Putins neues Kriegsgerät: Russlands Panzer-Desaster

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Das Grundmodell des BREM-80U – der BREM-1: Augenfälligste Neuerung an der neuen Version ist der Käfig gegen Drohnen-Angriffe. Aber auch von diesem Hilfs-Panzer sollen nur fünf kampfwertgesteigerte Versionen realisiert worden sein – beinahe symptomatisch für die russische Rüstungswirtschaft (Archivfoto). © IMAGO / verkhovinets

Ein aufgerüsteter Bergepanzer, den Russland nicht verkauft bekommt. Putins Waffenarsenal liegt brach. Die Ukraine kann davon bisher nicht profitieren.

Moskau – „Die moderne Panzerung des Fahrzeugs in Verbindung mit seinen Fähigkeiten zur elektronischen Kriegsführung macht es zu einem beeindruckenden Vorteil auf dem Schlachtfeld“, schreibt Army Recognition. Das Magazin behandelt einen neuen Bergepanzer, den Wladimir Putins Invasionstruppen in den Ukraine-Krieg schicken wollen. Aber der Defense Express legt nahe, das russische Rüstungsgut tauge eher zur Lachnummer.

Der BREM-80U ist die moderne Variante des leichten BREM-Bergepanzers, der auf Basis des Transportpanzers BMP-3 seit den 1990er-Jahren gebaut wird. Die neue Version scheint ukraine-kompatibel konstruiert worden zu sein – aber offenbar wie so oft mit russischen Innovationen: gut gedacht, aber unmöglich umzusetzen. Der aktuell getestete BREM-80U soll zusätzlichen Schutz gegen Drohnen sowie „elektronische Kriegsführungsausrüstung“ verpasst bekommen haben, wie Defense Express schreibt. „Diese Eigenschaften deuten auf Verbesserungen hin, die auf den Erfahrungen des umfassenden Krieges Russlands gegen die Ukraine beruhen“, so das Magazin.

Putins neuer Panzer: Laut Gerüchten verfüge Russland lediglich über fünf dieser verbesserten Versionen

Allerdings will Defense Express wissen, dass Russland lediglich über fünf dieser verbesserten Versionen verfüge. Die sollen noch auf Halde stehen und insofern für die aktuelle Entwicklung des Ukraine-Krieges keine Rolle spielen. Außerdem ist dieses Fahrzeug lediglich beschränkt einsatzfähig – in welcher Version auch immer. Dieser leichte Bergepanzer dient lediglich der Hege und Pflege ebenfalls leichter gepanzerter Fahrzeuge der Typen BTR, BMP und BMD. Für Kampfpanzer ist er zu leichtgewichtig.

„Der wichtigste Faktor hinter dem Exportrückgang ist die Umverteilung der Ressourcen für den inländischen Bedarf, da die oberste Priorität des militärisch-industriellen Komplexes Russlands nun darin besteht, die eigenen Streitkräfte für den militärischen Konflikt mit der Ukraine auszurüsten.“

Defense Express stellt überdies die Frage, ob Russland überhaupt über genügend T-80-Fahrgestelle verfügt, um mehr dieser leichten Bergepanzer an die Front zu schicken. „Die Reserven an T-80 und neueren T-72 gehen zur Neige, aber es gibt immer noch 1.100 T-62, die auf ihre Restaurierung und eine zweite Chance warten, Krieg zu führen“, schreibt David Axe. Da die Produktion neuer Panzer aufgrund des Mangels an Finanzen, Personal und Teilen gefährdet ist, müssen diese Gefechtsfahrzeuge aus den 1960er-Jahren in der russischen Armee Mitte der 2020er-Jahre zwangsläufig eine immer größere Rolle spielen, berichtet der Autor des Magazins Forbes.

Dass der BREM-80U ein totaler Flop sein soll, macht der Defense Express auch daran fest, dass der Export des Rüstungsguts wohl stockt. Das Magazin sieht darin eine Fehlentwicklung aufgrund der Vermutung, „dass ein solches Fahrzeug nicht im Dienst der russischen Armee steht und sogar ein Versuch, es nach Zypern zu verkaufen, fehlschlug“, wie das Magazin schreibt. Tatsächlich hat das russische Magazin Top War bereits Ende 2023 berichtet, dass die zypriotischen Militärs ihre russischen Panzer loswerden wollen – was vor allem die T-80-Panzer betrifft.

Russlands Export-Desaster: Als Rüstungsexporteur hinter USA und Frankreich auf Platz drei zurückgefallen

Tatsächlich hat auch das Magazin Army Recognition Ende vergangenen Jahres berichtet, dass Zypern aus Frankreich nachrüsten will; der Grund liegt in den Auseinandersetzungen Zyperns mit der Türkei. „Dieser Markt ist besonders wettbewerbsintensiv, da Deutschland seine Leopard-Panzer anbietet. Um seine Position zu stärken, hat Frankreich ein breiteres Angebot vorgelegt, das zusätzliche Militärsysteme umfasst“, hatte Army Recognition berichtet. Zypern hatte sein Auge auf den etwas leichteren Kampfpanzer Leclerc geworfen.

Abgesehen vom Hauen und Stechen westlicher Rüstungsfirmen, hat der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen die Ukraine auch spürbare Auswirkungen auf Russlands Rüstungswirtschaft. Dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) zufolge soll Russland 2023 als Rüstungsexporteur erstmal hinter die USA und Frankreich auf Platz Drei zurückgefallen sein – vor China und Deutschland auf den Plätzen vier und fünf. Laut SIPRI beziehungsweise Berichten der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti soll Russland zwischen 2019 und 2023 an Rüstungsgütern nur noch die Hälfte dessen exportiert haben wie zwischen 2014 und 2018. Demnach soll Russland von den 31 Abnehmer-Ländern aus 2019 aktuell nur noch zwölf beliefern.

