Bezahlkarte für Asylbewerber kommt: Funktionen und Einschränkungen im Überblick – Bayern geht Sonderweg
Mit einer Bezahlkarte für Asylbewerber soll illegale Migration unattraktiver werden. Fast alle Länder sind sich bei der Umsetzung einig. Bayern geht einen anderen Weg.
Berlin – Sie soll die möglichen Anreize für illegale Zuwanderung senken: Fast alle Bundesländer in Deutschland einigten sich auf ein gemeinsames Vergabeverfahren bei der Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber. Künftig sollen Asylbewerber einen Teil der staatlichen Leistungen als Guthaben erhalten. Während 14 von 16 ihr gemeinsames Verfahren bis zum Sommer abschließen wollen, gehen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern eigene Wege. Auch sie wollen eine Bezahlkarte einführen – aber deutlich schneller und teilweise mit verschärften Regeln. Ein Überblick, was bisher bekannt ist.
Was bedeutet Zahlkarte für Flüchtlinge: Das ist zur Bezahlkarte für Asylbewerber bekannt
Nach langen Beratungen haben sich Bund und Länder bereits im vergangenen November auf die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt. Statt Bargeld sollen die Migranten eine Karte mit einem Guthaben für Einkäufe erhalten. Mit der Bezahlkarte für Asylbewerber soll unter anderem verhindert werden, dass Geld an Familien oder Freunde ins Ausland überwiesen werden kann.

„Das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Schritt, um Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu senken“, bekräftigte Rhein. Der Co-Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) erklärte: „Die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bereitgestellten finanziellen Mittel sollen den Lebensunterhalt in Deutschland sichern, sie dienen – bei allem Verständnis – nicht der Finanzierung der Familien im Heimatland.“
Wie funktioniert die Bezahlkarte für Asylbewerber: Karte ohne Kontobindung
„Die Einführung der bundesweiten Bezahlkarte ist ein Meilenstein“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und erklärte, die Anreize für irreguläre Migration müssten deutlich gesenkt werden. Die Bezahlkarte für Asylbeweber soll keine Kontobindung haben und grundsätzlich in allen Branchen eingesetzt werden können. Zahlungen ins Ausland sind nicht möglich. „Die Nutzung kann aber von den einzelnen Ländern regional eingeschränkt, Branchen können ausgeschlossen werden“, erläuterte der hessische Ministerpräsident und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Boris Rhein (CDU). Als Beispiel nannte er die Glücksspielbranche.
Wie lange die Bezahlkarte für Asylbewerber schlussendlich gültig ist, hängt von der Gesetzeslage in Deutschland ab. Theoretisch ist es aufgrund des Asylbewerberleistungsgesetzs möglich, dass Geflüchtete bis zu 36 Monate Leistungen beziehen können. In der gesamten Zeit wären sie durch die Karte eingeschränkt – falls sie nicht vorher anerkannt werden oder Arbeit finden. Sollte das Gesetz verschärft werden, könnte eine Bezahlkarte für Asylbewerber für noch nicht anerkannte oder geduldete Asylbewerber für einen weitaus längeren Zeitraum Realität werden.
Bezahlkarte für Flüchtlinge kommt: Wie viel Bargeld Asylbewerber dennoch erhalten
Mit der Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber erhoffen sich die Länder bessere Kontrolle über den Zahlungsverkehr. Dennoch ist vorgesehen, dass Asylsuchende weiterhin einen Teil der Leistungen bar ausgezahlt wird. Das sieht die aktuelle Rechtssprechung vor. Laut Rhein ist bei diesem sogenannten Taschengeld ein Betrag von „100 bis 150 Euro“ vorgesehen. „An dem kommt man nicht vorbei, das muss bar verfügbar sein.“ Wie die Zeit berichtet, sollen die Bundesländer zudem in Eigenregie entscheiden, welche Branchen von der Bezahlkarte für Asylbewerber ausgenommen sind. „Es droht ein Flickenteppich“, gab Andrea Kothen von Pro Asyl gegenüber dem Medium zu Bedenken.
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Bezahlkarte für Asylbewerber: Was bringt die Bezahlkarte für Flüchtlinge
Bei der Bezahlkarte für Asylbewerber soll es sich um eine guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion handeln. Sie verfügt zudem nicht über eine Kontobindung. Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunktionen entscheidet jedes Bundesland selbst. Grundsätzlich soll die Karte bundesweit gelten, dennoch sollen regionale Einschränkungen, die auch bestimmte Branchen betreffen, möglich sein. Nicht möglich ist: ein Einsatz im Ausland, Überweisungen im In- und Ausland sowie Karte-zu-Karte-Überweisungen.
