Kunstinstallation „Lanzenfeld: Schauplatz Wolfertschwenden“ in Memmingen eröffnet – Geschichte zum Erleben
Am Donnerstag vergangener Woche wurde die Skulptur „Lanzenfeld: Schauplatz Wolfertschwenden“ der Öffentlichkeit präsentiert. Die Kunstinstallation erinnert an den aufständischen Bauernhaufen, der sich 1525 gegen Georg von Waldburg-Zeil, Georg von Frundsberg und deren Landsknechte stellte.
Memmingen/Wolfertschwenden – Auf Wolfertschwendener Flur, direkt unter der Einöde Falken, ragen 60 Lanzen gen Himmel. Sie symbolisieren die 6.000 Landsknechte, denen sich der Allgäuer Bauernhaufen im Juli 1525 stellte. Dabei waren auch 1.500 bewaffnete Reiter, dargestellt durch horizontale Lanzen. Betrachtet man das Kunstwerk aus unterschiedlichen Perspektiven, fallen mehrere Dinge auf. Als großes Ganzes wirkt es übermannend.
Doch die einzelnen Lanzen sind filigran und wirken geradezu zerbrechlich. Auch die Farbgebung fällt auf, alles in leuchtenden Neonfarben in gelb, blau, orange und pink. Je nach Blickwinkel stehen die Lanzen farblich sortiert, in Anlehnung an die militärische Ordnung, in einer Reihe, oder bunt gemischt als Individuen. „Es war mir wichtig, einen Kontrast zu setzen“, sagt Künstler Raimund Schucht. In der Tat wirken die Holzstäbe auf den ersten Blick etwas fremd in der Umgebung. Verspielt, und doch mit einer Ernsthaftigkeit – Schucht weiß, wie er Gegensätze perfekt in Szene setzt.
Kunstinstallation „Lanzenfeld: Schauplatz Wolfertschwenden“: Zusammenarbeit führt zum Erfolg
Einige Kinder der Grundschule Wolfertschwenden durften zudem an den Lanzen mitarbeiten. Auf die Frage, was sie mit Freiheit verbinden, schrieben sie Stichworte auf das Holz und signierten mit ihren Initialen.
Jeder Bestandteil des Kunstwerks ist ein Unikat. Nicht nur durch die sorgfältige Arbeit beim Verbinden der einzelnen Holzstäbe, sondern auch durch äußere Einflüsse; das Holz arbeitet, verbiegt sich, reagiert auf Temperatur und Wetter.
Bürgermeisterin Beate Ullrich brachte ihre Freude über die gelungene Zusammenarbeit mit der Stadt Memmingen und dem Stadtmuseum zum Ausdruck. Anschließend gab Kulturamtsleiter Sebastian Huber Auskunft über das Projekt und das Jubiläumsjahr. Für Memmingen sei das Jahr 1525 „identitätsstiftend“ gewesen. Trotz des freudigen Anlasses der Vernissage dürfe man nicht vergessen, dass damals viele Bauern ihr Leben lassen mussten, das Kunstwerk sei auch ein Mahnmal. Corinna Malek-Wagner vom Bezirk Schwaben ging auf die Bedeutung der Bauernkriege in Bayerisch Schwaben aber auch deutschlandweit ein. „Unsere Region war ein Hotspot zur damaligen Zeit, insbesondere aber das Allgäu.“ Huber und Malek-Wagner verwiesen beide auf das interregionale Projekt „Freiheit braucht Courage“, welches die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft und verschiedene Akteure vernetzt. Die Vernissage moderierte Regina Gropper, Leiterin des Memminger Stadtmuseums, die auch die Projektleitung für die Kunstinstallation „Lanzenfeld“ übernommen hatte. Die musikalische Umrahmung gestaltete das Rainer von Vielen Akustik Duo aus Krugzell.
Kunstinstallation „Lanzenfeld: Schauplatz Wolfertschwenden“: Zu den Hintergründen
Dr. Veronika Heilmannseder, Historikerin und Kuratorin der Ausstellung, gab eine kurzweilige Zusammenfassung der Geschehnisse um den 11. Juli 1525. Schon zu Beginn des Jahres gab es Tumulte von Bauern, die sich gegen die Herrschaft der Adligen sträubten. In unserer Region bildeten sich drei große Haufen (Anm. d. Red.: Zusammenschlüsse von Bauern, schwach organisierte militärische Truppen), die sich gegen die Obrigkeit, wie etwa Adlige und Reichsstädte, auflehnten. Der Schwäbische Bund setzte Georg III. von Waldburg-Zeil darauf an, den Aufstand des Volkes zu zerschlagen. Nachdem er im März 1525 schon den Baltringer Haufen besiegt hatte, standen noch der Seehaufen aus der Bodenseeregion sowie der Allgäuer Haufen. Im April 1525 wurde mit dem Weingartener Vertrag ein gewaltvolles Aufeinandertreffen zwischen dem Seehaufen und dem Heer des Schwäbischen Bundes vermieden. Der Vertrag verschaffte dem Heer die benötigte Pause, um seine Kräfte aufzustocken. Der letzte große Haufen, bestehend aus den Allgäuer Bauern, sollte ebenfalls bezwungen werden.
Im Juli machte sich Georg von Waldburg-Zeil auf ins Unterallgäu. Auf seinem Zug durch die Region wurden viele Bauern getötet, beraubt und gefoltert. Am 11. Juli 1525 traf er auf der Ebene zwischen Woringen und Wolfertschwenden ein. Die Bauern, unschlüssig ob sie sich zurückziehen oder kämpfen sollten, hatten sich hinter einem Hügel zurückgezogen. Von hier aus wäre auch eine Flucht ins Oberland möglich gewesen, allerdings standen die Chancen für die 3.000 bewaffneten Bauern nicht schlecht. Das Heer von Georg von Waldburg-Zeil zählte rund 6.000 Fußsoldaten und 1.500 Reiter. Am selben Abend noch kam es bei Schrattenbach zur ersten Schlacht. Die von den Bauern angeforderte Hilfe aus den anderen Haufen blieb allerdings aus. Zur Unterstützung von Waldburg war auch Georg von Frundsberg aus Mindelheim mit seinen Truppen angereist. Dieser wollte allerdings erst mit den Bauern verhandeln, was jedoch scheiterte. Mitte Juli folgten die Bauern dem Kapitulationsaufruf des Truchsess Waldburg und ergaben sich.
Kunstinstallation „Lanzenfeld: Schauplatz Wolfertschwenden“: Geschichte erleben
Die Installation kann zu jeder Tageszeit besichtigt werden. Sie lädt auch ein, durch die Lanzen zu laufen und das Kunstwerk so zu erleben. Eine Informationstafel gibt Auskunft zur Geschichte und den Spuren des Bauernkrieges. Das Kunstwerk befindet sich an der Ehwiesmühlstraße, auf der Weide unterhalb von Falken.
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