Bei Auftritt in Pennsylvania - Warum drehte sich der Ex-Präsident weg? Die fünf großen Rätsel beim Trump-Attentat
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1. Warum war Trump offenbar nicht gut genug bewacht?
Der US Secret Service (USSS) ist vor allem für eines bekannt: die Zuständigkeit für den Schutz von amtierenden und früheren US-Präsidenten. Nur Sekunden nachdem Trump von dem Scharfschützen am Ohr getroffen worden war, schirmten ihn die Secret-Service-Agenten ab und brachten ihn – leicht verletzt – zu seinem Auto.
Doch warum konnte es überhaupt zu der Tat kommen? Normalerweise würden Präsidentschaftskandidaten und ehemalige Präsidenten in den Vereinigten Staaten nicht den gleichen Schutz genießen wie der amtierende Präsident, sagte der ehemalige Spitzenagent des Secret Service, Stephen Colo, dem amerikanischen Newsmagazin „8newsnow“.
Er zeigte sich überrascht, dass die Behörde für die Veranstaltung neben dem üblichen Sicherheitspersonal auch ein Scharfschützenteam abgestellt habe. Eine solch wertvolle Ressource sei normalerweise nur für den Präsidenten reserviert.
Laut Colo sei es zwar schwierig, eine so zentrale Person wie Donald Trump zu beschützen. Dass es trotz des großen Sicherheitsaufgebots zu den Schüssen auf den 78-Jährigen kam, sei aber definitiv ein Versagen des USSS.
2. Warum hat sich Trump in letzter Sekunde weggedreht?
Diese Frage sorgt gerade in den sozialen Medien für einige Diskussionen und auch die ersten Verschwörungstheorien sind bereits im Umlauf. Wusste der ehemalige Präsident etwa von dem geplanten Anschlag? Denn kurz vor den Schüssen wendet sich Trump von der Menge ab – und rettet sich damit vermutlich das Leben.
Licht ins Dunkel dieser Frage brachte der Ex-Präsident am heutigen Montag selbst: „Es kommt selten vor, dass ich mich von der Menge abwende. Hätte ich das in diesem Moment nicht getan, würden wir heute nicht hier sprechen“, sagte der 78-Jährige dem „Washington Examiner“.
Im Gespräch mit der „New York Post“ erläuterte er die Gründe dafür: „Der Grenzschutz hat mir das Leben gerettet. Ich habe meinen Kopf gedreht, um auf ein Chart zur illegalen Einwanderung auf dem großen Bildschirm zu zeigen“.
Trump ergänzte: „Wenn ich meinen Kopf nicht gedreht hätte, um auf die Statistik zu gucken, hätte mich die Kugel direkt in den Kopf getroffen.“
3. Warum hörte man offenbar nicht auf Zuschauer, die den Schützen gemeldet hatten?
Der Täter, mutmaßlich identifiziert als der 20-jährige Thomas Matthew Crooks, blieb auf der Veranstaltung nicht unerkannt. So berichten Augenzeugen, den Scharschützen bereits Minuten vor der Tat gesichtet und die Polizei darüber informiert zu haben.
So erzählte der Besucher Greg Smith dem britischen Fernsehsender „BBC", er habe den Schützen auf das etwa 150 Meter entfernte Dach klettern sehen und die Polizei sowie den Secret Service darauf hingewiesen.
Man habe klar gesehen, dass der Mann bewaffnet sei: „Ich dachte mir ‚Warum spricht Trump immer noch? Warum haben sie ihn nicht von der Bühne geholt?'“, so Smith. „Das Nächste, was ich mitbekomme, sind dann die fünf Schüsse". Ähnliches berichteten auch die Augenzeugen Mike und Amber DiFrischia, die ein Video von der Tat aufnahmen.
„Sofort, nachdem wir den Schützen auf dem Dach gesehen haben, haben wir die Polizisten darauf aufmerksam gemacht“, so Amber DiFrischia zu „CNN“. Warum offenbar weder die Polizei noch der Secret Service sofort auf die Berichte der Zuschauer reagierte, bleibt offen.
4. Warum waren keine Scharfschützen des Secret Service auf dem Dach stationiert?
Das Dach, von dem aus der Schütze die Schüsse abfeuerte, befindet sich nur ca. 120 Meter entfernt von der Position, von wo aus Trump seine Rede hielt. Das Gebäude, auf dem sich der Schütze einrichtete, gehört dem Unternehmen American Glass Research.
Es befand sich laut der „Neuen Zürcher Zeitung“ außerhalb der unmittelbar geschützten Zone des USSS. Das können viele Experten nicht nachvollziehen: Steve Moore, ein pensionierter FBI-Spezialagent, der zwei Jahre lang als Scharfschütze tätig war, erklärte gegenüber „CNN“, dass das Dach überwacht hätte werden müssen.
Auch der ehemalige FBI-Agent Bobby Chacon äußerte am Sonntag in einem Interview mit „CNN“ sein Erstaunen darüber, dass das Dach unbeaufsichtigt blieb. Er bezeichnete es als „perfekten Aussichtspunkt“ und fügte hinzu: „Ich bin schockiert, dass sie niemanden auf dem Dach hatten. Dieses Gebäude ist das nächstgelegene mit einer klaren Sichtlinie zur Bühne.“
5. Wie schaffte es der Schütze durch die Sicherheitskontrollen?
Trumps Wahlauftritte finden häufig im Freien statt, in Parks, auf Messegeländen oder auf Golfplätzen. Normalerweise müssen alle Besucher von diesen Veranstaltungen, ähnlich wie am Flughafen, eine Sicherheitskontrolle und einen Metalldetektor passieren, bevor sie auf das Gelände dürfen.
Fernsehreporter sagten dem „Spiegel“, dass ihre Ausrüstung bei Trump-Auftritten jedes Mal aufs neue genau überprüft werde. Bei einer Einlasskontrolle hätte man den Schützen also sofort dingfest gemacht.
Doch da sich das besagte Gebäude, wie oben beschrieben, außerhalb der Sicherheitszone des USSS befand, konnte sich der Täter ungestört auf dem Dach positionieren– „ein grundlegendes Versagen der Sicherheit“, wie der ehemalige SWAT-Kommandant Steve Nottingham gegenüber „CNN" kommentierte.
Die vielen Rätsel rund um den Anschlag verlangen nach Aufklärung. Noch am Samstagabend leitete James Comer, Vorsitzender des Kongressausschusses für Aufsicht und Rechenschaft eine Untersuchung ein und lud Kimberly Cheatly, Direktorin des Secret Service, für den 22. Juli zu einer Kongressanhörung vor.