Gürtnerhaus seit 70 Jahren in Familienhand
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VonTheresa Kuchlerschließen
Auf so eine Erfolgsgeschichte können nur wenige Firmen blicken: Seit 70 Jahren gibt es das Sanitätshaus Gürtner in Schongau und Peiting. Die Familie führt ihr Unternehmen bereits in dritter Generation – und hat gemeinsam schon manche Herausforderung gemeistert.
Mit dynamischen Schritten durchquert Norman Gürtner den riesigen Verkaufsraum, in dem Krücken, Rollatoren und Verkaufsständer mit diversen orthopädischen Hilfsmitteln stehen, und nimmt die breite Treppe ins Untergeschoss. Hier unten, wo die Geschäftsführung ihr Besprechungszimmer hat, ist es dunkler und ruhiger, die Fläche aber wirkt mindestens genauso groß wie das Erdgeschoss darüber. 800 Quadratmeter umfassen das Sanitätshaus, das seit Jahrzehnten an der Schongauer Christophstraße steht und wie das Haus in Peiting in Familienbesitz ist. „Mein Vater hat gern groß gebaut“, sagt Gürtner schmunzelnd und nimmt schwungvoll auf einem der Stühle Platz.
Aufgabe ist über die Jahre nicht leichter geworden
Gürtner strotzt vor Energie. Dabei ist der Meister für Orthopädie-Technik im Mai schon 70 geworden, und damit genauso alt wie der Betrieb, den seine Eltern Walter und Käthe Gürtner in Schongau und Peiting aufgebaut haben. Damals wie heute hatten die Orthopädie-Experten den Anspruch, ihre Kunden individuell zu beraten, ihnen etwa mit Orthesen und Bandagen zu helfen oder die Ansprüche der Patienten gegenüber der Krankenkasse zu vertreten. Eine Aufgabe, die über die Jahre nicht leichter geworden ist.
Lange lag die Firma in den Händen des Gründerehepaars – erst 1990 hat es sie an die Söhne Norman und Robert Gürtner übergegeben. Bis die dritte Generation in das Familienunternehmen einstieg, ging es dann schneller: 1995 kam Norman Gürtners Sohn Christian Wild dazu, ein paar Jahre später folgte auch Schwiegertochter Birgit Wild. Robert Gürtner ist 2016 gestorben, woraufhin dessen Frau Elfriede die Reha-Abteilung bis zu ihrem Tod im Oktober 2022 leitete. Bis Mai war Reha-Techniker Michael Reßler für ein Jahr mit im Haus. Inzwischen führen Norman Gürtner und das Ehepaar Wild das Sanitätshaus zu dritt.
Ein Unternehmen über 70 Jahre lang in Familienhand zu halten, ist in einer schnelllebigen Wirtschaft voller Firmen, die oft genauso schnell auftauchen wie sie wieder verschwinden, schon etwas Besonderes. Dass die Gürtners das geschafft haben, hat mehrere Gründe. Dazu gehört freilich die solide Grundlage und die Immobilien, die Walter und Käthe Gürtner erarbeitet haben. Doch das allein ist freilich kein Garant für langfristigen Erfolg. Um sich gegen Konkurrenz durchsetzen, gehört auch Können, Leidenschaft und Zusammenhalt dazu – und von allem scheint die Familie ausreichend zu haben. „Unser Motto ist: Helfen ist unser Handwerk“, sagt Norman Gürtner. „Das leben wir, und deshalb haben wir so einen treuen Kundenstamm und das Vertrauen von Ärzten und Seniorenheimen.“
Lingerie-Abteilung weggefallen
Dabei hat das Sanitätshaus Gürtner auch schon Zeiten erlebt, die nicht einfach waren. Vor allem Corona habe die Firma hart getroffen, erzählt Christian Wild. Der 49-Jährige und seine Frau haben sich ein paar Minuten aus dem Verkaufsraum loseisen können und sich zu dem Seniorchef ins Untergeschoss gesetzt. Die Pandemie sei schwer gewesen, erzählt Wild, weil man als Orthopädie-Techniker automatisch nah mit den Menschen arbeite – auch in Pflegeheimen. Und es sei am Ende auch die Corona-Pandemie gewesen, wegen der sich das Gürtnerhaus von einem ganzen Geschäftsbereich getrennt hat: dem der Lingerie, Dessous und Homewear.
Konkurrenz aus dem Internet macht zu schaffen
Darauf blickt vor allem Birgit Wild wehmütig zurück, die für die Abteilung zuständig war. „Wir hatten echt hochwertige Ware und tolle Marken“, sagt sie. Damit hätte das Haus ein für Schongau einmaliges Angebot gehabt. Aber irgendwann rechnete es sich nicht mehr – auch wegen der Konkurrenz aus dem Internet, die allen Einzelhändlern zu schaffen macht. „Die Leute lassen sich im Laden beraten und bestellen dann online“, fasst es Wild seufzend zusammen. Medizinische Produkte, wie spezielle BHs für Brustprothesen, seien weiterhin im Sortiment.
Als das Gespräch fast zu Ende ist, klopft eine Mitarbeiterin an der Tür. Sie braucht die Chefs: Mit dem Rezept eines Patienten ist etwas unklar. Christian und Birgit Wild folgen ihrer Angestellten nach oben, und auch Norman Gürtner kommt mit hoch. Wenn es nach ihm ginge, könnte das Geschäft die nächsten 70 Jahre so weitergehen.
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