für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, ökologischen Landbau oder Flächenstilllegungen: Landwirte aus dem Landkreis Starnberg beziehen Unterstützung aus EU-Agrarfonds. Laut dem Portal www.proplanta.de waren es 2023 insgesamt 5,3 Millionen Euro. Wer wie viel Geld für welche Maßnahmen erhalten hat, ist öffentlich unter www.agrarzahlungen.de nachzulesen. Außerdem gibt es das Vertragsnaturschutzprogramm (VPN), das zu circa 40 Prozent aus EU-Mitteln finanziert wird. Landwirte, die auf freiwilliger Basis ihre Flächen nach den Zielen des Naturschutzes bewirtschaften, erhalten für den zusätzlichen Aufwand und den entgangenen Ertrag ein Entgelt. Bezuschusst werden im Landkreis laut Landratsamt etwa 500 Feldstücke mit einer Gesamtfläche von 671 Hektar.

Landwirte bekommen über die EU darüber hinaus einen Ausgleich für Einkommensverluste, wenn ihre Flächen in ein Natura-2000-Gebiet fallen. Dahinter steckt ein EU-weites Netz von Schutzgebieten, allein in Bayern liegen 754. Beispiele aus dem Landkreis sind die Moränenlandschaft zwischen Starnberger und Ammersee, die Eichenalleen und Wälder um Meiling und Weßling, Herrschinger Moos und Aubachtal sowie der komplette Starnberger See.

Bildung und Forschung

Einige Bildungseinrichtungen im Landkreis nehmen am „Erasmus+“-Programm der EU teil. In der aktuellen Periode (2020 bis 2027) sind das die Gymnasien Gilching, Gauting und Tutzing, die Fachoberschule Starnberg sowie der Verein Handwerkerschule Martinsdorf/Siebenbürgen mit offiziellem Sitz in Herrsching. Ein Beispiel: Unter dem Titel „Fünf Länder zu Gast in Tutzing“ berichtete der Merkur 2023 über ein Erasmus-Projekt des Gymnasiums zum Thema nachhaltiger Konsum. Austauschschüler aus Delegationen aus Spanien, Italien, Norwegen, Rumänien und Polen reisten an.

Im Bereich Forschung profitiert das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen bei vielen Projekten von EU-Förderungen – etwa bei einem, das sich mit Klima-optimierten Flugrouten befasst oder einem anderen zur Klimawirkung einer Überschall-Flotte.

Das Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz mit Sitz in Seewiesen und Martinsried baut ebenfalls auf EU-Gelder. „Erfreulicherweise waren unsere Forschenden in den vergangenen Jahren recht erfolgreich im Einwerben dieser bedeutenden Förderungen, die Konkurrenz ist groß“, schreibt Sprecherin Stefanie Merker auf Nachfrage. Für die Projekte erhielten die Wissenschaftler in der Regel jeweils mehr als eine Million Euro. Sie befassten sich unter anderem mit „Bewegungen im Fliegenauge“ und „Zellkraftwerken“. Laut Merker kommen zudem hin und wieder Marie-Curie-Stipendiaten, ein EU-Programm, zum Forschen ans Institut.

Die Akademie für Politische Bildung Tutzing erhält laut Sprecherin Beate Winterer keine direkten EU-Mittel. „Wir arbeiten aber zum Beispiel für unsere Reihe ,Fragen an Europa‘ mit der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in München zusammen und organisieren mit ihr und zwei weiteren Partnern regelmäßig Abendveranstaltungen an verschiedenen Orten in Bayern“, erklärt sie.

Wirtschaft

Neben den finanziellen stecken auch menschliche Ressourcen aus Europa im Landkreis. Zwölf Prozent der Beschäftigten haben laut IHK einen Pass aus einem anderen EU-Land. An erster Stelle steht Kroatien mit 1100 Beschäftigten, gefolgt von Rumänien und Italien (je 940), Polen (700) und Ungarn (570). Katja Lindo, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Starnberg, sagt: „Ohne sie wäre der Personalmangel ein noch viel größeres Problem und unsere Wirtschaft deutlich schwächer.” Der Erfolg und die Stärke der Wirtschaft im Landkreis Starnberg sei ohne die Europäische Union nur schwer vorstellbar, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung der IHK München und Oberbayern. Lindos Appell lautet: „Die Wirtschaft in der Region braucht eine stabile und starke EU, die ihre Hausaufgaben erledigt, dabei aber auf Mikrosteuerung und Überregulierung verzichtet.” (gma)

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