Stellenabbau und weitere dramatische Maßnahmen bei Tesla: Der Anfang einer Branchenkrise?

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Tesla greift zu drastischen Maßnahmen, um der E-Auto-Flaute zu entgehen. Aber sie stehen nicht alleine da. Andere Autohersteller werden wahrscheinlich folgen.

Frankfurt – Große Pläne hatte Elon Musk für den einzigen europäischen Standort seiner Elektroautofirma Tesla. Das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin öffnete seine Pforten im März 2022 und beschäftigt heute mehr als 12.000 Menschen, darunter 1.500 Leiharbeiter. Nun brechen schwierige Zeiten an: Ein drohender Stellenabbau verunsichert die Mitarbeiter.

Nach der Ankündigung eines Stellenabbaus bei Tesla erwartet der Autoexperte Frank Schwope Personal-Einschnitte auch bei anderen Autobauern. „Stellenstreichungen, die Automobilzulieferer schon vor Monaten beschlossen haben, nimmt jetzt auch Tesla vor. Weitere Autohersteller dürften folgen“, berichtete Schwope. 2024 sieht er zudem als „Durchhänger“-Jahr für die Elektromobilität. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sagte: „Tesla sitzt auf Fabriken, die nicht flexibel und zu groß sind. Das Wachstumsmodell bricht jetzt ab, dadurch, dass der Markt in die Knie geht.“ 

Erste Kündigungen in Grünheide: Tesla soll zunächst 300 Mitarbeiter entlassen

Der US-Hersteller Tesla will angesichts der Flaute beim Elektroauto-Absatz mehr als zehn Prozent seiner Stellen weltweit abbauen. In welchem Ausmaß die Ankündigung von Firmenchef Elon Musk die einzige europäische Fabrik in Grünheide bei Berlin trifft, ist bisher noch unklar. Berichten von Business Insider zufolge will sich Tesla von 300 Mitarbeitern an seinem deutschen Standort Grünheide trennen. Demnach seien von dem Jobabbau ab kommenden Montag zunächst Leiharbeiter betroffen.

Die Elektroautofirma bekommt unter anderem den harten Preiskampf auf dem größten Automarkt China zu spüren und hat im ersten Quartal weltweit mit fast 387 000 Autos überraschend weniger Fahrzeuge ausgeliefert als ein Jahr zuvor. In Deutschland macht sich die weggefallene Kaufprämie für Elektroautos beim Absatz von Batterie-Pkw bemerkbar. 

Stellenabbau bei VW: Ein neuer Normalzustand in der Automobilbranche?

Auch VW bleibt nicht verschont. Aufgrund der schwachen Nachfrage nach Elektroautos und der aktuellen Marktsituation wurden bei Volkswagen Ende letzten Jahres befristete Verträge im Elektroautowerk Zwickau nicht verlängert.

Ein Sprecher gab bekannt, dass das Unternehmen 540 Mitarbeitern mit befristeten Verträgen eine Festanstellung zugesichert hatte. „Angesichts der aktuellen Marktsituation können wir jedoch 269 befristete Verträge, die nach zwölfmonatiger Laufzeit in Kürze auslaufen, nicht verlängern“, führte er weiter aus.

Der schnelle Aufstieg und schnelle Fall der Elektroautobauer?

Die Elektroautoindustrie sieht sich nicht nur mit vermehrtem Personalabbau konfrontiert, sondern auch mit einer Welle von Insolvenzen. Deuten die Maßnahmen zum Stellenabbau auf eine mögliche Krise hin?

Das deutsche E-Auto-Start-up, Electric Brands, kündigte Anfang des Jahrs noch an, in finanziellen Schwierigkeiten zu stecken. Das Schutzschirmverfahren, eine besondere Verfahrensart des deutschen Insolvenzrechts, wurde beim Amtsgericht Darmstadt beantragt und auch genehmigt, berichtete das Branchenportal Automobilwoche.

Laut Berichten der WirtschaftsWoche hat der deutsche Hersteller von Elektrofahrzeugen, Next.e.Go Mobile SE, ebenfalls einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Das folgte nur wenige Monate, nachdem das Unternehmen seinen Börsengang vollzogen hatte. Auch Fisker, ein US-amerikanischer Elektroautobauer, steckt in einer finanziellen Notlage. Das Unternehmen musste die Produktion einstellen und kämpft mit hohen Schulden. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit könnte folgen.

