Merz unter Druck: CDU-Zweifel nach Koalitionsverhandlungen – ein Notausgang bleibt ihm

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Weil die Gespräche von Union und SPD zäh sind, gerät Merz unter Druck. Sollten die Koalitionsverhandlungen scheitern, bleibt ihm eine Option.

Berlin – Eigentlich hatte Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) auf eine schnelle Einigung in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD gehofft. Daraus scheint nichts zu werden. CDU, CSU und SPD liegen bei wichtigen Themen wie Schulden, Steuern und Sozialreformen weit auseinander. Zeitgleich wächst der Frust über die Kluft zwischen den Union-Wahlversprechen und dem, was CDU und CSU gegen die Sozialdemokraten durchsetzen können, berichtet die FAZ.

Merz und insbesondere CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatten vor der Bundestagswahl ihren Wählerinnen und Wählern versprochen, dass sie zur Entlastung des Bundeshaushaltes zunächst Einsparpotentiale suchen und Bürokratie abbauen. Erst dann wolle man über zusätzliche Schulden und eine Reformation der Schuldenbremse sprechen. Merz´ Marschrichtung war bereits eine Woche nach der Wahl Makulatur. Mittlerweile haben Union, SPD und Grüne ein milliardenschweres Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur beschlossen.

Merz nach Koalitionsverhandlungen unter Druck: CDU-Unmut wächst

Mit dem Schuldenpaket konnte der mögliche künftige SPD-Juniorpartner seine Interessen in den Koalitionsverhandlungen bereits durchsetzen. Von der Union geplante Steuersenkungen und eine Wirtschaftswende sind noch nicht in Sicht.

In der CDU wächst bereits der Verdruss, schrieb die FAZ. Selbst Wähler und Geldspender sollen sich bereits bei Abgeordneten beschwert haben. In vertraulichen Gesprächen klängen Sorgen über das Verhandlungsgeschick ihres Kanzlerkandidaten Merz durch. Hingegen attestieren Beobachter den Sozialdemokraten ein besseres Händchen in den Gesprächen. Die SPD weiß: Merz kann nur mit ihrer Hilfe Kanzler werden.

Allerdings stimmt diese Schlussfolgerung nicht. Denn: Das deutsche Grundgesetz ermöglicht eine Minderheitsregierung. Weniger als 50 Prozent der Abgeordneten im Deutschen Bundestag könnten Merz zum Kanzler wählen. In Artikel 63 der Verfassung heißt es: Für den ersten Versuch braucht Merz „die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages“. Klappt das nicht, ist „binnen vierzehn Tagen“ ein zweiter Wahlversuch zu unternehmen.

Option bei fehlender Mehrheit mit der SPD: Wie Merz doch noch Kanzler werden könnte

Für diesen Fall sieht die Verfassung folgende Option vor: „Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.“ Das bedeutet: Als größte Fraktion könnte die Union Merz zum Kanzler machen. Im Anschluss hätte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zwei Möglichkeiten: Merz binnen sieben Tagen zum Regierungschef zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen. Auf Letzteres würden Neuwahlen folgen.

CDU-Chef Friedrich Merz in der Sondersitzung im Deutschen Bundestag zur angestrebten Änderung des Grundgesetzes.
Hofft auf eine Koalition mit der SPD: CDU-Chef Friedrich Merz. © IMAGO / photothek

Sollte Merz mithilfe einer Minderheit regieren, wäre er fortan für jedes Gesetz auf wechselnde Mehrheiten angewiesen. Das würde den CDU-Chef erpressbar machen. Der Vorteil einer Minderheitsregierung wäre das bereits beschlossene Schuldenpaket, auf das Merz zurückgreifen kann. Zudem würde seine Fraktion alle Ministerposten besetzen. (Jan-Frederik Wendt)

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