„Selenskyj hatte eine wirklich miserable Woche“: Analyse zeichnet düsteres Bild für die Ukraine
Hohe Verluste und das drohende Ende der US-Militärhilfe: Die Situation ist für die Ukraine im Kampf gegen den Russland derzeit schlecht. Wolodymyr Selenskyj hadert.
Kiew - Der 42-jährige Ruslan soll ein weiteres Opfer des Ukraine-Kriegs sein. Vassili Golod, Studioleiter der ARD in Kiew, teilte bei X (vormals Twitter) ein Video von einem früheren Interview mit dem Soldaten, der demnach bei der Verteidigung seiner Heimat gegen die russischen Invasionstruppen bei Awdijiwka im Donbass gefallen ist.
Ukraine-Krieg: Schwierige Lage für die Streitkräfte Kiews - US-Hilfe wankt
Ruslan hinterlässt demnach zwei Kinder und eine Ehefrau, während auch die Verluste in der russischen Armee verheerend sind. Und zwar seit Kreml-Autokrat Wladimir Putin am 24. Februar 2022 den Befehl für den völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine gegeben hatte.
Dennoch ist die Situation im Ukraine-Krieg aktuell schwierig bis schlecht. Darauf deuten immer mehr Berichte hin - etwa eine Analyse der Nachrichten-Website des Senders CNN. Neben ebenfalls empfindlichen Verlusten für die ukrainischen Streitkräfte wird in diesem Fall vor allem das drohende Ende der US-Militärhilfen als Grund für die skeptische Prognose aufgeführt.

„Selenskyj hatte eine wirklich miserable Woche“, schreibt der Korrespondent für Sicherheitspolitik, Nick Paton Walsh, in seiner Analyse zur aktuellen Situation im Ukraine-Krieg. Kiew sei im Winter fast nächtlich mit Marschflugkörper-Angriffen konfrontiert, heißt es in dem Bericht. Stoppen die USA ihre Militärhilfen (vorerst), könnte ausgerechnet die Luftverteidigung mit als Erstes davon in Mitleidenschaft gezogen werden, analysiert der Journalist. Damit nicht genug.
Ukraine-Krieg: „Tollkühner Vorstoß über den Dnipro“ unter „immensen Verlusten“
Die Gegenoffensive im Ukraine-Krieg sei in der Region Saporischschja letztlich erfolglos gewesen, in Awdijiwka seien russische Einheiten in Stadtteile vorgerückt, und der „tollkühne Vorstoß über den Fluss Dnipro“ habe die Ukrainer „immense Verluste“ gekostet, schreibt Paton Walsh weiter.
Ukraine | |
Staatsoberhaupt: | Präsident Wolodymyr Selenskyj |
Einwohner aktuell: | 36,7 Millionen |
Geflüchtete wegen des Krieges: | 7,9 Millionen |
Hauptstadt: | Kiew (rund 2,8 Millionen Einwohner) |
Fläche: | 603.700 km² |
Grenzen mit: | Polen, Belarus, Russland, Rumänien, Moldawien, Ungarn, Slowakei |
Und dort, in der südlichen Oblast Cherson, gebe es Versorgungsprobleme für jene Truppen, die ihre Stellungen am östlichen Dnipro-Ufer unter „düsteren Aussichten“ halten müssten. Bezeichnend: Ein ukrainischer Soldat von diesem Frontabschnitt hatte im Interview mit der BBC jüngst die Regierung und den Generalstab scharf kritisiert.
Kiews Armee hat am Dnipro Ukraine-Krieg erhebliche Probleme
„Hier sollten mehrere Brigaden stationiert werden, nicht einzelne Kompanien – wir haben einfach nicht genug Männer“, erklärte er laut der Nachrichten-Website des britischen Senders zur militärischen Lage im südlichen Delta des riesigen Flusses. „Wir haben einen Großteil unserer Ausrüstung selbst bezahlt – Generatoren, Powerbanks und warme Kleidung gekauft. Jetzt, wo der Frost kommt, wird es nur noch schlimmer – die wahre Situation wird vertuscht, also wird niemand etwas ändern“, erzählte er.
„Die gesamte Flussüberquerung steht unter ständigem Beschuss. Ich habe gesehen, wie Boote mit meinen Kameraden an Bord nach einem Treffer einfach im Wasser verschwanden.“
Hohe Verluste im Ukraine-Krieg: Russlands Druck auf Awdijiwka wächst
Auch bei Awdijiwka ist der Druck auf die ukrainischen Streitkräfte heftig. „Sie greifen die ganze Zeit an. Wir verlieren sehr viele Soldaten. Man hat keine Kraft mehr, gegen sie zu kämpfen. Sie beschießen uns mit Artillerie und mit Drohnen“, schilderte ein verwundeter Soldat dem ZDF während seiner Behandlung hinter den Frontlinien im östlichen Donbass.
Viele Soldaten sollen derart erschöpft sein, dass ihre Ehefrauen zuletzt wiederholt in Kiew für ihre Demobilisierung im Ukraine-Krieg demonstrierten.
Ukraine-Krieg: Viele ukrainische Soldaten sind erschöpft vom Kampf gegen Russlands Armee
Es sei ein Punkt erreicht, „in dem große Teile der ukrainischen Truppen durchaus erschöpft sind. Die Möglichkeit der Rotation ist kaum gegeben, tageweise sind Truppenteile nur bis zu 60 Prozent befüllt. Das ist eine irrsinnig große Belastung“, erklärte der Militärexperte Prof. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München dem „heute journal“ des ZDF.

Genau in dieser Gemengelage geht es um 81 Milliarden Dollar Militärhilfen aus den Vereinigten Staaten. Die Republikaner blockieren diese in Washington im Kongress seit Wochen. Die Ukrainer würden deshalb auch den Amerikanern und der Europäischen Union (EU) die Schuld für ihre aktuellen Probleme geben, schreibt Paton Walsh für CNN. Passend dazu: Demselben amerikanischen Sender erklärte ein namentlich nicht genannter US-Sicherheitsbeamter: „Ohne uns wird die Ukraine sicherlich scheitern.“ Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab.
Ukraine-Krieg: Wankt auch die Militärhilfe aus Großbritannien?
Wie der britische Telegraph berichtet, könnte unter Premierminister Rishi Sunak auch die Unterstützung Großbritanniens für die Ukraine im kommenden Jahr nachlassen. Zumindest Deutschland hatte den Ukrainern zuletzt ein (weiteres) 1,3 Milliarden Euro schweres Militärpaket zugesagt - enthalten sind unter anderem vier weitere Luftabwehrsysteme vom Typ Iris T-SLM sowie 160.000 Artilleriegranaten des Nato-Kalibers 155 Millimeter bis Ende 2024. Und dennoch werden die Sorgen der Ukrainer nach verlustreichen Monaten immer größer. (pm)