Überraschend: Jüngere profitieren vom Rentenpaket – doch es gibt einen Haken

Im Streit um die Rentenreform schalten sich erneut renommierte Ökonomen ein: Demnach erhöhe die Haltelinie von 48 Prozent die Rendite der gesetzlichen Rente – und zwar über alle Jahrgänge hinweg. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Analyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Laut der Studie sorgt das Rentenpaket 2025 dafür, dass alle Geburtsjahrgänge ab den 1940er Jahren bis 2010 höhere Rentenrenditen erhalten als ohne Reform. Die internen Renditen lägen – je nach Jahrgang – künftig zwischen 3,1 und 4,5 Prozent. Das seien im Durchschnitt 0,1 Prozentpunkte mehr als ohne stabilisierte Haltelinie. Besonders stark würden demnach die Jahrgänge ab etwa 2000 profitieren, so die Wissenschaftler. Konkret wären das 59 Euro mehr Rente im Jahr 2032 und 116 Euro mehr für eine heute 35-jährige Person im Jahr 2057.

Bereits vor wenigen Tagen hatte IMK-Direktor Sebastian Dullien gegenüber FOCUS online erklärt, es sei eine Fehlannahme der jungen Unionspolitiker, dass die längerfristige Stabilisierung des Rentenniveaus vor allem den Älteren zugutekommt. „Das stimmt nicht“, so der Ökonom. 

Die Studie widerspricht damit dem Argument, das Paket sei generationenungerecht. Gerade Jüngere bekämen am längsten höhere Rentenzahlungen, weil ihre Renten auf dem angehobenen Niveau weiter dynamisiert werden.

Ein zentraler Punkt: Die Stabilisierung wird nicht über höhere Beiträge, sondern über Steuermittel finanziert.

Das heißt:

  • Jüngere zahlen nicht mehr ein,
  • erhalten aber dauerhaft höhere Renten.

Dullien betont: Rentner selbst tragen über Mehrwert-, Energie- oder Tabaksteuern ebenfalls zum Steueraufkommen bei – eine reine „Umverteilung von Jung zu Alt“ liege deshalb nicht vor.

Sebastian Dullien
Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung IMK

Knackpunkt: Höhere Belastungen für den Staat 

Die höhere Rentenrendite fällt allerdings nicht vom Himmel: Der Bund muss dauerhaft mehr ausgeben.

Die Studie beziffert die Mehrbelastung so:

  • + 0,3 Prozentpunkte des BIP durch das Rentenpaket
  • langfristig (den demografischen Wandel einberechnet) + 0,7 Prozentpunkte des BIP bis 2070

Das sei zwar „relevant, aber im historischen Vergleich nicht dramatisch“, so die Autoren. Denn: Selbst mit den Zuschüssen erreichten die Ausgaben gemessen am BIP nicht den Höchststand von 2003 (3,5 % BIP).

Einordnung: Wo die Studie Lücken lässt

Kritisch ist allerdings: Der Bundeshaushalt ist seit Jahren angespannt. Zusätzliche Rentenausgaben engen den Spielraum an anderer Stelle ein, gerade wenn gleichzeitig Investitionen, Verteidigung und Sozialausgaben steigen.

1. Steuerfinanzierung klingt einfach, doch wer zahlt?

Das IMK betont, dass unklar ist, welche Generation letztlich durch höhere Steuern oder Kürzungen belastet würde. Genau das ist aber der Knackpunkt: Steuererhöhungen treffen in der Praxis meist Jüngere stärker, weil sie länger zahlen. Die Studie blendet diese Verteilungswirkung mit der Begründung aus, sie liege „außerhalb des Modells“. Das ist ökonomisch nachvollziehbar, politisch jedoch eine relevante Leerstelle. 

2. Höhere Renditen: Und wenn die Kaufkraft stagniert?

Die interne Rendite wirkt auf den ersten Blick hoch (drei bis 4,5 Prozent). Allerdings handelt es sich um nominale Werte. Bei dauerhaft erhöhter Inflation würde der reale Vorteil schrumpfen.

3. Was ist nach 2031?

Die Stabilisierung des Rentenniveaus gilt nur bis 2031. Danach könnte eine neue Regierung die Haltelinie auslaufen lassen. Die langfristigen Aussagen der Studie hängen also von politischen Annahmen ab.

Alternative Finanzierung: Höhere Beiträge statt Steuern

Die Forscher simulierten allerdings auch ein alternatives Szenario: Die Finanzierung über höhere Beiträge statt über Steuermittel. Dadurch würden im Ergebnis die Renditen ebenfalls steigen, aber weniger stark. Der Beitragssatz würde langfristig um 0,5 Prozentpunkte höher liegen.

Höhere Renditen, aber unklare Finanzierung

Die neue IMK-Studie entkräftet den Vorwurf, das Rentenpaket 2025 sei ein Generationenverbrechen, wie der Geschäftsführer der arbeitgeberfinanzierten Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Torsten Alsleben, kritisierte. 

Der Preis dafür sind dauerhaft höhere Staatsausgaben. Und wer diese am Ende bezahlt, ist politisch völlig offen. Bleiben Steuern stabil, ist das Paket generationengerecht. Werden sie erhöht, tragen die Jungen den Großteil der Last.

Mehr Rente für alle: Das muss erst einmal finanziert werden. Die Studie zeigt die Chancen, bildet aber nicht die politischen Risiken ab. Klar ist aber auch: Solche Berechnungen zeigen Szenarien, keine Garantien.