Merz muss handeln: Experten sehen deutsche Rente vor „dramatischer Herausforderung“
Das deutsche Rentensystem steht unter immensem Kostendruck. Forscher warnen nun in einem Gutachten vor „gravierenden Folgen“, wenn nicht bald umfassende Reformen beschlossen werden.
Dresden – In der neuen Merz-Regierung gibt es Streit darüber, wie das deutsche Rentensystem zukunftsfähig gemacht werden soll. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) forderte eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit, wurde aber von Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) scharf zurückgewiesen. Nun warnen Forscher, dass die Politik endlich wichtige Weichenstellungen vornehmen muss, um die Rente zu retten – sie sprechen von einer „dramatischen demografischen Herausforderung“.
Experten: „Eine umfassende Reform des deutschen Rentensystems ist unausweichlich“
„Eine umfassende Reform des deutschen Rentensystems ist unausweichlich. Bislang wurden die schweren Entscheidungen in die Zukunft verlagert, was jedoch die Problematik weiterhin verschärft“, hieß es in einem Papier der Gruppe um den Direktor des ifo Instituts in Dresden, Marcel Thum, und den Wirtschaftsweisen Martin Werding, das der Rheinischen Post am Freitag (1. August 2025) vorlag.

Konkret sprachen sich die Forscher in dem im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung erstellten Gutachten für die Abschaffung der Rente mit 63, die Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung, die Verstärkung des Nachhaltigkeitsfaktors und die inflationsorientierte Anpassung von Bestandsrenten aus.
Nur durch ein derartiges umfangreiches Paket ließen sich bis 2050 die Ausgaben der deutschen Rentenversicherung bei rund zehn Prozent des Sozialproduktes stabilisieren, schreiben die Forscher. Andernfalls könnten die Kosten für die gesetzliche Rentenversicherung auf mehr als elf Prozent ansteigen, warnten sie. Studienautor Thum sagte der Rheinischen Post: „Ohne Reformen droht der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung bis 2050 von 18,6 Prozent auf 22 Prozent zu steigen – mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und Unternehmen.“
Rettung des deutschen Rentensystems: Was plant die Merz-Regierung?
Ein tragfähiges Konzept in der Rentenpolitik zu finden, ist eines der wichtigsten politischen Projekte der schwarz-roten Koalition. Doch die Regierung geht dabei in eine ganz andere Richtung als von den Forschern gefordert: Im Koalitionsvertrag garantieren Union und SPD ein Rentenniveau von 48 Prozent, das Renteneintrittsalter bei 63 Jahren soll erhalten bleiben. Damit steigt aber der Kostendruck auf die Rentenversicherung, anstatt sie zu entlasten. Auch die geplante „Aktivrente“ wird den Druck im besten Fall nur etwas lindern können.
SPD-Chef Lars Klingbeil hatte zwar vor seiner Ernennung zum Finanzminister und Vizekanzler bereits eine „echte Reform“ des Rentensystems angeregt und dafür auch eine Erweiterung des Beitragszahler-Kreises ins Spiel gebracht. Aber konkrete Pläne gibt es noch nicht.
Diese sollen aber laut Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) bald kommen: Eine Kommission soll nun Vorschläge erarbeiten, wie eine „den Lebensstandard sichernde Rente über drei Säulen“ aussehen könne – also gesetzliche Rente, betriebliche und private Altersvorsorge. Auf die Frage, ob das Renteneintrittsalter erhöht werden solle, antwortete Bas dem ZDF-„Morgenmagazin“, sie sei „für alles offen“. Sie wolle aber auch, dass Abgeordnete, Selbstständige und Beamte irgendwann mal in das System einzahlten. (lma mit AFP/dpa)