Unikat mit österreichischem Charme: Kult-Kellner nach 41 Jahren vor der Rente

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Vor 41 Jahren verabschiedete sich Daniel Holzinger aus seiner Heimat Österreich und ging nach Emstal. Dort erfreut er seither mit seinem besonderen Charme die Gäste. Jetzt steht die Rente an.

Bad Emstal – So ein „Schnapserl“ macht mitunter leichtsinnig. Daniel Holzinger weiß das nur zu gut. Schließlich hatte so ein hochprozentiger Obstler einen gehörigen Anteil daran, dass es ihn nach Nordhessen verschlagen hat, wo er seit 41 Jahren in der Gastronomie arbeitet. Von Anfang an im selben Betrieb: der Emstaler Höhe. Ende April geht der Mann mit dem besonderen österreichischen Charme, den vor allem die weiblichen Gäste so reizend finden, in Rente. Nun ja, nicht so ganz, aber dazu später.

Liz Taylor und Richard Burton bedient

Wie kommt jemand, der seinen Beruf in hochkarätigen Häusern jenseits der Alpen erlernte, der aus Wien angereiste Promis wie Liz Taylor und Richard Burton bediente, ins vergleichsweise rustikale Nordhessen? Da muss er etwas weiter ausholen, der immer Gutgelaunte. Und erzählt erst mal, wie ihn sein Vater, ein gelernter Hufschmied, eines Tages, als der Junior gerade fertig war mit der Schule, überraschte. Der Papa kam nach Hause, erinnert sich Holzinger, und sagte: „Sohnemann, ich hab eine Arbeit für dich.“ Knapp 15 war Daniel Holzinger damals.

Hier fühlt er sich wohl: Seit mehr als 40 Jahrzehnten ist der aus Österreich stammende Daniel Holzinger im Service der Emstaler Höhe. Anfang Mai erreicht er das Alter für den Wechsel in den Ruhestand.
Hier fühlt er sich wohl: Seit mehr als 40 Jahrzehnten ist der aus Österreich stammende Daniel Holzinger im Service der Emstaler Höhe. Anfang Mai erreicht er das Alter für den Wechsel in den Ruhestand. © Norbert Müller

„Bis dahin wusste ich nicht, dass ich Koch oder Kellner werden wollte“, sagt er amüsiert. Schon ging es zum Vorstellungsgespräch in den Marchfelderhof, einem renommierten Haus vor den Toren Wiens und gut 70 Kilometer entfernt vom Heimatort im Burgenland. „Das Gespräch ist gut gelaufen. Ich habe dort angefangen und es nie bereut.“ Dort hat er grundlegende Dinge der Gastronomie mitbekommen, schließlich lerne man während der Ausbildung in Österreich sowohl Koch als auch Servicekraft. Und er bekam den ersten Schliff: „Ich habe da die ganze Prominenz aus Wien bedient. Die haben abends alle bei uns gegessen.“

Die Wende in Bruck

Die nächsten Stationen waren Betriebe im Zillertal, in Hintertux und schließlich in Bruck am Großglockner. Bruck war seinerzeit die Partnergemeinde eines aufstrebenden Badeortes in Hessen: Emstal. 1983 begegnete er in Bruck der Oma von Lukas Frankfurth, dem heutigen Chef der Emstaler Höhe. Vier Jahre zuvor hatten die Frankfurths in Emstal ihr Hotel eröffnet. Und für den Betrieb zu Hause, befand Irmgard Frankfurth bei ihrem Besuch in Bruck, wäre so ein charmanter österreichischer Kellner genau das Richtige.

Sie machte sich also daran, die Fachkraft für einen Wechsel nach Nordhessen zu begeistern. Wie es ihr gelang, weiß Daniel Holzinger noch genau. „Bei uns gab es abends immer Musik, und da musste ich als Kellner die einsamen Damen aufs Parkett führen.“ Zwischendurch gab es Schnapserl zum Auflockern. Er tanzte auch mit dem Gast aus Emstal. „Irgendwann hatte ich ein Schnapserl zu viel, und Deutschland hatte gewonnen.“

Schock in Nordhessen

Anfang April 1983, zu Ostern, „bin ich direkt nach Bad Emstal. Und habe erst mal einen Schock gekriegt. Es war ja hier nur das Hotel und rundherum Wildnis“. Da war er aus der Heimat anderes gewohnt: „In Hintertux bin ich nachmittags nach der Schicht zwei Stunden auf dem Gletscher Ski gelaufen, und abends ging es im Betrieb weiter.“

Dass er in Bad Emstal blieb, hatte vor allem auch mit einer Kollegin zu tun, die wie er im Service arbeitete. Die beiden kamen sich schnell näher, 1986 hat er seine Sibylle geheiratet, die auch heute noch gemeinsam mit ihm in der Emstaler Höhe arbeitet. 1987 wurde Holzinger Junior geboren, im selben Jahr zog die Familie nach Naumburg. Mit dem Gewerbe der Eltern hat der Sohn, ein promovierter Physiker, nur als Gast zu tun. „Er hat die Gastronomie gehasst“, sagt Vater Daniel Holzinger. „Wir haben immer gearbeitet. Abends und an Feiertagen, Weihnachten und Silvester.“

„Herr und Frau Sonnenschein“

Aber das ist die Welt, in der sich Daniel Holzinger wohlfühlt. Längst gehöre er im Restaurant zum Inventar, lacht der 65-Jährige. Und wenn die Gäste die Holzingers mit „Herr und Frau Sonnenschein“ ansprechen, dann geht ihm das Herz auf.

Sein Chef sagt von ihm: „Er hat das Gastgeber-Gen.“ Und dass er zu den Leuten gehöre, die „von Natur aus gut gelaunt“ sind. Dazu verfüge er über eine „super Menschenkenntnis“.

„Er macht die Gäste glücklich“

Holzinger selbst hat ein einfaches Rezept, wie er bei den Gästen punktet: „Du hast gewonnen, wenn du strahlend kommst.“ Das kombiniert er mit dem ihm eigenen Wiener Schmäh, den er ganz selbstverständlich einfließen lässt. Eine Mischung, die ankommt. Lukas Frankfurth nennt ihn einen „Glücksbringer, er macht die Gäste glücklich“.

Nach 41 Jahren „im sturen Nordhessen“, wie Holzinger breit grinsend sagt, sei er aber auch nicht mehr der „Ur-Ösi“ von damals. „Es ist auch viel Nordhessen in mir drin.“ Wenn er in die alte Heimat komme, „dann sagen meine Geschwister aus Jux immer: Na du Piefke“. Das nimmt er locker und bestätigt: „Ich bin ein Numburger.“ In der Stadt an der kleinen Elbe, versichert er, „werden wir bleiben, auch wenn meine Frau mal in Rente ist. Da haben wir ja unsere Freunde“.

Pro Schicht bis zu 25.000 Schritte

Nach der Schicht, in der man leicht auf bis zu 25 000 Schritte komme, legen die Holzingers nicht unbedingt die Beine hoch. „Ich fahre mit meiner Frau gerne Rad. Und wir walken, um den Kopf frei zu kriegen.“ Ab Mai hat er ja dann wohl dazu jede Menge Zeit. Ja, mit Einschränkung, sagt Daniel Holzinger, denn auch nach insgesamt 51 Jahren in der Gastronomie wolle er sich noch nicht ganz aufs Altenteil zurückziehen. Zwei Tage pro Woche werde er in der Emstaler Höhe „weiterschnuppern, damit ich die Gäste noch ein bisserl verwöhnen kann“. (Norbert Müller)

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