Ein Wirt will in seinem Restaurant nur eine Rechnung je Tisch ausstellen und erklärt seine Beweggründe. Doch darf er das? Eine Expertin klärt auf.
Esslingen – Der schwäbisch-italienische Kulturschock beim Bezahlen hat in Esslingen bei Stuttgart für Aufsehen gesorgt. Restaurantbetreiber Salvatore Marrazzo hat in seinem italienischen Lokal für die Gäste eine klare Regel aufgestellt: Ein Tisch, eine gemeinsame Rechnung. Das Aufteilen der Restaurant-Rechnung über mehr als 63.000 Euro wäre jüngst in einem Restaurant auf Mallorca zur Herausforderung geworden.
Wer dennoch getrennt zahlen möchte, muss dies derweil in dem Esslinger Restaurant bereits vor der Bestellung ankündigen. „Da ging es darum, ob der eine aus der Weinflasche 0,1 Liter gehabt hat oder nicht, und ob das dann der Kellner raussplitten kann“, erklärt Marrazzo der dpa den Auslöser seiner Regelung. So geschehen an einem Freitagabend mit vollem Haus. Durch die Sonderwünsche beim Bezahlen wurden gleich zwei Kellner an diesem Tisch aufgehalten. Und fehlten so anderswo.
Wirt pocht auf neue Restaurant-Regel: Nur eine Rechnung pro Tisch – Gäste sollen „alla Romana“ zahlen
Für Marrazzo Grund genug, Maßnahmen zu ergreifen. Er informiert seine Gäste über die Regelung durch Hinweise an der Eingangstür, in den Speisekarten und im Internet. Der Gastronom betont allerdings, dass es kein generelles Verbot des getrennten Zahlens gebe. Sondern lediglich eine Ankündigungspflicht, damit das Personal die Bestellungen entsprechend erfassen kann.
In südeuropäischen Ländern wie Italien, Spanien und Griechenland sei die gemeinsame Rechnung ohnehin Standard, sagt er. „In Italien ist meistens ‚alla Romana‘, so nennt man das“, erläutert der Gastronom die dortige Praxis, bei der die Gesamtrechnung in die Mitte gelegt und der Betrag geteilt wird. Derweil verabschiedete sich ein anderes Restaurant von einer gewohnter Praxis.
Wirt will nur eine Rechnung je Tisch ausstellen – Expertin erklärt, wie die Rechtslage ist
Verbraucherschützer stellen jedoch klar, dass ein pauschales Verbot des getrennten Zahlens rechtlich nicht haltbar wäre. „Rein rechtlich schließt jeder Gast seinen eigenen Vertrag mit dem Wirt ab und muss deshalb auch nur das bezahlen, was er oder sie bestellt“, erläutert Heike Silber von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Bei gemeinsam bestellten Getränken sei die Zuordnung allerdings schwieriger, fügt die Expertin hinzu: „Genau genommen müsste die Person das Getränk bezahlen, die oder der es bestellt hat.“ Die Verbraucherzentrale empfiehlt entsprechende Regeln wie in Esslingen auf freiwilliger Basis umzusetzen. Gäste sollten bereits bei der Bestellung klären, ob einzeln oder gemeinsam bezahlt wird, erläutert Silber: „Wenn feststeht, dass einzeln bezahlt wird, dann kann die Bedienung die Bestellungen zuordnen und es erleichtert die Abrechnung.“
Gäste und Branchenkollegen begrüßen neue Restaurant-Regel
Unter Marrazzos Gästen stößt die Regelung überwiegend auf Verständnis. „Ich mache es mit Freunden auch immer so“, sagte Besucher Manuel Veile der dpa. „Ob dann der eine zwei Euro mehr zahlt oder nicht, ist dann auch völlig egal.“ Auch Stammgast Sascha Hägele unterstützt das Vorgehen: „Ich habe selbst live miterlebt, wie das ist, wenn dann große Diskussionen am Tisch sind und der Kellner ewig dort steht.“ Die meisten Gäste kämen mit der Regelung gut zurecht, meint er: „Vor allem, weil er es ja nicht verbietet. Man muss es nur vorher ankündigen, dann ist es überhaupt kein Problem.“
Marrazzo erhält laut eigenen Angaben auch Zuspruch aus der Branche. „Meine Kollegen sagen alle: ‚Endlich sagt das jemand‘, denn sie haben das Thema natürlich auch täglich.“ Für ihn geht es letztlich um Effizienz und einen reibungslosen Ablauf im Restaurant. Unterdessen sorgte eine Extra-Gebühr in einem anderen Restaurant für wütende Proteste – einige hielten diese für „illegal“. (kh mit dpa)