Ein Tesla-PKW steht am frühen Morgen vor der Tesla-Autofabrik auf einem Transporter.
Beim E-Autobauer Tesla stehen wohl viele Jobs auf der Kippe. © picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Zuliefererprobleme: Expertenwarnungen bleiben unbeachtet

Der Bau von Elektroautos ist weniger komplex, als der des Verbrenners. Weltweit gestaltet sich der Übergang zum Zeitalter des Elektroantriebs als herausfordernd. Besonders die deutsche Autoindustrie hat damit zu kämpfen. Berichten von Capital zufolge warnen Experten seit vielen Jahren davor, dass die Elektrifizierung - insbesondere bei deutschen Zulieferern und Maschinenbauunternehmen - viele Arbeitsplätze gefährdet.

Und genau das passiert jetzt: Die großen Autozulieferer haben angekündigt, jeweils Tausende Jobs einsparen zu wollen. Continental kündigte Mitte Februar an, weltweit 7.150 Stellen im Bereich des Autozuliefergeschäfts zu streichen. Der Betriebsrat von ZF Friedrichshafen befürchtet einen erheblichen Stellenabbau, bei dem bis zu 12.000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren könnten. Bei Bosch sollen weltweit 1.200 Stellen gestrichen werden, davon bis zu 950 in Deutschland.

Autoexperte prognostiziert „Durchhänger-Jahr“ für die Elektromobilität

„Für einen amerikanischen Konzern ist ein Stellenabbau von 10 Prozent in Krisenzeiten nichts Überraschendes, Hire-and-Fire passiert dort wesentlich schneller“, sagte Schwope mit Blick auf Tesla. Der Autoexperte ist Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands Hannover. 

Mit einer lang anhaltenden Krise für Tesla in Europa rechnet Schwope nicht. „2024 dürfte allerdings ein Durchhänger-Jahr für die Elektromobilität werden.“ Das Jahr 2025 sollte angesichts dann geltender verschärfter Abgasvorschriften wieder Wachstum für die Elektromobilität bringen, schätzte der Experte. 

Elektroautohersteller fordern Planungssicherheit von Politik

Die Elektroautohersteller brauchen aus seiner Sicht Planungssicherheit und kein „Hü und Hott“ in der Politik. „Abrupte Änderungen von Förderbedingungen sind in der Hinsicht eine Katastrophe.“ Dadurch würden Kunden verunsichert. Notwendig seien Prämien für Elektroautos für die Hersteller allerdings überhaupt nicht, betonte Schwope. Denn die Autobauer hätten in den vergangenen Jahren sehr gut verdient. 

Einer Analyse zufolge haben die größten Autokonzerne im vergangenen Jahr bei Umsatz und Gewinn Rekorde aufgestellt. Den stärksten Rückgang 2023 verzeichnete bei der durchschnittlichen Ebit-Marge, die den operativen Gewinn ins Verhältnis zum Umsatz setzt, Tesla. 

Dudenhöffer sieht Verantwortung für Flaute auch beim Bund

Autoexperte Dudenhöffer sieht den Grund für die Absatzflaute von E-Autos in der Politik in Berlin und Brüssel. „Die Politik hat die Auslastung kaputt gemacht, indem sie die Elektromobilität infrage stellt.“ Dudenhöffer verwies auch auf das abrupte Ende der Förderung durch die Umweltprämie für Privatleute. 

Tesla müsse nun schauen, wie es angesichts großer Überkapazitäten Anpassungen vornehmen könne. „Personalkosten sind eher das kleinere Übel“, meinte Dudenhöffer. Tesla brauche viel Geld für die Maschinen in seinen hoch automatisierten Fabriken. Dabei könne der E-Autobauer eben nicht wie andere deutsche Hersteller zwischen Verbrennerauto und E-Fahrzeug „switchen“. Dudenhöffer rechnet damit, dass Tesla in Grünheide nicht an seinen Ausbauplänen festhält. „In den nächsten 5 Jahren passiert da nichts.“

Mit Material von dpa.

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