Analyse von Hugo Müller-Vogg - SPD sendet 8 zentrale Botschaften aus - mit einer attackiert sie Merz scharf

 

„Ich kämpfe auch für Dich“, versicherte er Scholz. Dass der Verteidigungsminister kurze Zeit selbst mit der Kanzlerkandidatur geliebäugelt hatte, ist kein Thema mehr.

Botschaft Nummer 2: Die SPD ist die Partei der „ganz normalen Leute“

Keine andere Formulierung verwendete Scholz häufiger als die von den „ganz normalen Leuten“. Das klingt freundlicher als die Rede von den „kleinen Leuten“, obwohl Scholz von denen auch einige Male sprach.

Die Betonung auf den „ganz normalen Leuten“, bisweilen ergänzt um „mit gesundem Menschenverstand“, soll den Wählern signalisieren, die SPD trete in erster Linie für die große Mehrheit ein. So soll dem Eindruck entgegengewirkt werden, aus der Arbeiterpartei von einst sei inzwischen die Interessenvertretung von vielen kleinen Minderheiten geworden.

Botschaft Nummer 3: Fast allen wird es besser gehen, nur den „Reichen“ etwas schlechter

Die SPD hat von 1998 an stets im Bund mitregiert, mit einer kurzen Unterbrechung von 2009 bis 2013. Was sie in dieser langen Regierungszeit nicht geliefert hat, verspricht sie für die Zukunft: für fast alle „mehr“. „Mehr für Dich. Besser für Deutschland“ lautet ihr zentraler Slogan.

„Mehr für Dich“ soll heißen: für 95 Prozent der Bürger niedrigere Steuern auf das Einkommen, keinerlei Abstriche am in finanzieller Schieflage befindlichen Rentensystem, 15 Euro Mindestlohn und manch andere soziale Wohltat. Kurzum: Fast alle sollen es besser haben, kaum jemand muss Einschränkungen oder Kürzungen befürchten.

Botschaft Nummer 4: Die Reichen zahlen die Zeche

Scholz und die SPD lassen keinen Zweifel aufkommen, wer die Rechnung für diese Wünsch-Dir-was-Politik begleichen soll: die Reichen. Gemeint ist das obere eine Prozent der Einkommensteuerzahler mit Einkünften von mehr als 283.000 Euro im Jahr.

Wie hoch die „Reichensteuer“ dann ausfallen muss, um die Entlastungen für die 95 Prozent zu finanzieren, lässt die SPD offen. Dafür geißelt sie die von der CDU/CSU versprochenen Steuersenkungen als nicht solide finanziert.

Botschaft Nummer 5: Mehr Schulden sind kein Problem

Scholz verspricht den Bürgern, selbst hohe Investitionen in Sicherheit und Infrastruktur würden die Bürger - jedenfalls 95 Prozent von ihnen - nicht im eigenen Geldbeutel spüren.

Die Lösung heißt mehr Schulden. Dazu soll die Schuldenbremse „erneuert“, also gelockert werden. Dann wäre „Mehr für Alles“ möglich.

Botschaft Nummer 6: Scholz ist der Friedenskanzler

Was 2002 bei Gerhard Schröder geklappt hat, versucht Scholz zu imitieren. Der Altkanzler hatte sich geweigert, die USA im zweiten Irak-Krieg zu unterstützen. Scholz inszeniert sich jetzt ebenfalls als Friedenskanzler.

An der Unterstützung der Ukraine lässt er keinen Zweifel aufkommen. Doch behauptet er, mit der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern würde Deutschland automatisch in den Ukraine-Krieg hineinschlittern. Seinem Herausforderer Friedrich Merz wirft er vor, genau das nicht zu verkörpern, was er für sich in Anspruch nimmt: Standfestigkeit und Besonnenheit.

Botschaft Nummer 7: Wer gegen Amerika ist, wird von der SPD bedient

In dem wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump sieht Scholz einen Wahlhelfer. Der schwadroniert über die Einverleibung des Panamakanals wie der von Grönland. Das erlaubt Scholz, Trump auf eine Stufe mit Putin zu stellen - ohne dies ausdrücklich so zu formulieren.

Das kam auf dem Parteitag sehr gut an, da der linke Flügel der Partei schon immer auf „Äquidistanz“ gegenüber Moskau wie Washington setzte. Mit etwas Antiamerikanismus hofft man auch bei einem Teil der SPD-Wählerschaft zu punkten.

Botschaft Nummer 8: Merz ist eine große Gefahr für Deutschland

Die SPD rangiert in vielen Umfragen auf Rang vier hinter CDU/CSU, AfD und Grünen. Aus der strikten Ablehnung von Rechtsradikalen und Rechtsextremen macht die SPD keinen Hehl, die Grünen erwähnt sie dagegen so gut wie nicht.

Der Hauptgegner ist eindeutig Friedrich Merz. Seine Geringschätzung, ja Verachtung für den Herausforderer zeigt Scholz, indem er immer nur vom Oppositionsführer spricht, ihn nie beim Namen nennt.

Scholz und andere führende Sozialdemokraten karikieren Merz als herzlosen Kapitalisten, der die Reichen noch reicher machen will - und das auf dem Rücken der kleinen Leute. Mit diesem „Sprücheklopfer“ als Kanzler würden, so Scholz, Renten gekürzt, gäbe es Einschnitte bei Pflege und Gesundheit. Der schlimmste Vorwurf: Merz würde die Atommacht Russland herausfordern.

Fazit: SPD setzt auf „allen wohl und niemand weh“

Scholz führt einen Wahlkampf nach dem Motto, alles ist möglich und finanzierbar. Es ist eine eingängige Botschaft, die Ankündigung einer Politik, die nur den ganz Reichen etwas abverlangt und sonst niemandem.

Ob das die „ganz normalen Menschen mit gesundem Menschenverstand“ überzeugt? Scholz‘ Arbeit als Kanzler wird jedenfalls so schlecht benotet wie bei keinem seiner Vorgänger. An den „Reichen“ allein kann so ein Umfrageergebnis nicht liegen.