Gefährliches West-Nil-Virus: RKI meldet ersten Fall in Deutschland
WNV-Infektionen gibt es hierzulande seit 2019. Die Fallzahlen sind gering. Doch das könnte sich nun ändern, wie ein Experte prognostiziert.
München – In Deutschland wurde in diesem Jahr die erste Infektion mit dem West-Nil-Virus (WNV) nachgewiesen. Betroffen sei eine Frau, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Freitag (30. August) informierte. Das WNV wird von einheimischen Mücken übertragen. 20 Tage nach einem Stich starb kürzlich in Italien ein Fotograf daran. Hierzulande erhöht sich nun wohl künftig die Aktivität.
Erster West-Nil-Virus-Fall in Deutschland: Test hat mehrere Schwachpunkte
Die Infektion bei einer Frau aus Sachsen in der Grenzregion zu Brandenburg sei bei der Analyse einer Blutspende-Probe nachgewiesen worden. Das erklärte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg. Es sei mit weiteren Fällen zu rechnen: Die verfügbaren Daten wiesen auf eine erhöhte Aktivität hin. So gebe es vergleichsweise viele erfasste Infektionen mit dem Erreger bei Pferden und Vögeln.
Vom zuständigen Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) wurden bis zum 23. August 18 Nachweise bei Vögeln und 14 bei Pferden erfasst. Besonders betroffen seien die folgenden Bundesländer:
- Berlin
- Brandenburg
- Sachsen-Anhalt
- Sachsen
Aber auch in Bayern wurde das West-Nil-Virus nachgewiesen – bei einer Kohlmeise. Ein weiterer Hinweis auf viele Übertragungen sei die vergleichsweise hohe Zahl eingeschickter auffälliger Proben von Blutspendern, erklärte Schmidt-Chanasit. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass der am häufigsten verwendete Screening-Test auch beim Usutu-Virus anschlage. Dieser Erreger verursacht aktuell ein massives Amselsterben in Deutschland. Menschen können sich Schmidt-Chanasit zufolge damit anstecken, erkranken aber selten.
Der gravierende Punkt: Zwischen beiden Viren zu unterscheiden, sei aufwendig – und es gelinge nicht immer, wie der Virus-Experte ausführte. Die langwierigen Tests sorgten darüber hinaus für eine Verzögerung von einigen Wochen zwischen Probennahme und dem bestätigten Endergebnis basierend auf einer Virus-Sequenzierung. Es könnten also bereits deutlich mehr Infektionen aufgetreten sein, deren gesicherter Nachweis aber noch aussteht.
Das West-Nil-Virus: Symptome, Warnzeichen und Übertragungswege
Ursprünglich stammt das Virus aus Afrika, wie es beim FLI heißt. In Europa trat es demnach Anfang der 1960er Jahre in Frankreich erstmals auf. Es gelangte laut RKI aus den Tropen durch Zugvögel in Gebiete am Mittelmeer und in Europa. Seit 2019 werden Fälle beim Menschen in Deutschland registriert, heißt es. Weitere Fakten laut den Experten:
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- Übertragungswege: „Hauptsächlich wird das Virus von Stechmücken zwischen wildlebenden Vögeln übertragen. An Vögeln infizierte Mücken können das Virus aber auch auf Menschen und andere Säugetiere (v.a. Pferde) übertragen.“
- Hohe Dunkelziffer: Denn in etwa 80 Prozent der Infektionsfälle verlaufen ohne Symptome.
- Symptome/Warnzeichen: Unspezifisch, wie Fieber oder Hautausschlag.
- Inkubationszeit: Zwei bis 14 Tage.
Schwerere und tödliche Verläufe des West-Nil-Fiebers betreffen meist ältere Menschen mit Vorerkrankungen. Nur etwa ein Prozent der Infektionen führen zu solchen schweren neuroinvasiven Erkrankungen.
Ausbreitung des West-Nil-Virus in Deutschland: Die Fallzahlen der letzten Jahre
Experten gehen von einem Anstieg der Fallzahlen in den kommenden Jahren aus. Auch hier spielt der Klimawandel eine Rolle, weil dadurch günstigere Bedingungen für den Erreger vorherrschen. In Süd- und Südosteuropa gibt es schon seit längerem größere Ausbrüche. In Deutschland sind die Fallzahlen pro Jahr schwankend, aber gering.
Infektionen mit dem West-Nil-Virus seit 2019 in Deutschland:
Jahr | Nachgewiesene Infektionen mit WNV |
2023 | 7 |
2022 | 17 |
2021 | 4 |
2020 | 22 |
2019 | 5 |
Mit einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen bei Menschen sei zu rechnen, wenn das Virus sich im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet auszubreiten beginne, sagte Schmidt-Chanasit. Bisher seien die Mücken dort trotz der klimatisch günstigen Bedingungen wohl noch frei von dem Erreger. Allerdings sei damit zu rechnen, dass sich das ändere. In Italien hingegen breitete sich das West-Nil-Virus schneller aus – auch Urlaubsregionen sind betroffen. (mbr/dpa)