„Gefährlichstes Schlachtfeld aller Zeiten“: F-16 für Juni in der Ukraine erwartet

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Hoffnungsträger für den Freiheitskampf der Ukraine: eine General Dynamics F-16 – zunächst hat der Mehrzweck-Jet einen enorm hohen Symbolwert, sein Kampfwert wird von Experten bezweifelt. (Symbolfoto) © IMAGO / Björn Trotzki

Alle Augen gehen gen Himmel. Die Ukraine hofft inständig auf den vermeintlichen Gamechanger F-16, während Experten warnen: vor den Logistik-Problemen.

Kiew – „Alle Hoffnungen auf Gamechanger waren Seifenblasen – und werden es bleiben“, hat Stefan Reinecke in der taz kommentiert. Das war im August. Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen, und die Ukraine wartet täglich auf das Eintreffen der Verstärkung ihrer Luftwaffe. „Nach Ostern“ sollten die F-16-Kampfflugzeuge aus dem Westen offiziellen Angaben zufolge eintreffen. Das hätte dann irgendwann in den vergangenen vier Wochen sein sollen. Laut Unian sei aber noch kein Termin absehbar – die ukrainische Nachrichtenagentur bezieht sich auf Aussagen von Illia Yevlash gegenüber dem Sender Ranok. Der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe hat gesagt, er könne keine präzisen Angaben über das Eintreffen der Jets im Ukraine-Krieg machen; der Termin sei mehrmals geändert worden.

Juni könnte der nächst mögliche Termin sein. Unian bezieht sich mit diesen Angaben auf eine entsprechende Aussage des ehemaligen litauischen Verteidigungsministers Arvydas Anušauskas – darüber hatte auch das russische Medium Topwar berichtet. Aktuell laufen deshalb die Vorbereitungen der Ukraine, um die F-16 nicht nur effektiv einzusetzen, sondern auch effektiv zu schützen. Ebenso werden die Truppen Wladimir Putins alles daransetzen, den neuen Waffen ihrer Gegner schnellstmöglich ihre Grenzen aufzuzeigen. Möglicherweise aus diesem Grund verstärkt Russland aktuell seine Schwarzmeer-Flotte mit zwei kleineren Schiffen, einem leichter bewaffneten Patrouillenboot sowie einem Raketenschiff, wie das Magazin Defense Express berichtet.

Ukraine: „Der Feind ist nicht bereit, dieses Flugzeug zu bekämpfen“

Diese Verstärkung der Flotte könnte also auch Flugplätze bedrohen: „Die Aufgabe des Schiffes besteht darin, Langstreckenangriffe durchzuführen, da das Schiff über acht vertikale Abschusssysteme 3C14 für die Marschflugkörper Kalibr und P-800 Oniks verfügt“, wie Defense Express schreibt. Die Ukraine bleibt jedoch selbstbewusst: „Der Feind ist nicht bereit, dieses Flugzeug zu bekämpfen“, sagt aktuell Petr Chernik gegenüber der Agentur Unian. Chernik ist Oberst der Reserve der ukrainischen Streitkräfte und gibt sich überzeugt, dass Russland über kein Mittel verfüge, die Überlegenheit der F-16 zu brechen.

Andere Militärs bleiben mit ihrer Euphorie in Deckung: „Sie werden auf jeden Fall einen Einfluss haben. Aber wie immer im Krieg hat die Situation zwei Seiten. Die Russen denken auch über den Moment nach, in dem F-16 in der Ukraine auftauchen werden. Sie bereiten sich darauf vor“, sagte Admiral Rob Bauer Ende März gegenüber dem Magazin Armyinform. Der Berater des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg argumentiert vorsichtig, weil die F-16 eingebettet ist in ein komplexes System, um ihre volle Leistung abrufen zu können. „Dazu ist es notwendig, den Ort ihrer Basis und ihren Standort vorzubereiten.“ Das seien kolossale Aufwendungen bezüglich des Aushebens von unterirdischen Bunkern und Hangars, in denen sie stationiert werden könnten, erläuterte Luftwaffen-Sprecher Illia Yevlash gegenüber dem Sender Ranok, wie Unian berichtet.

„Alle Ukrainer warten auf den Tag, an dem die ersten ukrainischen F-16 in unserem Himmel erscheinen werden.“

Die wirkliche Schwierigkeit liegt nach Nato-Offizier Bauer in den unterschiedlichen Varianten der von den Nato-Ländern gelieferten Jets – erkennbar an den verschiedenen Zusatzbezeichnungen „Block“ – beziehungsweise in deren Logistik. Die Flugzeuge unterliegen vorgeschriebenen Wartungszyklen und sind ausgelegt für eine bestimmte Anzahl von Flugstunden. Beispielsweise hatte Belgien die Lieferung von F-16 Ende vergangenen Jahres abgelehnt – sie seien schlichtweg nicht mehr sicher genug gewesen, wie ein ranghoher belgischer Offizier der belgischen Zeitung De Standaard gegenüber geäußert hatte – darüber berichtet beispielsweise das Online-Medium Euractiv: Demnach hatten der belgische Premierminister Alexander De Croo und die Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder schon Anfang vergangenen Jahres die Lieferung der Flieger kategorisch ausgeschlossen.

