Schlau oder dreist? - Mediatorin verrät: Wann eine Ausrede clever ist – und wann sie nach hinten losgeht
Warum werden Ausreden überhaupt verwendet?
Stellen wir die Frage, warum Ausreden verwendet werden, wird schnell erkannt, dass es sich dabei auch um Schutzbehauptung handelt - sei es um sich selbst zu schützen, um Fehler zu vertuschen oder um selbst besser dazustehen. Ausreden haben durchaus ihre Daseinsberechtigung und sind weder gut noch schlecht. Die einen halten Ihre Ausrede vielleicht für schlau wo Andere nur den Kopf darüber schütteln können. Das jeweilige Empfinden und die Reaktion darauf ist subjektiv.
Was war die dämlichste Ausrede, die Sie jemals gehört haben? Erinnern Sie sich daran? Ja, dann überlegen Sie gerne, was derjenige der sie benutzt hat damit erreichen wollte? Er hatte einen Grund, sie zu nennen. Welcher könnte das sein?
Ausrede als Schutzbehauptung
Ausreden werden verwendet, für zu spät kommen, etwas vergessen haben oder schlichtweg keinen Bock - ohne sich darüber Gedanken zu machen, welche Gründe und Auswirkungen diese Schutzbehauptung tatsächlich hat.
Dabei stellt sich die Frage, wer soll durch die Ausrede wirklich beschützt werden. Derjenige der sie ausspricht oder der, der sie zu hören bekommt? Wer soll sich mit ihr - oder nach ihr besser fühlen?
Ausrede als Rechtfertigung
Menschen haben den Drang sich zu rechtfertigen, gerade dann, wenn etwas schief gelaufen ist, sind Ausreden eine gute Möglichkeit um selbst besser dazustehen oder den Gegenüber nicht mit der Wahrheit konfrontieren zu müssen. Die Ausrede ist nämlich auch eine Flucht vor der Wahrheit. Es klingt schließlich besser zum Chef zu sagen: „Sorry, ich bin zu spät, weil mir der Bus vor der Nase weg gefahren ist.“ als ganz ehrlich zu sagen: „Ich bin viel zu lange im Bett liegen geblieben, weil mir heute die Lust und Energie zum Arbeiten fehlt.“
Ausreden benutzen anstatt Eigenverantwortung übernehmen
Oftmals wird mit einer Ausrede die Schuld abgegeben. „Hätte er nicht dies getan, dann wäre ich nicht ...“ oder „der Bus kam zu spät“. Dabei sollten wir wissen, dass das Nonsens ist, denn wer wirklich pünktlich ankommen möchte, ist auch bereit einen früheren Bus zu nehmen.
Doch wie hört es sich an, wenn man zum Chef sagt. „Die Arbeit war mir nicht wichtig genug um den früheren Bus zu nehmen!“ Es wäre ehrlich jedoch wahrscheinlich nicht besonders schlau, je nachdem wie viel Wahrheit der Vorgesetzte verträgt. Doch dem Busfahrer die Schuld zu geben, ist auch nicht richtig. Statt dessen kann die Eigenverantwortung übernommen und abgewägen werden, was wichtiger erscheint: Pünktlichkeit oder in Kauf nehmen oder zu spät zu kommen. Dann wäre man sich selbst gegenüber wenigstens ehrlich.
Für oder gegen sich selbst Ausreden benutzen
Doch es gibt nicht nur die Ausreden, die wir Mitmenschen entgegen bringen, sondern wir finden auch Ausreden für uns selbst. Zum Beispiel, warum man nicht zum Training gehen kann, warum man den Freund oder die Freundin versetzen muss … Das heißt, man findet Gründe, warum man etwas nicht tun kann. Und diese glaubt man dann auch noch selbst. Dabei wissen die Allermeisten, dass es sich oftmals um Schutzbehauptungen handelt.
Es ist schließlich nicht entspannend auf dem Sofa mit einer Tüte Chips zu sitzen, wenn man eigentlich trainieren sollte. Da ist es doch entspannter, wenn man sich mit einer passenden Ausrede selbst beruhigt. Ob es sich dabei um eine mögliche Erkältung handelt, die kommen könnte oder nur das schlechte Wetter dafür dienlich ist. Auch uns selbst gegenüber ist der Einfallsreichtum grenzenlos.
Ausreden besser als Ehrlichkeit?
Oftmals wird geglaubt, dass die Ausrede deutlich besser ist als Ehrlichkeit. Doch für wen ist sie besser? Für denjenigen, der sie ausspricht oder für den der sie zu hören bekommt? Mitunter lassen Ausreden sogar an der Intelligenz der Menschen zweifeln. Und wieder könnten wir die Frage stellen ob es die Intelligenz des Senders oder des Empfängers betrifft. Doch das führt nicht zum Ziel, sondern zeigt nur den Rattenschwanz auf, den eine Ausrede auslösen kann.
Der Grund der sich hinter Ausreden verbirgt, kann Diplomatie sein oder die Befürchtung, das Gegenüber verträgt die Wahrheit nicht, oder einfach nur, weil sonst vielleicht eine unbequeme Diskussion ausgelöst werden könnte. - Egal was sich hinter der Ausrede verbirgt, sie ist nicht ehrlich, sondern eine Schutzbehauptung oder eine Lüge.
Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, wann Sie persönlich Ausreden verwenden? Und dann konkretisieren Sie doch einmal: „Sind Ihre Ausreden wirklich immer gut? Oder sind auch jene dabei, die den Gegenüber zum Gähnen bringen oder gar verärgern?“
Was tun, wenn man eine Ausrede vermutet?
Ganz einfach, gehen Sie offensiv damit um, ist mein Rat als Mediatorin. Sprechen Sie den vermeintlichen Ausredenverwender direkt, jedoch höflich, freundlich und ohne bösen Unterton konkret an: „Höre ich da vielleicht gerade eine Ausrede? Mir jedenfalls kommt es so vor.“
Klar kann es sein, dass Ihr Gegenüber sich damit ertappt fühlt und sofort in die Verteidigung übergeht und sich rechtfertigt. Die Wahrscheinlichkeit jedoch, dass Sie sich damit die nächste Ausrede ersparen ist jedoch hoch. Denn damit vermitteln Sie ihrem Gegenüber das Gefühl: Ich durchschaue Sie, also verkaufe mich nicht noch einmal für dämlich.“
Ausrede verwenden, Ja oder Nein?
In der allermeisten Fällen würde ich sagen: Entschuldigen Sie sich lieber und übernehmen Sie Eigenverantwortung für sich und Ihr Leben anstatt sich einer Ausrede zu bedienen. Doch Jede und Jeder entscheidet für sich selbst und das gilt es zu akzeptieren.