Überraschender Fund: Seltenes Tier gleich siebenmal in Südtirol gesichtet
Waldrappen galten in Europa als ausgestorben. Nun wurden sieben Exemplare in Südtirol gesichtet. Ein Experte sieht das jedoch kritisch.
München – Eine in Europa bereits als verloren erklärte Art kehrt zurück: In Südtirol wurden sieben Waldrappen in freier Wildbahn gesichtet, wie stol.it berichtet. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts galten sie im europäischen Raum als ausgestorben. Ornithologe Iacun Prugger sieht die Entwicklung jedoch kritisch. Erst zuletzt wurde ein eigentlich ausgestorbenes Tier in Deutschland wiederentdeckt.
Waldrappen zurück in Europa – „Am Bozner Militärflughafen sieben Exemplare gesichtet“
Bei stol.it erklärt Prugger: „Nun wurden am Bozner Militärflughafen sieben Exemplare gesichtet, obwohl sie in Südtirol gar nicht hingehören“. Die Rückkehr der Waldrappen nach Europa scheint nämlich nicht auf natürliche Weise stattgefunden zu haben. Seit 2014 ist das EU-finanzierte Projekt „LIFE Northern Bald Ibis“ dafür verantwortlich, die Population dieser Vogelart in Europa wiederherzustellen. Auch der ausgestorbene Tasmanische Tiger könnte dank eines Forschungsprojektes bald zurückkehren.

„Jährlich werden durch das Waldrapp-Projekt vor allem in Österreich und Deutschland mehrere Exemplare aufgezogen. Weil es aber Zugvögel sind und sie den Winter üblicherweise in der Lagune von Orbetello in der Toskana verbringen, muss man ihnen den Weg dorthin zeigen“ erläutert Ornithologe Prugger. Menschen in Motorschirmen fliegen voraus, um den Vögeln die Route zu weisen. Sobald die Tiere ihren Weg kennen, werden sie in die Freiheit entlassen.
Experte äußert Kritik gegenüber EU-Waldrappen-Projekt
Allerdings äußert Prugger auch Bedenken hinsichtlich des Projekts: „In Theorie ist das Projekt eine wirklich tolle Idee, aber in der Praxis funktioniert es nicht so gut, wie man meint. Die ausgewilderten Vögel verirren sich gerne und haben keine bestimmte Jahreszeit, wo sie nach Süden oder Norden ziehen. Es verirren sich auch immer wieder Waldrappen nach Südtirol, wie die sieben Exemplare derzeit am Bozner Flughafen.“
Waldrappen in Europa – weder Waldvogel noch Rabe
Als Brutvogel der Alpen bis ins 16. Jahrhundert, verlor sich die Spur des Waldrapp in ganz Europa, bedingt durch direkte Verfolgung (die Jungvögel galten als Delikatesse!) und eine vermutlich einsetzende Kälteperiode. Nur zwei räumlich weit getrennte Rückzugsgebiete in Nord-Afrika (Marokko, Algerien) und Kleinasien (Türkei, Irak, Syrien) blieben erhalten, aber diese Kolonien erlitten durch Pestizideinsatz und Bejagung dramatische Einbrüche.
In Schutzgebieten und durch Nachzuchten in Zoos konnte der Waldrapp vor seinem endgültigen Verschwinden bewahrt werden. Der Waldrapp ist weder ein Waldvogel noch ein Rabe, sondern ein Ibis, der in Felsnischen brütet und auf Wiesen und offenen Flächen nach Insekten und Feldmäusen sucht. Die Schnabelduelle sehen zwar heftig aus, verlaufen aber ohne Verletzungen, weil der langgebogene Schnabel weder spitz noch hart ist.
Laut dem Experten sind die ausgewilderten Vögel auch nach mehreren Jahren noch zu klein, um selbstständig überleben zu können. „Das kostet Unmengen an Geld, das die EU in das Projekt pumpt. Die Mittel könnte man meiner Meinung nach viel sinnvoller ausgeben, für Renaturierungen oder andere Naturschutzprojekte“, kritisiert Prugger.
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Bis Ende 2028 sollen Waldrappen-Populationen dank EU-Projekt selbstständig überleben
Das erklärte Ziel des Projekts, wie auf der Website angegeben, ist es, bis Ende 2028 mehr als 360 Waldrappen zwischen dem nördlichen Alpenvorland und der Toskana zu migrieren. „Dies entspricht der errechneten Mindestanzahl an Individuen, die für das fortwährende Bestehen der Auswilderungspopulation nötig ist“, so eine offizielle Erklärung.
Am Ende des ersten Projekts im Jahr 2019 zählte die Population bereits 142 Tiere. Neben den bestehenden Kolonien in Süddeutschland und im Salzburger Land ist geplant, weitere Waldrappen-Kolonien in der Schweiz, Kärnten und Norditalien zu etablieren. (bk)