Vorsichtiges Belgien: Eigene Maschinen zu alt, um sie in den Ukraine-Krieg zu schicken

„Während De Croo die Notwendigkeit dieser Kampfjets für die nationale Armee und die Nato betonte, sagte Dedonder, dass das Land seine F-16 nicht in die Ukraine schicken könne, weil sie ,am Ende ihres Lebenszyklus‘‘ seien, selbst wenn die USA grünes Licht für die Lieferung geben würden, schreibt Euractiv. Generalleutnant Frédéric Goetynck, von der belgischen Armee sagt laut dem Belgischen Rundfunk- und Fernsehzentrum der Deutschsprachigen Gemeinschaft (BRF), dass Belgien die Maschinen nicht mehr nutzen würde und sie deshalb auch keinem anderen Land überlassen könnte. Ihm zufolge seien die Maschinen so häufig in der Luft gewesen, „dass ihre Struktur einfach abgenutzt ist“, wie er noch im September gesagt hatte.

Demgegenüber soll die Ukraine ausgemusterte Maschinen aus Griechenland erhalten – nach Auffassung des griechischen Magazins Breaking News gilt die Überführung von 32 F-16C/-D Block 30 in die Ukraine als nahezu sicher. Dem Magazin zufolge haben diese Jäger im Laufe ihrer Dienstzeit zwei strukturelle Verbesserungen erfahren und liegen im Durchschnitt bei etwa 60 Prozent ihrer strukturellen Lebensdauer. Für den Nato-Admiral Rob Bauer hängt die Kampfkraft neben der Kompetenz der Piloten aber eben von der Stärke der Lieferkette ab; die Herausforderung, die der Krieg dem Westen sowohl mit den gelieferten Panzern aufnötigte als auch durch den Verbrauch an Munition. „Es geht um den Service“, sagte Bauer gegenüber Armyinform.

„Beispielsweise müssen Teile nach einer bestimmten Anzahl von Flugstunden ausgetauscht werden, nicht erst, wenn sie bereits ausgefallen sind. Und wenn Sie viel fliegen, wie zum Beispiel im Krieg, brauchen Sie diese Teile. Und das Problem ist nicht nur Geld. Sie müssen sicher sein, dass diese Teile in der richtigen Menge produziert werden.“ Bauer fürchtet sich vor einer ähnlichen Diskussion wie mit den westlichen Panzern, die aufgrund ihrer logistischen Notwendigkeiten unter den realen Kriegsbedingungen schlecht geredet werden: „Denn wenn in zwei Wochen die Ersatzteile aufgebraucht sind und die Flugzeuge nicht fliegen können, wird man sagen, die F-16 seien schlechte Flugzeuge. Und das ist nicht wahr!“, betonte Bauer gegenüber Armyinform.

Respekt vor Putin: F-16 auf dem Weg zu ihrem „gefährlichsten Schlachtfeld aller Zeiten“

Die F-16 würden sich in der Ukraine „ihrem gefährlichsten Schlachtfeld aller Zeiten stellen müssen“, titelt aktuell der Businessinsider unter Bezug auf Aussagen von ehemaligen US-Piloten; denen zufolge hätten sich die F-16 in ihren Einsätzen im Nahen Osten und auf dem Balkan veralteter russischer Luftabwehr gegenüber gesehen – dies sei jetzt anders. Laut dem Verteidigungsanalysten und ehemaligen US-Marineflieger Brynn Tannehill verfüge Russland über „unzählige Möglichkeiten, diese F-16 zu entdecken“, wie er dem Businessinsider gegenüber geäußert hat.

Dessen Quellen zählen vor allem die russischen S-300- und S-400-Luftabwehrraketen zu den größten Bedrohungen der F-16 sowie die Su-35-Jagdbomber und Mig-31-Abfangjäger mit ihren Luft-Luft-Raketen. Am bedrohlichsten allerdings erscheint den Analysten die Enge des Gefechtsfeldes zu sein. Den Analysten fehlt der Raum, in denen sich die F-16 ihren Zielen nähern könnten. Sie befürchten, dass die russische Luftaufklärung ausgefeilt genug ist, um die F-16 relativ zügig nach ihrem Start zu lokalisieren.

Sie befürchten ebenfalls, dass auch die Russen gerade damit beschäftigt sind, was Präsident Wolodymyr Selenskyj, laut Newsweek, Anfang des Jahres über sein Volk gesagt hat: „Alle Ukrainer warten auf den Tag, an dem die ersten ukrainischen F-16 in unserem Himmel erscheinen werden.“ (KaHin)

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