Kaum jemand steigt auf E-Mobilität um: Woran liegt`s?

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Zu wenige Elektrosäulen: Die Lade-Infrastruktur ist ein Problem. © Fleig/Imago

Alle reden von der E-Mobilität. Aber nur wenige steigen auf ein Elektro-Auto um. Warum ist das so? Was schreckt die Leute ab? Ein Interview.

Tobias Lexhaller hat sich des Themas angenommen – unter anderem mit dem Projekt „Fossilfreier Landkreis“, das unter dem Dach der Bürgerstiftung für den Landkreis ins Leben gerufen wurde. Dass nur wenige E-Autos unterwegs sind, lässt sich an den Zahlen ablesen, die Lexhaller in der Zulassungsstelle (Stand Ende 2023) recherchiert hat. Demnach sind 157 287 Fahrzeuge unterwegs, davon fahren voll㈠elektrisch 4106. Das sind 2,6 Prozent. 7137 Fahrzeuge wurden im Jahr 2023 neu zugelassen. Davon sind 1347 (19 Prozent) vollelektrisch, 1396 hybrid (20 Prozent) und 4394 (61 Prozent) Verbrenner.

Liegt es an der Lade-Infrastruktur?

Sicher ein Thema, vor allem für viele, die zu Hause nicht laden können. Es gibt Laternenparker, verdichtete Wohnbereiche, Tiefgaragen, wo das Laden schwierig ist. Deshalb wären Lademöglichkeiten an öffentlichen Parkplätzen, beim Sport, beim Einkaufen oder am Arbeitsplatz wichtig. Für verdichtete Wohnbereiche muss sicher zum Teil das Netz ausgebaut werden.

Liegt es am Preis der
Autos?

Ja, die Kaufpreise von Neufahrzeugen sind hoch und die Angebotspalette vor allem im Kleinwagensegment ist sehr klein. Gebrauchte sind recht günstig im Verhältnis zum Neuwagen, die meisten liegen jedoch im mittleren und gehobenen Preissegment. Die Betriebskosten sind allerdings geringer (über 1100 Euro pro Jahr bei 12 500 Kilometer), so dass sich höhere Kaufpreise verglichen mit dem Verbrenner oft schon nach wenigen Jahren amortisieren. Durch die steigenden CO2 Preise werden sich Benzin und Diesel in den kommenden Jahren deutlich verteuern.

Ist es zu schwierig, Ladesäulen in Wohneigentümergemeinschaften zu errichten?

In kleinen WEGs ist es eigentlich kein Problem. Habe ich selbst schon realisiert. Bei größeren Anlagen wird es schwieriger, von der Stromversorgung (Netz) bis zum Energiemanagement. Oft können sich WEGs nicht entscheiden, die Investitionen zu tätigen, weil keine Mehrheiten zustande kommen.

Braucht man eigentlich unbedingt eine Wallbox oder reicht eine Steckdose?

Kleine Autos können über die normale Steckdose geladen werden. Sinnvoller und sicherer sind Wallboxen oder wenigstens eine Starkstromsteckdose und ein entsprechender Wandler (vom Fahrzeughersteller). Interessant wird es, wenn ich eine PV-Anlage habe und mit einer einigermaßen intelligenten Wallbox je nach Bedarf den selbst produzierten sehr günstigen PV-Strom zum Laden nutzen kann. Dann erreiche ich Kosten von um die 1,40 Euro pro 100 Kilometer. Ähnliche Effekte können über Mieterstrommodelle auch in Mehrfamilienhäusern erreicht werden (circa vier Euro pro 100 Kilometer).

Geht’s auch ohne
Solaranlagen?

Ja, natürlich. Auch in diesem Fall kann ich günstig laden, wenn ich einigermaßen flexibel bin und einen dynamischen Stromtarif abgeschlossen habe. Wir haben sehr günstige Strompreise am Wochenende, nachts und mittags. Die teuersten Preise sehen wir an Werktagen zwischen 6 und 10 Uhr und zwischen 16 und 20 Uhr. Wer es vermeidet, in diesen Zeiten zu laden, kann von einem dynamischen Stromtarif profitieren und seine Betriebskosten für das Elektro-Auto deutlich senken (etwa vier Euro pro 100 Kilometer sind denkbar).

Wäre eine Abwrackprämie sinnvoll?

Tobias Lexhaller
Tobias Lexhaller setzt sich für E-Mobilität ein. © Privat

Da bin ich kein Experte und persönlich bin ich kein Freund davon, Dinge wegzuwerfen, die noch funktionieren. Aus meiner Sicht müssen wir bei den Neufahrzeugen ansetzen und weitere Benefits für E-Fahrzeuge schaffen, zum Beispiel bei Parkplätzen, Parkgebühren, Zulassungsgebühren, Tempolimits oder Zufahrtsbeschränkungen.

Werden psychologische Hürden durch Kampagnen geschaffen?

Aus meiner Sicht einer der wichtigsten Punkte. Nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern insbesondere durch unsere Politiker. Wir sehen auf kommunaler Ebene kaum Bekenntnisse zum E-Auto. Wie viele Busse fahren schon elektrisch? Ein Ex-Landtagsabgeordneter ist öffentlichkeitswirksam monatelang mit einem Wasserstoffauto gefahren, genauso wie unser Wirtschaftsminister. Die CSU kämpft gegen das „Verbrennerverbot“. In China ist die Botschaft der Politik völlig unmissverständlich: Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch. Dort ist es schick, ein E-Auto zu fahren. Unsere Landespolitik verunsichert nicht nur die potenziellen Autokäufer, sondern auch die kommunalen Entscheidungsgremien.

Als großes Problem wird oft die mangelnde Reichweite genannt.

Für alle E-Autofahrer, mit denen ich spreche, ist die Reichweite kein Problem. Das Ladenetz ist sehr gut ausgebaut. Alle drei bis vier Stunden auf den wenigen Langstrecken, die wir fahren, eine kurze Pause einlegen wird nicht als problematisch bewertet. Anders bei den Nicht-E-Autofahrern. Hier drängt sich manchmal der Eindruck auf, ein Auto wird vor allem für die pausenfreie Fahrt in den Urlaub angeschafft. Ich hoffe, dass wir hier mit Erfahrungsberichten Ängste abbauen können. Wichtig ist mir immer, die Argumente in die Relation zu setzen. Der durchschnittliche Verbrennerfahrer (12 500 Kilometer pro Jahr) verbringt rund drei Stunden pro Jahr beim Tanken.

Die Initiative Fossilfreier Landkreis der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck lädt zu der Veranstaltung „E-Mobilität: Mythen, Fakten, Beispiele“ ein. Sie findet statt am 20. November um 19.30 Uhr im Puchheimer Puc.
Um Anmeldung wird gebeten unter: alx@buergerstiftung-lkr-ffb.de

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