Viele Importe aus dem Ausland - Dunkelflaute dauert an: Deutschland muss sich wohl an Stromimporte gewöhnen

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IMAGO/NurPhoto Okay zum Rodeln, schlecht für erneuerbare Energien: das derzeitige Wetter in Deutschland.
Donnerstag, 16.01.2025, 17:02

Deutschland erlebt die nächste Dunkelflaute dieses Winters. Solarenergie und Windräder produzierten teils nur einen Bruchteil der installierten Leistung. Strom verteuert sich deutlich, das Land muss Energie von seinen Nachbarn einkaufen. Obwohl wir uns daran wohl gewöhnen sollten, muss das kein Nachteil sein.

Die Dunkelflaute der vergangenen Tage trieb mal wieder den Strompreis in die Höhe: Der Preis pro Megawattstunde stieg an der Börse in der Spitze auf knapp 320 Euro – rund das Vierfache des langfristigen Durchschnitts von 80 Euro. Es ist nicht die erste Dunkelflaute der vergangenen Wochen. Anfang November und Anfang Dezember stiegen die Börsenpreise für Strom sogar noch höher. RWE-Chef Markus Krebber forderte die Bundesregierung auf, zügig mehr Kraftwerke zu bauen.

Wer angesichts dieser Zahlen fürchtet, dass bei ihm bald das Licht ausgeht oder der Strom verteuert, kann sich laut Branchenkennern aber entspannen. Die Gefahr der viel zitierten Brownouts beschreiben sie als minimal. Warum, erklären fünf Punkte.

 
 
 

1. Die Dunkelflaute dauert wohl an, bleibt aber verkraftbar

Weil die Sonne im Winter selten und schwach scheint, bestimmt derzeit vor allem der Wind, welchen Teil seines Stromverbrauchs Deutschland selbst deckt. Die Daten seit Jahresbeginn zeigen: An windigen Tagen importiert Deutschland keinen Strom. An Tagen ohne Wind schon.

Der Wind dürfte weiter schwach wehen, sagt  Jan Schenk vom Weather Channel. Die aktuellen Wettermodelle deuten auf Hochdruck bis Ende Januar hin. „Das heißt, dass es in Deutschland nur sehr schwachen bis gar keinen Wind geben wird.“ Eine durchgreifende Wetteränderung sei vor dem 25. Januar nicht in Sicht. Womöglich könne sie auch danach vorerst ausbleiben.

Die gute Nachricht: Trotz der bislang ungünstigen Wetterlage hat die Bundesrepublik den Großteil ihres Stromverbrauchs selbst gedeckt. Im Durchschnitt rund vier Prozent seines Stroms importiert Deutschland seit 1. Januar dieses Jahres. Rund 96 Prozent erzeugt es selbst. Die Dunkelflaute stellt das Land also nicht vor unlösbare Probleme. Das sehen auch die meisten Branchenkenner so.

 
 
 

Die Sonne könnte außerdem bereits am Wochenende wieder häufiger scheinen, sagt Wetterexperte Schenk. Diese bringe trotz schwacher Wintersonne etwas Entlastung. Auf der Nordsee und in Norddeutschland, wo Deutschlands größte Windparks stehen, könne der Wind Ende nächster Woche auch wieder stärker wehen. Wegen der weiter nicht ausreichenden Stromtrassen bekommt das Land diesen Strom allerdings nicht bis in den Süden.

 
 
 

3. Deutschland könnte mehr Strom herstellen, will aber nicht

Stromimporte bedeuten längst nicht immer, dass in Deutschland der Strom knapp wird, betonen Branchenkenner. Oft erzeugt in diesen Situationen das Ausland Strom billiger als die Bundesrepublik. Diesen einzukaufen ist günstiger, als ihn hier herzustellen.

Das sei kein Versagen der Bundesrepublik. Das Stromnetz sei gezielt europäisch gedacht. Jeder profitiere, wenn sich die Länder ihre Ressourcen teilen, statt alle ihre eigene Suppe zu kochen: mehr Stabilität, günstigere Preise.

„Wir sollten uns an Importe gewöhnen“, urteilte das Institut der Deutschen Wirtschaft bereits im Sommer 2024. Sie seien kein Grund zur Sorge. Sie machten die Versorgung effizienter, günstiger und klimafreundlicher.

4. Strom wurde 2024 günstiger

Trotz viel Aufriss um stundenweise Preisspitzen: Im Vergleich zum Vorjahr sank der durchschnittliche Strompreis an der Börse 2024 um rund 17 Prozent von 95 auf 79 Euro. Die Zeit, in der Strom an der Börse mehr als 100 Euro je Megawattstunde kostete, halbierte sich fast von 4106 auf 2296 Stunden. Zeigen hohe Strompreise Risiko an, gleichen diese Zahlen einem Vertrauensbeweis in das Netz.

Allerdings stimmt auch: Diese Durchschnitte entstanden vor allem, weil sich Strom von Januar bis Oktober enorm vergünstigte. Im November und Dezember kostete die Megawattstunde an der Börse im Jahr 2024 deutlich mehr als im Jahr 2023.

 
 
 

5. Kurzfristige Schwankungen treffen wenige Kunden

Für die meisten Stromkunden in Deutschland spielen diese kurzfristigen Preisschwankungen ohnehin keine Rolle. „Hohe Preise am Spotmarkt der Strombörsen haben bei den in Deutschland vorherrschenden Vertrags- beziehungsweise Tarifstrukturen keinen wesentlichen Einfluss auf die Endkundenpreise", sagt Dr. Felix Christian Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik in der Abteilung Energie und Klimaschutz am Öko-Institut in Berlin.

  • Wer einen festen Stromtarif mit Preis pro Kilowattstunde besitzt, zahlt diesen festen Preis. Egal was an der Börse passiert.
  • Stromanbieter kaufen Strom meist mit mittel- oder langfristigen Verträgen. Auch für sie spielen kurzfristige Preisschwankungen eine untergeordnete Rolle.

Wichtig für Endkunden bleibt die langfristige Preisentwicklung. Die zeigt, nach dem Preissprung durch die Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs, nach unten.

Kurzfristige Schwankungen im Auge behalten sollten Kunden mit variablen Stromtarifen. Diese richten die Preise für den Strom an der Steckdose nach dem Preis an der Börse. Gerade wer das Elektroauto über Nacht lädt, sollte Preisschwankungen daher im Auge behalten. Apps können dabei helfen.

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