Es geht ums Geld – und Deutschland ist ein Sonderfall: Groß-Umfrage gewährt Blick hinter das EU-Wahlergebnis

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Eine große Umfrage gibt Einblicke in die Motivation der EU-Wähler. Überraschend: Migration war nicht das Hauptthema. In Deutschland sieht das Bild anders aus.

Am Wahlergebnis des 9. Juni arbeitet sich die EU immer noch ab: Eine neue Kommission durch Parlament zu bringen ist keine leichte Aufgabe – wenn nach dem Erstarken der Rechtspopulisten das Wohlwollen vieler Lager für Mehrheiten nötig ist. Nicht zufällig hat Ursula von der Leyen mit Raffaele Fitto einen Parteifreund Giorgia Melonis zu einem ihrer Vize auserkoren. Und ebenso bezeichnend scheint, dass die Vorbehalte bei anderen potenziellen Partnern von der Leyens wie Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen in dieser Frage groß sind.

Insgesamt haben die Rechtsaußenparteien bei der Wahl am 9. Juni zugelegt. Die Frage nach dem „Warum“ ist nicht einfach zu beantworten. Einige Fingerzeige liefert nun aber eine großangelegte „Eurobarometer“-Umfrage. Mehr als 26.000 Menschen wurden in den EU-Staaten befragt, 1500 davon in Deutschland. Eine Erkenntnis der am Donnerstag (3. Oktober) vom EU-Parlament veröffentlichten Erhebung: Asyl und Migration war für die Wählerinnen und Wähler in den meisten EU-Ländern nicht das entscheidendste Thema – wohl aber in Deutschland.

„Migration und Asyl“ wichtigste Motivation bei der EU-Wahl – aber nur in Deutschland

42 Prozent aller Teilnehmenden sahen stattdessen „steigende Preise und Lebenshaltungskosten“ als wichtigsten Faktor, der sie zur Wahl motiviert hat. Auf Platz zwei folgte mit 41 Prozent „die wirtschaftliche Situation“.

Anders das Bild in Deutschland: Hier stand Migration ganz oben auf der Agenda der Wähler, 44 Prozent nannten sie als wichtigste Wahlmotivation. In keinem anderen Land war das der Fall. Recht weit oben landete das Thema aber auch in Irland, Zypern, den Niederlanden und Österreich. Auf Platz zwei lag in Deutschland „Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ – vielleicht ein Hinweis auf eine Polarisierung im Land.

EU schneidet in Umfrage gut ab – im Detail gibt es Unterschiede

Die Meinung der Bürgerinnen und Bürger über die EU ist indes vergleichsweise gut: In Deutschland wie im gesamten Staatenbund gaben 67 Prozent der Befragten an, es sei ihnen „wichtig“, dass ihr Land EU-Mitglied ist. Jeweils 72 Prozent glauben, dass die EU Einfluss auf ihr tägliches Leben hat. 65 Prozent insgesamt und 64 Prozent in Deutschland blicken „optimistisch“ auf die Zukunft der EU. Zudem denken 70 Prozent insgesamt und 69 Prozent der Befragten in Deutschland, dass ihr Land von der EU-Mitgliedschaft profitiert – in der Deutschland ist dieser Wert aber seit 2019 um vier Prozentpunkte gesunken.

Die Antworten auf die Frage, wo die konkreten Vorteile der EU-Mitgliedschaft liegen, deuten womöglich auf größere Unterschiede in den Lebenswelten in den Staaten hin. In Deutschland sahen 45 Prozent der Befragten bessere Zusammenarbeit mit den anderen Ländern als plausibelsten Vorteil, gefolgt von „Schutz von Frieden und Sicherheit“.

Eurobarometer zur EU-Wahl

Die Agentur Verian hat von 13. Juni bis 8. Juli in den 27 EU-Staaten insgesamt 26.349 Interviews durchgeführt. Die – etwas komplexe – Fragestellung zu den wichtigsten Vorteilen der EU lautete: „Welche der folgenden Gründe sind – ungeachtet dessen, ob Sie glauben, dass (UNSER LAND) durch die EU-Mitgliedschaft Vorteile hat oder nicht – die Hauptgründe dafür, weshalb Menschen glauben, dass (UNSER LAND) durch die Mitgliedschaft in der EU Vorteile hat?“

Das Gesamtranking quer über die EU-Länder lautete genauso – aber mit stark abweichenden Zahlen. „Nur“ 36 beziehungsweise 32 Prozent aller Teilnehmenden sahen diese beiden Punkte als mutmaßlich wichtigste Vorteile. EU-weit auf Platz vier fand sich mit 24 Prozent indes der Punkt „Die EU bringt neue Beschäftigungsmöglichkeiten“. In Deutschland nannten lediglich 14 Prozent der Befragten diesen Aspekt. Vier Prozent weniger als noch nach der Wahl 2019. (fn)

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