Lukratives Sterben - Russlands ärmste Regionen profitieren auf makabere Weise vom Ukraine-Krieg

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In strukturschwachen Regionen Russlands steigen die Bankeinlagen stark an. Eine Studie sieht einen Zusammenhang mit staatlichen Zahlungen für den Ukraine-Krieg.

Helsinki/Moskau - Moskau ist sehr sparsam, wenn es um die Zahl der im Ukraine-Krieg rekrutierten oder getöteten Soldaten geht. Eine Analyse des Forschungsinstituts der finnischen Zentralbank Bofit kann dennoch Aufschluss darüber geben. Die Ökonomin Laura Solanko hat darin die monatlich von der russischen Zentralbank veröffentlichten Berichte über die Höhe der Bankeinlagen herangezogen. Die Informationen deuten darauf hin, dass die Bewohner strukturschwacher Regionen Russlands bei den Rekrutierungen für die russische Armee überproportional vertreten sind.

Lukrative Kriegstote: Hinterbliebene erhalten fünf Millionen Rubel

Diese Einschätzung macht Solanko an der Entwicklung der Höhe der Bankeinlagen der Haushalte fest. Demnach sind diese seit Beginn der russischen Teilmobilisierung im Herbst 2022 in der Teilrepublik Tuwa um 53 Prozent gestiegen. In Tschetschenien erhöhten sich die Bankeinlagen um 30 Prozent, in Burjatien um 33 Prozent und in der Republik Altai um 36 Prozent.

Ausbildung russischer Soldaten
Russische Rekruten bei der Ausbildung in Luhansk. Die Region ist von Russland besetzt. (Archivfoto) © Alexey Maishev/imago

Der Spiegel spricht von einem makabren Vermögensboom. Denn der Anstieg könnte laut Solanko auf eine hohe Zahl von Rekrutierungen in diesen Regionen hindeuten. Neue Soldaten erhalten der Studie zufolge eine Sofortprämie von 700.000 Rubel (umgerechnet rund 7000 Euro), was einem durchschnittlichen russischen Jahresgehalt entspricht. Außerdem erhalten Soldaten, die verwundet werden, drei Millionen Rubel.

Kommt ein Soldat ums Leben, fließt eine beträchtliche Summe an die Familie. Laut der Analyse zahlt der Staat in diesem Fall fünf Millionen Rubel an die Hinterbliebenen. Solanko schreibt, selbst wenn die festgelegten Pauschalbeträge nicht in voller Höhe ausgezahlt würden, seien die ausgezahlten Summen beträchtlich.

Lukrative Kriegstote: Kriegsbedingte Zahlungen sind plausibler Grund für Wachstum der Bankeinlagen

Solanka schränkt allerdings ein, dass es keinen eindeutigen Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Wachstum der Bankeinlagen und staatlichen Zahlungen gebe. Allerdings seien kriegsbedingte Zahlungen ein plausibler Grund für den Anstieg. Dafür spricht auch, dass die Wachstumsraten in den betroffenen Regionen vor Beginn der Teilmobilisierung keine Auffälligkeiten aufwiesen, sondern im Landesdurchschnitt lagen.

Am Ende der Studie fasst Solanko noch einmal zusammen, dass der Anstieg der Bankeinlagen privater Haushalte in bestimmten Regionen nicht auf makroökonomische oder institutionelle Faktoren zurückzuführen zu sein scheint, sondern auf Zahlungen an mobilisierte und rekrutierte Soldaten. Die Bankeinlagen der Haushalte könnten ein zusätzlicher Hinweis darauf sein, aus welchen Regionen die in der Ukraine kämpfenden russischen Soldaten stammen und welche Regionen relativ gesehen die meisten Opfer zu beklagen haben.

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