Neues Militärzentrum in Erding
Die Bundeswehr baut die Forschung am Wiweb aus und bündelt die Kompetenzen.
Die Bundeswehr wird ein Innovationszentrum in Erding einrichten. „Hier sollen Forschung, Innovation und das Zusammenwirken mit den Streitkräften sowie zivilen Forschenden für die Bundeswehr koordiniert werden“, heißt es auf der Homepage des Bundesministeriums für Verteidigung. Boris Pistorius bestätigte dies auch in einem Interview in der BR-Sendung „quer“.
Am Vorabend der Münchener Sicherheitskonferenz hatte der Verteidigungsminister auf der MSC Innovation Night für eine mutigere Innovationskultur in der Rüstung, insbesondere vor dem Hintergrund der Bedrohung Europas durch Russland geworben: „Wir müssen sicherstellen, dass die neuesten Entwicklungen und Innovationen der Bundeswehr schnell zur Verfügung stehen“ – insbesondere in den vier Bereichen Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie, Drohnen und Cyber-Sicherheit.
Drohnen, Uniformen, Digitalisierung
Erding sei wegen seiner strategisch günstigen Lage als Standort für das neue Zentrum, das „Defense Lab“, gewählt worden. Einerseits sollen Flächen des ehemaligen Fliegerhorst-Geländes als Reallabor für Praxistests der Innovationen genutzt werden. Die Internet-Plattform Defense-Network schreibt dazu: „Der Standort ist klug gewählt. In Bayern gibt es neben der Bundeswehr Universität München auch viele innovative Start-Ups, die vom Austausch mit der Bundeswehr profitieren können.“
Das neue Zentrum soll die Zusammenarbeit von Universitäten, Start-Ups und der wehrtechnischen Industrie vereinfachen. Um Synergien optimal zu nutzen, sollen alle Akteure in Erding zusammengebracht werden. „Das ist ein integrativer Ansatz, es geht um kurze Wege in der Forschung“, erläuterte Dr. Jens Ortner, Leiter des Wehrwissenschaftlichen Instituts (Wiweb) in Erding. Laut Defense-Network wird für diesen Ansatz gerade eine Halle in der Nähe des Instituts umgebaut. Dieses wird für das neue Innovationszentrum eine wichtige Rolle spielen. Ortner berichtete, dass der Generalinspekteur der Bundeswehr begeistert davon gewesen sei, was er hier zu sehen bekam.
Seit zweieinhalb Jahren gibt es am Wiweb das Innovationslabor System Soldat, das sich unter anderem mit unbemannten Systemen sowie der Digitalisierung der Bekleidung und Smart Tedxtiles befasst. „Das ist aber nur ein Teilbereich der Forschung“, so Ortner. Sein Institut ist dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) unterstellt, das einen Aufbaustab von 20 Militärexperten nach Erding entsenden wird. „Da wird eine eigenständige Dienststelle unter dem Dach des BAAINBw eingerichtet.“
„Es geht um die koordinative Weiterentwicklung unserer Kompetenzen“, erklärte der Dienststellenleiter des Wiweb. Bedenken, dass diese Zentralisierung der militärischen Forschung Erding in Zukunft zu einem präferierten Ziel feindlicher Angriffe machen könnte, hat der Wiweb-Leiter nicht. Er sieht es eher umgekehrt und zitiert Pistorius, der sinngemäß gesagt habe: „Deutschland muss wieder kriegstüchtig werden, um abschreckend zu wirken und den Frieden zu wahren.“
OB Gotz drängt auf Entscheidungen
Laut Erdings OB Max Gotz ist die Stadt zwar verstärkt in die Überlegungen des Bundes eingebunden, aber es gebe noch nichts Konkretes. Weder zur Größe dieser neuen Zentrale noch zur benötigten Fläche. „Das ist ein Dilemma für uns, weil für uns zwei Dinge, Nordanbindung und Nordumfahrung, unabdingbar notwendig sind. Und das ist der schwierigere Punkt, das in allen Gesprächen zu unterstreichen.“ Gesetzt sei nur der Ringschluss, aber auch diese Fläche habe die Bundeswehr noch nicht an die BIMA übertragen.
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Gotz zeigt Verständnis, dass der Bund die Sicherheit des Landes neu bewerte. Er ärgert sich aber über das „Defizit an Entscheidungen. Wenn die Bundeswehr sagt, wir brauchen weite Teile wieder, weil wir dort Forschungsprojekte machen wollen, dann ist das auch in Ordnung. Aber dann wissen wir, woran wir sind“. Seit 14 Jahren werde die Stadt hingehalten. Heuer müsse eine Entscheidung fallen. Zumal die Nordumfahrung seit über zehn Jahre im Planfeststellungsverfahren sei, „und dort sind Bundeswehrflächen betroffen sind. Die muss man halt freigeben oder nicht“.
Was ist mit dem geplanten Ankerzentrum? Die Stadt sei stets gesprächsbereit gewesen, sagt Gotz. „Allerdings muss ich das Ganze jetzt schon auch ein Stück miteinander verknüpfen“, meint er im Hinblick auf Siedlungsangebot und Wohnraumentwicklung. „Wir würden uns dann schwertun, dass wir das leisten. Dann muss der Bund sich etwas anderes einfallen lassen.“ Ein weiterer Aspekt für den OB: „Es geht auch darum, den Forschungsstandort Bayern im Blick zu haben.“ Wenn sich das Wiweb hier engagiere, bedeute dies, „dass diese Drohnen- und Forschungsthematik hier und nicht irgendwo anders in Deutschland ist.“
Ob es sich in einer Stadt mit einer neuen Bundeswehreinrichtung gefährlicher lebt, will er nicht direkt beantworten. Auch wenn zu befürchten sei, „dass militärische Anlagen ein erhöhtes Reizpotenzial für Angriffe haben, steht mir da eine Aussage nicht zu“.