Umsturz in Syrien: Welche Staatsform will al-Dscholani nach Assad?
Der syrische Rebellenführer Abu Mohammed al-Dscholani hat den Sturz von Assad angestoßen. Welche Pläne hat er für Syrien?
Damaskus – Der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad war das große Ziel von Abu Mohammed al-Dscholani. Er ist der Chef von Hajat Tahrir al-Scham (HTS), eines früheren Zweigs von al-Quaida. Die Gruppe sagte sich allerdings vor Jahren offiziell von dem Terrornetzwerk los. Wie geht es in Syrien jetzt weiter?
CNN: Al-Dscholani betreibt nach Assad-Sturz in Syrien „Charmeoffensive“
Al-Dscholani betonte in einem Interview mit dem US-Sender CNN, dass das Ziel von HTS darin besteht, eine Regierung zu etablieren, die von Institutionen und einem „vom Volk gewählten Rat“ bestimmt wird. Er fügte hinzu, dass es ihnen um „einen Staat mit Regierungsgewalt und Institutionen“ geht. CNN interpretiert diese Aussagen jedoch auch als Teil einer „Charmeoffensive“ al-Dscholanis, die seine extremistischen Wurzeln verschleiern solle.
Seit seiner Trennung von al-Quaida im Jahr 2016 hat al-Dscholani versucht, sein Image zu verbessern. Er zeigte sich immer seltener mit dem Turban der Dschihadisten, den er zu Beginn des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2011 trug. Doch trotz dieser Bemühungen wird HTS von Experten und westlichen Regierungen weiterhin als Terrorgruppe eingestuft.

Experte sieht mit al-Dscholani „pragmatischen Radikalen“ in Syrien
Thomas Pierret, Wissenschaftler am französischen nationalen Forschungsinstitut CNRS, bezeichnete al-Dscholani im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP als „pragmatischen Radikalen“. Er betonte, dass al-Dscholani 2014, als er versuchte, sich gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) durchzusetzen, auf dem Höhepunkt seiner Radikalität war. Seitdem habe der HTS-Chef „seine Rhetorik gemildert“.
Al-Dscholani trennte sich von al-Quaida, um dem Westen keinen Anlass zu geben, seine Organisation anzugreifen. Laut Pierret hat er seitdem versucht, sich als „aufstrebenden Staatsmann“ zu positionieren.
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Syrien nach Assad: Viele Einwohner gegenüber al-Dscholani skeptisch
Die BBC weist darauf hin, dass HTS in den letzten Jahren versucht hat, sich als nationalistische Kraft in Syrien zu etablieren. Ihre jüngsten Botschaften waren von einem diplomatischen und versöhnlichen Ton geprägt. Viele Einwohner sind jedoch skeptisch und fragen sich, was die Islamistengruppe nach dem Sturz Assads vorhat, so der britische Sender.
Aron Lund vom Politikinstitut Century International äußerte gegenüber der AFP: „Je weniger Panik auf lokaler und internationaler Ebene herrscht und je mehr al-Dscholani wie ein verantwortungsbewusster Akteur und nicht wie ein toxischer Dschihad-Extremist erscheint, desto einfacher wird seine Aufgabe.“ Allerdings fügte der Experte hinzu: „Ist er völlig aufrichtig? Sicherlich nicht.“ (frs mit AFP)