Ausland - Taiwan: Investitionspläne von Chiphersteller schüren Sicherheitsbedenken in Taipeh
Sorgen in Taiwan: Anfang März kündigte die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), der größte Chiphersteller der Welt, den Bau neuer Fabriken im Wert von 100 Milliarden US-Dollar (92 Milliarden Euro) an. Diese werden allerdings nicht in Taiwan, sondern in den USA stehen. Seitdem wachsen in Taipeh die Bedenken, die Verlagerung der Produktion ins Ausland könnte dazu beitragen, die Position der selbstverwalteten Insel gegenüber China zu schwächen.
TSMC ist der bedeutendste Produzent hochmoderner Halbleiter. Diese kommen in zahlreichen Produkten, von Smartphones bis zu Kampfjets, zum Einsatz. Vor dem Hintergrund der Ankündigungen Chinas, Taiwan notfalls auch mit Gewalt wieder mit dem Festland zu vereinen, gilt die Anfälligkeit der globalen Halbleiterversorgung als entscheidender strategischer Faktor im globalen Machtkampf zwischen China und den USA.
Vor diesem Hintergrund haben sowohl Präsident Donald Trump als vor ihm auch der ehemalige Präsident Joe Biden dazu aufgerufen, die Produktion fortschrittlicher Chips in die USA zu verlagern.
Im Jahr 2020 hatte TSMC Milliardeninvestitionen in den Bau von Chip-Fertigungsstätten im US-Bundesstaat Arizona angekündigt. Nach Verzögerungen und weiteren Finanzspritzen nahm das erste Werk 2024 die Produktion auf. Ein zweites soll im Jahr 2028 in Betrieb gehen.
Einschließlich der jüngst bekannt gegebenen Summen belaufen sich die Gesamtinvestitionen von TSMC in den USA nun auf 165 Milliarden US-Dollar (knapp 152 Milliarden Euro).
In einer Pressekonferenz betonten der TSMC-Vorsitzende C.C. Wei und der taiwanesische Präsident Lai Ching-te, die erhöhte Investition gehe nicht auf den Druck von Trump zurück. "Wenn TSMC eine Produktionslinie außerhalb Taiwans baut, ist der Grund dafür eine entsprechende Kundennachfrage ", erklärte Wei. Die fortschrittlichste Technologie des Unternehmens bleibe weiterhin in Taiwan.
Der Grund für das Engagement sei vielmehr Trumps Programm "Vision und Unterstützung" aus dem Jahr 2020, so Wei in einer Pressemitteilung. Die Expansion sei "die größte ausländische Direktinvestition in der US-Geschichte", hieß es seitens des Unternehmens. Geplant seien drei neue Fertigungsanlagen, zwei Verpackungsanlagen sowie ein Forschungs- und Entwicklungszentrum.
Experten bezweifeln die Aussagen der TSMC-Unternehmensführung. "Womöglich hätte TSMC seine Investitionen ohne den Druck durch Trump nicht erhöht", sagt Antonia Hmaidi, Geopolitik- und Technologieanalystin am Mercator Institute for China Studies (MERICS), im DW-Interview.
Der Schritt von TSMC stelle zwar nicht unbedingt die wirtschaftlich vernünftigste Entscheidung dar, so Chiang Min-yen, Ökonom am Research Institute for Democracy, Society and Emerging Technology. Wohl aber sei er eine "notwendige Anpassung als Reaktion auf die globale Technologie-Geopolitik."
Vielen Taiwanern ist derzeit noch unklar, wie sich die Produktion von Chips in den USA bei dort höheren Kosten rentieren soll. Zwar preist die taiwanesische Regierung das jüngste Abkommen als "historischen Moment" für die bilateralen Beziehungen zu den USA. Doch ging sie weder auf Trumps Zolldrohungen noch auf die langfristige Sicherheit des "Silizium-Schutzschilds" ein.
Der Begriff bezieht sich auf Taiwans herausragende Rolle in der globalen Halbleiter-Lieferkette. Diese trägt aus der Sicht Taipehs dazu bei, eine mögliche Invasion Chinas abzuwehren. Taiwan dominiert die globale Halbleiterproduktion und produziert rund 60 Prozent der weltweiten Chips. TSMC trägt maßgeblich zur Aufrechterhaltung dieses technologischen Vorsprungs bei.
Als Trump das jüngste Abkommen mit der Bemerkung kommentierte, "die leistungsstärksten KI-Chips der Welt werden nun hier in Amerika hergestellt", schrillten in Taiwan die Alarmglocken.
"Letztlich soll dieser Schritt wohl sicherstellen, dass US-Unternehmen im Falle einer Blockade Taiwans über High-End-Chips verfügen", sagt Hmaidi von MERICS.
Trotz der Expansion ins Ausland werde die taiwanesische Halbleiterproduktion auf absehbare Zeit ihre dominante Stellung behaupten, so Chiang zur DW. "Auf Grundlage des aktuellen Bauprozesses in den USA kann man davon ausgehen, dass die Produktion von 2-Nanometer-Chips dank des technischen Fortschritts zwischen 2027 und 2028 beginnt. Taiwan verfügt über jahrzehntelange Erfahrung und hat sich technologisch kontinuierlich weiterentwickelt."
Zusätzlich zu den Werken in den USA investiert TSMC auch in Fabriken in Deutschland und Japan.
Vor der Investitionsankündigung von TSMC deutete Trump die Möglichkeit an, die Zölle auf in Taiwan hergestellte Chips auf bis zu 100 Prozent zu erhöhen. Dies würde Unternehmen dazu anregen, ihre Chip-Produktion in die USA zu verlagern, so Trump.
Denkbar sei allerdings, dass taiwanesische Halbleiterunternehmen ungeachtet der erweiterten Investitionen von TSMC mit neuen Zollrunden konfrontiert würden, sagen Analysten. Diese wird Trump voraussichtlich am 2. April ankündigen. Die direkten Auswirkungen auf TSMC dürften jedoch begrenzt sein.
"Die USA importieren nicht viele Chips direkt aus Taiwan. Sie beziehen hauptsächlich fertige Elektronikprodukte wie Autos und Unterhaltungselektronik", so Chiang.
Taiwan müsse sich für Trumps nächste Schritten wappnen und sich aktiv an Verhandlungen auf der Grundlage gegenseitiger Sicherheit und Interessen beteiligen, mahnt Chiang.
Sowohl Bidens CHIPS and Science Act wie auch Trumps derzeitige Politik zielten auf den Ausbau der US-amerikanischen Inlandsproduktion ab, so Chiang. Der Chips and Cience Akt sieht staatliche Subventionen für die Chipproduktion auf US-amerikanischem Boden vor.
"Taiwan sollte sich fragen, welche Lieferkettenstrategie seinen Interessen am besten dient", so Chiang.
Bisher hat sich Trump zur US-Sicherheitsunterstützung für Taiwan noch nicht geäußert. Er wiederholte lediglich, Taiwan solle den USA mehr für die Verteidigung gegen China zahlen.
Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.
Von Yuchen Li
Das Original zu diesem Beitrag "Taiwan: Investitionspläne von Chiphersteller schüren Sicherheitsbedenken in Taipeh" stammt von Deutsche Welle.