Analyse von Kishor Sridhar - Führungexperte: Söder und die Grünen sind wie Apple und Samsung

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Getty Images/ Alexandra Beier Söder verwendet dabei Apples Erfolgsstrategie, die der Coopetition
Freitag, 29.11.2024, 11:16

Zwischen der CSU und den bayrischen Grünen scheint sich etwas anzubahnen. Doch Markus Söders Annäherung ist kalkuiertes Machtkalkül, wie aus dem Managementlehrbuch. Führungsexperte Kishor Sridhar zeigt, wie Söder die Apple-Strategie verwendet, um neue Wähler zu gewinnen.

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Hatte Markus Söder bis vor Kurzem keine Gelegenheit ausgelassen, über die Grünen herzuziehen, scheint er sich ihnen nun anzunähern, ja sogar deren Lieblingsthemen zu übernehmen. Doch handelt es sich hier kaum um die Anbahnung einer Liebesheirat als vielmehr die einer Zweckehe. Und Söder zeigt wieder einmal, dass er nicht nur wie ein Politiker, sondern auch wie ein Unternehmer denkt.

Über den Experten Kishor Sridhar

Über den Experten Kishor Sridhar

Kishor Sridhar, Executive Berater, Keynote Speaker und Buchautor, ist anerkannter Experte für Change, Führung und Digitalisierung. Er begleitet deutsche und internationale Entscheider und Führungskräfte operativ in der Unternehmensentwicklung und bei Veränderungsprozessen. In Change-Prozessen bringt er dabei praxisbewährte Erkenntnisse aus seinen Wirtschaftsstudien, wie z.B. „KI in deutschen Unternehmen“ ein und verknüpft diese mit psychologischen Effekten zum „Erfolgsfaktor Mensch“. Kishor Sridhar lehrt an der International School of Management in München u.a. Cross Cultural Leadership und New Work.

 

Denn Söder agiert wie der CEO eines Unternehmens: den Markt analysieren, Trends erkennen und daraus ein Produkt formen, das möglichst viele Zielgruppen anspricht. Für die CSU heißt das: Sie muss einerseits ihre Stammwählerschaft binden – konservativ, traditionell, bayerisch –, aber auch neue Kundensegmente erschließen, die progressiver denken, klimabewusster handeln und einen moderneren Politikstil bevorzugen.

Wettbewerber im konservativen Markt hat er in Bayern mit den Freien Wählern mit elf Prozent und der AfD mit zwölf Prozent der möglichen Stimmen laut einer Umfrage von Civey im Auftrag der Augsburger Allgemeinen genug. Die Koalition mit Aiwanger ist zwar stabil, aber jemanden durch eine Regierungsbeteiligung aufzuwerten, der in den gleichen Gewässern fischt, ist auf Dauer nicht sinnvoll. Um auf Dauer erfolgreich zu sein, gilt es neue Märkte bzw. Zielgruppen zu erschließen.

Und was macht ein cleverer Unternehmer, wenn er merkt, dass er nicht alle Zielgruppen allein erreichen kann? Er arbeitet mit einem Konkurrenten zusammen – genau das Prinzip der Coopetition, also der Zusammenarbeit mit einem Wettbewerber, um gemeinsam stärker zu sein.

Söder hat von Apple und Samsung gelernt

Söder verwendet dabei Apples Erfolgsstrategie, die der Coopetition. Apple und Samsung sind beide erbitterte Konkurrenten auf dem Smartphone-Markt, arbeiten aber bei der Produktion von Displays zusammen. Samsung liefert die OLED-Displays für Apples iPhones, obwohl die beiden Unternehmen auf dem Markt gegeneinander kämpfen. Beide profitieren: Apple bekommt hochwertige Displays, Samsung sichert sich eine lukrative Einnahmequelle. Markus Söder überträgt dieses Prinzip auf die Politik. Er und die CSU drängen die Grünen in eine Coopetition, um Wählergruppen zu erreichen, die die CSU allein nicht bedienen könnte.

Dabei macht er sich grüne Themen zu eigen, ohne dabei die Kontrolle abzugeben. Das erklärt den Vorstoß der CSU in Sachen Solarpflicht für Neubauten. Wo einst von Bürokratie und Überregulierung die Rede war, übernimmt Söder plötzlich die Sprache der Grünen – allerdings auf seine Art: pragmatisch, lokal begrenzt und wirtschaftsfreundlich. Damit zeigt Söder, dass er grüne Forderungen nicht nur versteht, sondern sie so umformt, dass sie seiner Klientel schmecken.

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Noch deutlicher wird es beim Thema Klimaanpassung: Söder positionierte sich in den letzten Monaten als Vorreiter für den Ausbau erneuerbarer Energien in Bayern. Während er früher als Bremser beim Ausbau von Windkraftanlagen galt, ließ er nun Lockerungen der 10H-Regel durchsetzen, die den Ausbau erleichtern. Für die Grünen ein Triumph – doch Söder inszeniert es geschickt als seinen eigenen Erfolg. Seine Botschaft: „Ich bin der grünere Pragmatiker, der nicht nur redet, sondern handelt.“

So nutzt er die Grünen wie ein Unternehmen einen strategischen Kooperationspartner: Sie bringen genau das mit, was der CSU fehlt – Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz, ein jüngeres Image und Zugang zu urbanen Wählern. Gleichzeitig profitiert Söder, ohne seine eigene Marke zu verwässern. Er bleibt der CSU-Chef, der mit grünen Ideen flirtet, sie aber nach bayerischen Maßstäben umsetzt. Dabei bleibt Söder immer derjenige, der bestimmt, wie diese Zusammenarbeit aussieht – ähnlich wie Apple die Displays von Samsung bezieht, aber das fertige Produkt ganz klar ein iPhone bleibt.

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Markus Söders Vorgehensweise könnte somit direkt aus einem Lehrbuch der Unternehmensführung stammen:

  1. Kernwählerschaft sichern: Die CSU bleibt konservativ, spricht die ländliche Basis an und bewahrt Traditionen – das ist ihr Alleinstellungsmerkmal.
  2. Neue Segmente erschließen: Klimaschutz, erneuerbare Energien und moderne Politik sind notwendig, um urbane Wähler und jüngere Generationen zu erreichen.
  3. Risiken minimieren: Statt die Grünen als Gegner zu bekämpfen, macht er sie zu Partnern, um Konflikte zu entschärfen und gemeinsame Erfolge zu feiern.

Die CSU als kundenorientiertes Produkt

Söder formt somit CSU weiterhin zu einem idealen Produkt: Ein breit gefächertes Angebot, das für die Stammkunden vertraut bleibt, aber auch neue Zielgruppen anspricht. Die Grünen sind dabei so etwas wie ein „Add-on“ – sie erweitern das Angebot der CSU, ohne den Markenkern zu gefährden.

Zugleich hat er aus dem Scheitern der Ampelkoalition gelernt und agiert auch hier wie ein gewiefter Unternehmer: Wenn du mit einem unliebsamen Partner in eine Kooperation oder Koalition einsteigen willst, dann sorge dafür, dass du der Stärkere bist und die Rahmenbedingungen frühzeitig setzt. Genau das tut Söder und zeigt einmal mehr seine Führungsqualitäten – ob man ihn nun mag oder nicht.

Dieser Content stammt vom FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Bereich. Sie sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.