Deutschlands jüngster Automobilclub "Mobil in Deutschland" will mit einer Petition gegen das Verbrenner-Aus Druck auf die deutsche Politik machen, sich in Brüssel für Änderungen beim Verbrenner-Aus einzusetzen. Der Autoclub, der in seinen Positionen oft von der eher neutralen und zuletzt eher Elektroauto-freundlichen Haltung des ADAC abweicht, hatte sich in der Vergangenheit bereits für die Etablierung des Klima-Diesels HVO100 in Deutschland stark gemacht.
Petition gegen das Verbrenner-Aus, aber "nicht gegen das E-Auto"
"Die Petition richtet sich ausdrücklich nicht gegen die Elektromobilität", betont Club-Präsident Michael Haberland gegenüber FOCUS online. Die sei "zweifellos ein wichtiger Baustein für die Mobilität der Zukunft". "Ein ehrlicher Blick verlangt aber mehr als die reine Betrachtung am Auspuff. Entscheidend ist die gesamte CO2-Bilanz – von Rohstoffgewinnung, Batterieproduktion, Entsorgung bis hin zur Stromerzeugung", so Haberland weiter.
Das Thema wird aktuell auch im Koalitionsausschuss der Bundesregierung heiß diskutiert. Während die CDU gegen das Verbot in seiner aktuellen Form ist, will die SPD es eigentlich beibehalten. Dass die Emobilität gerade die deutsche Autoindustrie stark umwälzt, steht außer Frage. Laut dem Lobbyverband VDA gehen allein in der Autoindustrie demnach bis 2035 rund 140.000 Arbeitsplätze verloren. Eine Studie im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung kommt sogar zu dem Ergebnis, dass das Verbrenner-Aus jeden dritten Arbeitsplatz in der deutschen Automobilindustrie gefährde. Auf der anderen Seite entstehen auch neue Jobs durch den Aufbau von Elektroauto-Fabriken und Batterieproduktion. Den stärksten Kahlschlag gibt es derweil im Mittelstand bei den vielen Zulieferern.
Warum die EU faktisch alle neuen Verbrenner verbietet
Mit ihrem faktischen Verbot aller Neuwagen mit Benzin-, Diesel- und Hybridantrieb ab 2035 - eine Ausnahme für Fahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen bleibt bislang unklar und gilt unter Experten in diesem Zeitrahmen auch als unrealistisch - ist die EU weltweit eher die Ausnahme. In den USA etwa hat die Regierung unter Präsident Trump gerade erst Subventionen und Privilegien für E-Autos gestrichen und Verbrenner-Verboten eine finale Absage erteilt. Auch der weltweit wichtigste Elektroauto-Markt China hat explizit kein Verbrenner-Verbot und plant langfristig mit sparsamen Hybridantrieben, die Elektro- und Verbrennungsmotoren kombinieren. Andere Länder wie Äthiopien, Großbritannien oder Spanien haben eigene Verbots-Pläne für die Zukunft oder (im Falle Äthiopiens) den Verkauf von nicht-elektrischen Fahrzeugen bereits verboten. In Norwegen gibt es zwar kein Verbot, allerdings werden dort durch eine Mischung aus hohen Strafsteuern für Verbrenner und Subventionen für E-Autos fast nur noch Batteriemobile zugelassen.
"Verbrenner-Verbot schafft Planungssicherheit"
Befürworter des Verbrenner-Verbots argumentieren, dass es für die Hersteller Berechenbarkeit liefere. „Es untergräbt die Planungssicherheit, wenn beschlossene EU-Regelungen gleich wieder in Frage gestellt werden. Den Schaden haben die Unternehmen, die im Vertrauen auf diese Regelungen investiert haben", sagt zum Beispiel der Autoclub VCD. Synthetische Kraftstoffe seien auch in Zukunft nicht ausreichend vorhanden und ihr Klima-Nutzen zumindest zweifelhaft, so die VCD-Bundesvorsitzende Christiane Rohleder.
Wer ist für und gegen das Verbot?
Auch bei den Autoherstellern selbst gibt es zum Thema Verbrenner-Aus unterschiedliche Positionen. Einige Beispiele:
- Der semi-staatliche Autokonzern Volkswagen ist einer der stärksten Befürworter des Verbots. Es sei falsch, das Verbot zu kippen, sagte VW-Markenchef Thomas Schäfer auf der IAA im September. "Der batterieelektrische Antrieb ist perspektivisch alternativlos“, so Schäfer. Auch Audi fährt einen klaren Kurs hin zu 100 Prozent Elektromobilität.
- BMW, Mercedes und Porsche setzen entweder konsequent auf eine Multiantriebsstrategie (BMW) oder finden wegen noch zu geringer E-Auto-Zahlen wieder dahin zurück (Mercedes, Porsche). Sie sind daher gegen die EU-Strategie in ihrer jetzigen Form.
- BYD und Polestar aus China sind für das Verbrenner-Aus. Vor allem BYD würde dies wegen seiner starken Marktposition bei E-Autos in Europa künftig sehr helfen.
- Chery, der größte chinesische Auto-Exporteur, setzt ähnlich wie BMW oder Hyundai auf eine Multiantriebsstrategie, bei der je nach Markt die passenden Antriebskonzepte zum Einsatz kommen. Gerade Hyundai hat sich allerdings mit seiner Modellpalette bereits auf eine reine Elektro-Flotte in Europa eingestellt.
- Toyota spricht sich ähnlich konsequent wie BMW gegen ein Verbot aus. Die Japaner bauen zwar ihre Elektromodelle stark aus, wollen aber auch ihre weltweit erfolgreiche Hybridtechnologie weiter anbieten.
- Stellantis (u.a. Opel, Fiat) hat sich von seinem Ziel, ab 2030 nur noch E-Autos in Europa zu verkaufen, wieder verabschiedet. Auch dort will man künftig flexibel auf die Kundenbedürfnisse reagieren können.
Hier für den Auto-Newsletter anmelden!
Sie wollen keinen Artikel unserer Auto-Experten verpassen? Dann melden Sie sich jetzt beim Auto-Newsletter von FOCUS online an.