Wie John CK Daly schreibt, seien die russischen Exporte von Rüstungsgütern zum Ende des Jahres 2024 sogar um 92 Prozent zurückgegangen. Vor der Invasion im Jahr 2022 hätte Russland fast 15 Milliarden Dollar an Rüstungsgütern umgesetzt, im ersten Kriegsjahr nur noch acht, im zweiten Kriegsjahr 2023 drei Milliarden Dollar. Der Grund ist einfach, wie der Analyst des Thinktanks Jamestown Foundation klarstellt: „Der wichtigste Faktor hinter dem Exportrückgang ist die Umverteilung der Ressourcen für den inländischen Bedarf, da die oberste Priorität des militärisch-industriellen Komplexes Russlands nun darin besteht, die eigenen Streitkräfte für den militärischen Konflikt mit der Ukraine auszurüsten.“ Das heißt: Der Krieg kommt Wladimir Putin doppelt teuer zu stehen; weniger Einnahmen stehen höhere Ausgaben gegenüber.

Russlands Rüstung: Inflation, Finanzierungs- und Zahlungsprobleme, Sanktionen und Korruption

Dem Military Watch Magazine zudem habe Russland vor dem Ukraine-Krieg auch den T-90-Panzer eher als Export-Schlager angedacht und wegen des Ukraine-Krieges auf Produktion für eigene Zwecke umstellen müssen. Selbst der T-14 Armata ist mehr ein Parade-Pferd, denn ein kriegstüchtiges Rüstungsgut. Military Watch Magazine schreibt, die grundsätzlichen Probleme mit der Serienreife dieses Fahrzeuges haben zum Umschwenken auf den T-90 geführt.

Das gilt ähnlich für den Kampfjet Su-57. Auch von dem verfügt Russland lediglich über 14 einsatzbereite Exemplare und hätte den Export gern angekurbelt – was aber den Hersteller mit multiplen Hürden konfrontiert, wie Analyst Daly zusammenfasst: Russland „stellt die Su-57 als Spitzentechnologie in Aussicht, die den besten westlichen Waffen ebenbürtig sei. Leider erschweren eine Reihe sich verschärfender Probleme Rosoboronexports Wiedereinstieg in den globalen Rüstungshandel, darunter vorrangige Verpflichtungen gegenüber SVO (Abkürzung für die ,militärische Spezialoperation in der Ukraine‘), Inflation, Finanzierungs- und Zahlungsprobleme, Sanktionen und Korruption – ein Gewirr von Schwierigkeiten, das den Krieg gegen die Ukraine vergleichsweise einfach erscheinen lässt.“

Russlands Ukraine-Krieg kennt keine Gnade: „Das Militär plant Verluste mit ein“

Der BREM-80U ist an sich ein typisches, aber völlig zweitrangiges Beispiel – dieses Hilfsfahrzeug wird weder Russlands Außenhandelsbilanz stärken noch den Ukraine-Krieg entscheiden. Vor allem, weil Russland ohnehin keinen gesteigerten Wert auf das einzelne Fahrzeug legt – geschweige denn auf seine Besatzung.

Laut Ralf Raths habe sich in der Ukraine gezeigt, dass die handwerkliche Qualität der Panzerführung der Russen „abgründig schlecht ist“, wie er sagt. Das lasse die technischen Nachteile des Materials deutlicher werden: „Der russische Panzer ist gegenüber dem westlichen wesentlich rustikaler und kruder. In der Ukraine wird jetzt aber ganz klar, dass die russische Doktrin, die Panzer auch ,verbrauchen‘ zu können, weil man ja mehr davon hat, nicht mehr zu halten ist. Das Militär plant Verluste mit ein“, erläutert der Historiker und Direktor des Deutschen Panzermuseums in Munster auf seinem YouTube-Kanal. Allerdings müssten sich die Verluste in Grenzen bewegen. Für die Ukraine noch mehr als für Russland.

Russlands eingefahrene Doktrin: Einen Panzer abzuschleppen, ist den Russen unbekannt

Einen Panzer abzuschleppen, sei den Russen unbekannt, wie er immer wieder betont – das widerspräche der russischen Doktrin des unbegrenzten Nachschubs an Mensch und Material. Die Besatzungen würden aus einem beschädigten oder zerstörten Panzer ausbooten und einfach in den nächsten umsteigen, sagt Raths. Russische Panzerbesatzungen gingen davon aus, dass die zurückgelassenen Fahrzeuge im Zuge des Vorrückens der Front wieder eingesammelt würden. Das hat sich inzwischen geändert, den Ukraine-Krieg hätte sich Russland anders vorgestellt.

Die Frontlinie in der Ukraine sei eine mehrere Kilometer tiefe Todeszone, erläutertet Gustav C. Gressel. Gepanzerte Fahrzeuge könnten diese Todeszone nur für kurze Zeit befahren. Sie müssten ihre Mission innerhalb von 15 bis 20 Minuten erfüllen und sich dann schnell zurückziehen. Andernfalls würden diese Fahrzeuge zum Ziel massiver Drohnenschwärme oder Artilleriefeuer, erläutert der deutsche Militär-Analyst des Thinktanks European Resilience Initiative Center (ERIC).

Das „Beeindruckende“ am BREM-80U, was Army Recognition herausstellt, ist insofern vielleicht in der Papierform wichtig; auf dem Gefechtsfeld aber eher weniger – was auch Gressel meint: „In der Geschichte der Kriegsführung konnte ein einzelnes Waffensystem nie eine entscheidende Rolle spielen, die das Spiel verändert.“

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