Mitten im Zoll-Chaos: EZB senkt Leitzins erneut
Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt erneut den Leitzins. Damit schraubt sie den Leitzins zum achten Mal nach unten. Auslöser dürfte auch Trumps Zollpolitik sein.
Frankfurt – Die EZB hat den Leitzins um 0,25 Punkte auf 2,0 Prozent gesenkt. Es ist der achte Schritt nach unten, seit die EZB Mitte 2024 auf einen Lockerungskurs umgeschwenkt ist. Damit wird es für Firmen tendenziell billiger, sich für Investitionen Geld zu leihen – das kann die Konjunktur ankurbeln. Sparerinnen und Sparer jedoch müssen mit niedrigeren Tages- und Festgeldzinsen rechnen.
EZB senkt Leitzins erneut – Sorge vor Unsicherheit wegen Trump
Zudem setzen die Euro-Währungshüter den Zins weiter herunter, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können: Statt 2,4 Prozent werden nun 2,15 Prozent fällig. Zum weiteren Kurs gab es zunächst keine konkreten Hinweise der Notenbank: Die Lage sei weiterhin von „außergewöhnlich hoher Unsicherheit“ geprägt. Das hat auch Folgen für die Bauzinsen.
Volkswirte hatten mit dem Schritt gerechnet, da die Inflation im Euroraum deutlich zurückgegangen ist. Zugleich belastet der Zollstreit mit US-Präsident Donald Trump die Konjunktur. Allein die Unsicherheit ist Gift, wie EZB-Vizepräsident Luis de Guindos in einem Interview betonte: Der Handelskonflikt beeinträchtige Investitionen, schwäche das Vertrauen der Haushalte und verringere die Wachstumsaussichten der europäischen Wirtschaft.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde sieht durch die Erschütterung der seit Jahrzehnten bestehenden Weltordnung ebenfalls erhebliche Risiken für die Wirtschaft, wie sie jüngst in Berlin sagte. „An die Stelle der multilateralen Zusammenarbeit sind Nullsummendenken und bilaterale Machtspiele getreten“, kritisierte Lagarde, ohne Trump wörtlich zu nennen. Zugleich eröffneten sich neue Chancen: „Angesichts des derzeitigen Wandels scheint die Zeit reif zu sein für eine größere internationale Rolle des Euro.“
EZB mit achter Zinssenkung seit Juni 2024 – Dax klettert auf Rekordhoch
In Erwartung einer weiteren Leitzinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) hatten die Dax-Anleger am Donnerstag bei Aktien zugegriffen. Der deutsche Leitindex kletterte im Vorfeld des Zinsentscheids am frühen Nachmittag um 0,5 Prozent auf ein frisches Rekordhoch von 24.399,03 Punkten. Der EuroStoxx50 rückte um 0,4 Prozent vor. Experten erwarten, dass der Einlagensatz, der Leitzins im Euroraum, um 0,25 Prozentpunkte auf 2,00 Prozent nach unten gesetzt wird. Es ist die achte Zinssenkung seit Mitte 2024.

Wichtiger als der Zinsschritt an sich sei für die Börsen jedoch der Ausblick, sagte Thomas Altmann von QC Partners. „Aktuell gehen die Börsianer von einem weiteren Zinsschritt in diesem Kalenderjahr aus.“ Hierfür sprächen die Wachstumssorgen sowie die Inflation, die möglicherweise sogar eine kurze Zeit lang unter dem Ziel von zwei Prozent liegen könnte, meint auch Commerzbank-Analystin Antje Praefcke. Danach dürfte die EZB angesichts des Zollkrieges und der damit verbundenen ungewissen Inflationsentwicklung allerdings erst einmal eine „abwartende Haltung“ einnehmen, prognostiziert die Expertin. (bohy/dpa)