Deutscher Bäckereibetrieb in Familienhand meldet Insolvenz an - wie geht es weiter?

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Ein traditionsreicher Bäckereibetrieb hat Insolvenz angemeldet. Betroffen sind sieben Filialen und rund 50 Mitarbeiter, wie geht es für sie weiter?

Pforzheim - Die Insolvenzwelle trifft inzwischen nahezu jede Branche in Deutschland, doch für Handwerks- und Bäckereibetriebe ist das wirtschaftliche Klima bereits seit einiger Zeit sehr ungemütlich. Nachdem vor wenigen Monaten ein Bäckerei-Unternehmen mit bundesweit 120 Filialen Insolvenz anmelden musste, trifft es nun auch einen traditionsreichen Familienbetrieb. Wie die Anwaltskanzlei Schultze & Braun mit Hauptsitz in Achern (Baden-Württemberg) mitteilt, strebt die Handwerksbäckerei Wiskandt mithilfe eines Insolvenzverfahrens eine Sanierung an.

Die Ursprünge der Handwerksbäckerei Wiskandt liegen laut der Homepage in einer Bäckerei in Pforzheim (Baden-Württemberg), die im Jahr 1969 vom Bäckereimeister Günther Wiskandt und seiner Frau übernommen wurde. Inzwischen wird das Unternehmen, das, auch durch eine Übernahme im Jahr 2022, insgesamt sieben Filialen in der Region betreibt, von der dritten Familiengeneration geführt. Die Frage ist allerdings, wie es mit dem Traditionsbetrieb und seinen rund 50 Mitarbeitern nun weitergeht.

Hohe Kosten und Konkurrenzdruck stellen Traditionsbäckerei vor große Herausforderungen

Schultze & Braun, deren Anwalt Holger Blümle vom Amtsgericht Pforzheim zum vorläufigen Insolvenzverwalter ernannt wurde, gibt den Grund für die finanzielle Schieflage mit den hohen Kosten für Energie und Rohstoffe sowie den hohen Preisdruck durch die Konkurrenz an. „Supermärkte und Discounter haben ihr Sortiment an Backwaren extrem ausgebaut“, wird Bäckereimeister und Geschäftsführer Janis Wiskandt in der Mitteilung zitiert. „Sie und die großen, industriell fertigenden Bäckereiketten bieten die Ware zu Preisen an, die ein regionaler Handwerksbetrieb einfach nicht bieten kann.“

Dadurch hat sich auch das Konsumverhalten der Kunden verändert, die in der ohnehin wirtschaftlich herausfordernden Lage immer häufiger auf „das kleine Stück Genuss vom Bäcker“, wie es Wiskandt bezeichnet, verzichten. „Der Umsatz im Bäckerhandwerk schrumpft also, während gleichzeitig die Kosten für Personal, Energie und Rohstoffe deutlich gestiegen sind“, so der Bäckereimeister. Insolvenzverwalter Blümle will sich nun einen Überblick über die wirtschaftliche Lage des Betriebs verschaffen; der Bäckereibetrieb läuft derweil in allen sieben Filialen in Pforzheim, Birkenfeld und Kieselbronn uneingeschränkt weiter.

Bäckerei Wiskandt: Insolvenzverwalter zuversichtlich, dass Sanierung gelingen kann

Die rund 50 Mitarbeiter des Traditionsbetriebs wurden bereits über das Verfahren informiert, ihre Löhne und Gehälter sind vorläufig über das Insolvenzgeld abgesichert. „Unser Ziel ist es, den Handwerksbetrieb zu erhalten“, macht Holger Blümle deutlich. „Es ist eine alteingesessene Bäckerei mit einer treuen Stammkundschaft und einer engagierten Belegschaft. Mit einem geordneten Insolvenzverfahren haben wir gute Chancen, die Bäckerei finanziell und operativ neu aufzustellen und den Herausforderungen zu begegnen, die der Markt für solche Handwerksbetriebe gerade bereitstellt.“ Dabei startet der Insolvenzverwalter nicht bei null.

In einer Bäckerei werden die Vollkornbrote direkt nach dem Backen im Ofen aus ihren Formen genommen.
Die Handwerksbäckerei Wiskandt hat Insolvenz angemeldet, der Insolvenzverwalter zeigt sich aber zuversichtlich (Symbolfoto). © Jens Kalaene/dpa

Der Bäckereimeister hat sich nach Angaben des Anwalts bereits vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens professionelle Beratung ins Haus geholt, um den Betrieb strategisch neu auszurichten. „Auf diesen Erkenntnissen können wir aufsetzen und ein Konzept entwickeln, mit dem die Bäckerei wieder auf ein stabiles Fundament gesetzt wird“, sagt Blümle. „Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen kann.“ Im vergangenen Jahr verlor eine Kleinstadt in Baden-Württemberg ihre letzte Bäckerei-Filiale.

Auch interessant

Kommentare