Krebsrisiko in Deutschland senken: Angewohnheit könnte 30.000 Diagnosen pro Jahr verhindern
Unser Lebensstil beeinflusst vieles. Auch das Risiko einer Krebserkrankung. Insbesondere ausreichend Bewegung spielt dabei eine wichtige Rolle.
München – Rund 1,6 Millionen Menschen leben hierzulande mit einer Krebserkrankung, die in den letzten fünf Jahren diagnostiziert wurde. Das geht aus einer Statistik des Zentrums für Krebsregisterdaten hervor (Stand 2022). Etliche Risikofaktoren sind vermeidbar – so beispielsweise das Rauchen. Die Folge ist ein vermindertes Krebsrisiko. Ein Schlüsselfaktor dafür ist die Bewegung.
Das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen lässt sich senken – Bewegung ist dabei ein Schlüsselfaktor
„Wir könnten durch die gezielte und regelmäßige körperliche Aktivität etwa sechs Prozent aller Krebsdiagnosen im Jahr vermeiden. Das sind bei einer halben Million Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland immerhin 30.000 Fälle“, ordnet Prof. Dr. Freerk Baumann im Gespräch mit IPPEN.MEDIA ein. Der Lebensstil sei entscheidend. „Man dachte früher ja noch, dass die genetische Disposition tatsächlich Hauptrisikofaktor ist für Krebs – ist es aber nicht. Insofern spielt Bewegung eine zentrale Rolle“, führt der Sportwissenschaftler und Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Onkologische Bewegungsmedizin an der Uniklinik Köln aus.
Weltkrebstag: Zahlen, Fakten, Daten
Der Weltkrebstag findet am 4. Februar 2025 zum 25. Mal statt. Laut der Deutschen Krebshilfe erkranken jährlich 500.000 Menschen neu an Krebs. Krebs ist in Deutschland die zweithäufigste Todesursache.
„Verschiedene Studien belegen, dass regelmäßige Bewegung das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen senkt“, sagt auch Dr. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, zu unserer Redaktion. Er nennt als Beispiel den Gebärmutterkrebs und erklärt die Hintergründe: „Ein erhöhter Östrogen- und Insulinspiegel sowie erhöhte Entzündungswerte können zur Entstehung dieser Krebsart beitragen. Durch körperliche Aktivität wird das Körperfett reduziert. Dies wirkt sich positiv auf den Östrogen- und Insulinspiegel aus und kann Entzündungswerte senken. Faktoren zur Krebsentstehung werden so minimiert. Eine gute Evidenz zur Risikoreduktion durch Bewegung gibt es auch bei Darm- und Brustkrebs.“

Weitere Daten könnten außerdem darauf hindeuten, dass körperliche Aktivität auch das Erkrankungsrisiko für weitere Krebsarten minimieren kann, so Dr. Bruns zur allgemeinen Studienlage. Diese Erkenntnisse müssten allerdings noch durch weitere Studien belegt werden. Er zählte auf:
- Nierenkrebs
- Leberkrebs
- Lungenkrebs
- Speiseröhrenkrebs
- Myelom
- Myeloische Leukämie
- Blasenkrebs
- Kopf-/Hals-Tumore
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Wieso beeinflusst Sport das Krebsrisiko?
Abschließend sei noch nicht geklärt, was Bewegung konkret im Körper auslöst, sodass das Risiko für eine Krebserkrankung sinkt, sagt Prof. Dr. Baumann im Gespräch. „Aber es gibt verschiedene Modelle, an denen man sehen kann: hier hat Bewegung einen entsprechend positiven Einfluss“, führt der Sportwissenschaftler aus. Eines dieser Modelle beschäftigt sich mit immunologischen Aspekten, „wo wir sehen können, wie Bewegung im Prinzip dazu führt, dass unser Immunsystem aktiver wird. Unsere natürlichen Killerzellen werden aggressiver und können dann schneller entartete Zellen, die wir jeden Tag produzieren, erkennen und diese dann auch zerstören“.

Ein weiteres Modell, das er nennt, behandle den Aspekt der Epigenetik, „wo wir bestimmte Genareal an- und wieder ausknipsen können, die direkt mit der Tumorentstehung zu tun haben“, so Prof. Dr. Baumann.
Solange es aber noch keine aussagekräftige Studie gibt – die in einer hohen Fallzahl eine Bewegungsintervention über einen längeren Zeitraum beobachtet und wir dabei auch Blutabnahmen machen, um genau festzustellen, wo die exakten Zusammenhänge sind – solange sind es noch Theorien.
So viel Sport ist notwendig, um das Krebsrisiko zu beeinflussen – Eine Garantie ist es aber trotzdem nicht
Bewegung sollte in einem solchen Umfang stattfinden, dass sie regelmäßig integriert wird – darunter sei aber „nicht ausschließlich der Sportkurs im Fitnessstudio zu verstehen“, sagt Dr. Bruns. „Auch Spazierengehen oder Treppensteigen tun ihr Übriges.“ Bereits bei einem Schrittpensum von rund 4500 bis 7000 zeige sich die Wirksamkeit, hier gebe es erste Anpassungen, fügt Prof. Dr. Baumann an.
Für regelmäßige Bewegung im Alltag sprechen die Experten folgende Empfehlungen aus:
- Unter Bezug auf die WHO-Empfehlungen: 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche – aufgeteilt auf mindestens zwei bis drei Tage.
- Unter Bezug auf das World Cancer Research Fund: „Exercise snacking“ – kleine Einheiten von drei bis vier Minuten pro Tag, die den Herzschlag erhöhen und wodurch man leicht außer Atem oder ins Schwitzen kommt.
- Eine Mischung aus Ausdauer und Kraft.
- Ein insgesamt bewegungsreicher Alltag.
Klar ist aber auch, wie Prof. Dr. Baumann betont: „Wir können das Risiko niemals auf null reduzieren. Es geht immer darum, das Risiko in einem gewissen begrenzten Maß zu minimieren.“ Zu einem gesunden Lebensstil gehöre ebenso eine adäquate Ernährung.