Vorteile von Bezahlkarte für Asylbewerber: Verwaltungsaufwand soll reduziert werden
Für Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, bringt die Bezahlkarte für Asylbewerber viele Vorteile. Da mit einer Einführung Bargeldauszahlungen an Asylbewerberinnen und -bewerber weitgehend entbehrlich würden, sinke der Verwaltungsaufwand in den Kommunen, so der SPD-Politiker. Dass dies der Realität entspricht, zeigt sich bereits bei Modellversuchen: Für mehrere Hunderte Geflüchtete in Thüringen ist eine Bezahlkarte bereits Alltag.
Die erste Resonanz ist aus Sicht der Verantwortlichen laut Deutscher Presse-Agentur positiv: Die Umstellung habe problemlos geklappt und werde weitgehend akzeptiert, hieß es. Dennoch: Erst mal wird die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber Geld kosten, zudem fallen laufende Kosten an. Laut Tagesspiegel könnten sich diese allein in Berlin auf zehn Millionen Euro pro Jahr belaufen. „Bei der flächendeckenden Umsetzung wird es von zentraler Bedeutung sein, dass die ausgegebenen Karten untereinander überall in Deutschland kompatibel sind“, sagte Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, André Berghegger, dem Handelsblatt.
Bezahlkarte in Bayern für Asylbewerber: Auch Mecklenburg-Vorpommern geht Sonderweg
Während 14 von 16 Bundesländern bei der Bezahlkarte für Asylbewerber gemeinsames Vergabeverfahren anstreben, gehen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern einen Sonderweg. Der Freistaat will im kommenden März sein eigenes Modell erstmals testen. „Während die gemeinsame Ausschreibung der anderen Bundesländer noch nicht einmal gestartet ist, sind wir bereits mitten im Vergabeverfahren“, sagte Sandro Kirchner (CSU), Staatssekretär im bayerischen Innenministerium.
Zudem sei „nicht gesichert, dass alle teilnehmenden Bundesländer dann auch in der Umsetzung die Bargeldauszahlung maximal begrenzen, so wie Bayern dies umsetzen will und wird“. Zuvor hatte der Radiosender Antenne Bayern berichtet. Die Bezahlkarte soll im Freistaat bis Sommer schon flächendeckend eingeführt werden. Dabei sollen Bargeldabhebungen auf das rechtlich gebotene Minimum beschränkt werden. Vier Modellkommunen – die Stadt Straubing sowie die Landkreise Günzburg, Fürstenfeldbruck und Traunstein – sollen schon ab März die geplante Bezahlkarte ausprobieren. Auch die Regierung in Schwerin hat sich für einen Sonderweg bei der Bezahlkarte für Asylbewerber entschieden, um die Karte noch schneller einführen zu können. Inhaltlich soll es aber keine Unterschiede geben.
Länder wollen Bezahlkarte für Flüchtlinge einführen: Kritik am Vorgehen wird laut
Viele Verantwortliche auf Landes- und Bundesebene sehen in der Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber zwar viele Vorteile, aber an den Regelungen üben bereits zahlreiche Interessensverbände scharfe Kritik. Der Flüchtlingsrat in Thüringen sagte, dass zwar in Supermärkten die Bezahlkarte für Asylbewerber akzeptiert wird. Beim Friseur, in kleineren Geschäften oder beim Erwerb eines Deutschlandtickets gebe es aber Probleme. Pro Asyl nannte die Karte ein „Diskriminierungsinstrument“. Es werde vor allem der Zweck verfolgt, den Menschen das Leben hier schwer zu machen und sie abzuschrecken.
Die Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler widersprach der Einschätzung, dass mit der Bezahlkarte die irreguläre Zuwanderung begrenzt werde. Untersuchungen zeigten, dass Sozialleistungen keine Pull-Effekte hätten. Das bestätigte auch Politikwissenschaftler Hans Vorländer gegenüber der Tagesschau. Und auch aus Berlin kommt Kritik an den Bezahlkarten für Asylbewerber. Der Berliner Senat begebe sich mit dem Vorhaben auf „äußerst dünnes Eis“, erklärte Diakonie-Vorständin Andrea U. Asch am Mittwoch für die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. „Erfahrungen mit Bezahlkarten zeigen: Eine eigenständige Lebensgestaltung für Asylbewerber wird dadurch erschwert.“ (fbu/mit Agenturen)