Uneinigkeit in der Union: CDU-General rechnet mit Merkels „Wir schaffen das“ ab

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CDU-General rechnet mit Merkels „Wir schaffen das“ ab

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Merkels „Wir schaffen das“ hat polarisiert. Linnemann sieht ihre Entscheidung von vor zehn Jahren kritisch – und spricht von „nicht zufriedenstellender“ Entwicklung.

Berlin – Zehn Jahre nach ihrem vielzitierten Satz „Wir schaffen das“ zur Aufnahme Hunderttausender Geflüchteter sieht die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Deutschland bei der Integration deutlich weiter als 2015. „Das ist ein Prozess. Aber bis jetzt haben wir viel geschafft. Und was noch zu tun ist, muss weiter getan werden“, erklärte sie in einem Gespräch mit Journalist Ingo Zamperoni für eine ARD-Dokumentation. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sieht das anders – und zieht eine ernüchternde Bilanz.

„Nicht zufriedenstellend“: Linnemann rechnet mit Merkels „Wir schaffen das“ ab

Am 31. August 2015 hatte Merkel die berühmten Worte ausgesprochen, nachdem bekannt geworden war, dass im laufenden Jahr rund 800.000 Geflüchtete nach Deutschland kommen würden und Tausende über Ungarn in Richtung Bundesrepublik unterwegs waren.

Linnemann zieht zehn Jahre später ein ernüchterndes Fazit. „Seit 2015 sind 6,5 Millionen Menschen zu uns gekommen und weniger als die Hälfte ist heute in Arbeit. Ich finde das, gelinde gesagt, nicht zufriedenstellend“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Priorität müsse nun sein, illegale Migration in die Sozialsysteme zu unterbinden und gleichzeitig legale Zuwanderung in den Arbeitsmarkt zu fördern. „Das muss die Politik dieser Regierung 2025 sein - und das ist sie auch.“

 CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zieht eine ernüchternde Bilanz. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

„Wir schaffen das“: Merkel sieht keine Überforderung Deutschlands

Rückblickend sagt Merkel: „Dass das etwas wirklich Herausforderndes wird, das war mir klar.“ Gleichzeitig habe es sie erstaunt, „wie sehr mir diese drei Worte ‘Wir schaffen das’ auch um die Ohren gehauen wurden“. Eigentlich habe sie damit nur verdeutlichen wollen, dass Deutschland vor einer großen Aufgabe stehe – und dabei auf die Unterstützung der Bevölkerung gehofft.

Von einer Überforderung Deutschlands durch ihre Entscheidung will Merkel nicht sprechen. „Das glaube ich nicht. Deutschland ist ein starkes Land“, betonte sie. „Insgesamt war ich der Überzeugung, dass Deutschland das stemmen kann.“

Die Alternative wäre gewesen, Geflüchtete mit Gewalt am Eintritt ins Land zu hindern, so Merkel. „Dazu hätte ich mich nie bereiterklärt.“ Im Nachhinein habe sie sich jedoch gefragt, ob nicht schon 2012/13 – während des syrischen Bürgerkriegs – mehr für die Menschen vor Ort hätte getan werden müssen.

Streit in der Union: Entscheidung hat AfD stärker gemacht

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann würdigte die große Hilfsbereitschaft der Menschen im Jahr 2015 als „phänomenal“. Doch bereits nach wenigen Wochen habe sich eine Überforderung bemerkbar gemacht, erklärte der CSU-Politiker im Bayerischen Rundfunk. Man habe unterschätzt, welche Herausforderung es darstelle, so viele Menschen – vor allem aus Syrien – in die Gesellschaft zu integrieren.

Herrmann hob hervor, dass qualifizierte Zuwanderung von zentraler Bedeutung sei. Wer jedoch auch nach zehn Jahren weder Deutsch gelernt noch eine Arbeit aufgenommen habe, sei „zu einer Belastung für unseren Sozialstaat“ geworden.

Merkel räumte auch ein, dass ihre Entscheidung zum Aufschwung der AfD beigetragen hat. „Dadurch ist die AfD sicherlich stärker geworden.“ Das sei aber kein Grund gewesen, eine Entscheidung, die sie für richtig und vernünftig halte, nicht zu treffen. Auch habe ihr Entschluss zu Streit in der Union geführt, der nicht hilfreich dabei gewesen sei, die große Integrationsaufgabe zu bewältigen. (dpa/hk)

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