Putins Anhänger nicht begeistert: Rapper aus Russland nach Party verhaftet

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Promi-Party in Russland erzürnt Putins Gefolge: Staat greift knallhart durch – „Abschaum“

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Eine private Feier schlägt in Russland Wellen. Die Besucher werden in der Öffentlichkeit diskreditiert. Der Ukraine-Krieg verändert das Leben in Russland.

Moskau - Eine frivole Party mit Prominenten in Moskau hat bei russischen Politikern und Strafverfolgungsbehörden Empörung ausgelöst. Dies zeigt deutlich den konservativen und antiliberalen Kurs, den Wladimir Putins Russland eingeschlagen hat.

Am 20. Dezember veranstaltete die Bloggerin und Fernsehmoderatorin Nastya Ivleeva eine „Fast-Nackt-Party“ im Moskauer Nachtclub Mutabor. Das berichtet die britische BBC. Entsprechend dem Motto seien die teilnehmenden Popstars und Prominente eher spärlich bekleidet gewesen - Netz, Spitze und Dessous hätten vorgeherrscht. Der russische Rapper Vacio (bürgerlich: Nikolai Vasiliev) sei gar nur mit Turnschuhen und einer strategisch platzierten Socke erschienen. Also alles so, wie man es bei einer „Fast-Nackt-Party“ erwarten würde - zumindest fast.

„Fast nackt“ in der Öffentlichkeit - Besuch einer privaten Feier wird in Putins Russland zum Politikum

Eigentlich sei die Party privat gewesen, heißt es im Bericht. Dennoch sei sie im Laufe der Nacht durch Fotos und Videos in den sozialen Medien öffentlich geworden - mit ungeahnten Folgen. Vacios Socke sei plötzlich die berühmteste Russlands gewesen, allerdings nicht auf eine erfreuliche Art. Kreml-freundliche Blogger, Abgeordnete und Aktivisten, die den Ukraine-Krieg unterstützen, seien wütend gewesen. Wie konnten Prominente so feiern, während russische Soldaten bei der „militärischen Sonderoperation“ ihr Leben aufs Spiel setzten, so der Tenor. „Keiner konnte sich vorstellen, was für ein Chaos daraus entstehen würde“, wird ein Besucher der Party von der britischen Zeitung The Guardian zitiert.

Die „Fast-Nackt-Party“ im Moskauer Nachtclub Mutabor war Putins Anhänger ein Dorn im Auge.
Die „Fast-Nackt-Party“ im Moskauer Nachtclub Mutabor war Putins Anhänger ein Dorn im Auge. © IMAGO/Mikhail Tereshchenko

Denn spätestens damit sei die Party für die Teilnehmer vorbei gewesen. Rapper Vacio sei verhaftet und wegen „ungebührlichen Verhaltens“ für 15 Tage ins Gefängnis gesteckt worden. Zudem sei er wegen „Förderung nicht-traditioneller sexueller Beziehungen“ zu einer Geldstrafe von 200.000 Rubel (etwa 2000 Euro) verurteilt worden. Auch andere Partybesucher müssten sich vor Gericht verantworten. Die Organisatorin der Party, Ivleeva, müsse mit rechtlichen Schritten rechnen. Mehr als 20 Personen hätten eine Sammelklage unterzeichnet, in der sie von ihr die Zahlung einer Milliarde Rubel (ca. 10 Millionen Euro) fordern. Das Geld solle an die Stiftung „Verteidiger des Vaterlandes“ gehen, eine Organisation, die Geld an Teilnehmer der „Sonderoperation“ des Kremls spende.

„Diese Bestien, dieser Abschaum“ - Konzerte abgesagt und Werbeverträge gekündigt

„Es herrscht Krieg im Land, aber diese Bestien, dieser Abschaum, organisieren das alles, diese Bestien, die sich nicht darum scheren, was vor sich geht“, so Wladimir Solowjow, ein bekannter russischer Fernsehpropagandist, in einem Post auf Telegram. Die Stimmung im Land war eindeutig gegen die Prominenten gekippt. In der Folge wurden vielen, die an der Party teilgenommen hatten, Konzerte abgesagt und Werbeverträge gekündigt, wie der Guardian berichtet. Zudem sei berichtet worden, dass einige der Stars aus den aufgezeichneten Silvester-Unterhaltungssendungen des russischen Fernsehens herausgeschnitten werden, so die BBC.

Im Nachgang hätten sich die prominenten Partygäste dann - einer nach der anderen - in den sozialen Medien zu Wort gemeldet. - Einige hätten sich für ihre Teilnahme zu entschuldigt, andere, betont, dass sie nichts falsch gemacht hätten. „Man sagt, dass Russland zu vergeben weiß. Wenn dem so ist, möchte ich Sie, das Volk, um eine zweite Chance bitten“, so Organisatorin Ivleeva in ihrer Video-Entschuldigung am Mittwoch (27. Dezember). „Wenn die Antwort nein lautet, dann bin ich bereit für meine öffentliche Hinrichtung. Ich werde nicht zurückschrecken. Ich bin zu jedem Ergebnis bereit.“

„Moskau ist Tschetschenien ähnlich geworden“ - Putins Russland wird zunehmend illiberal

Einige hätten die Serie von öffentlichen Entschuldigungsvideos mit einer berüchtigten Praxis verglichen, die zuerst in Tschetschenien von dem skrupellosen Führer der Region, Ramsan Kadyrow, eingeführt worden sei, so der Guardian. Dieser zwinge Kritiker seit langem dazu, sich vor laufender Kamera auf demütigende Weise zu entschuldigen. „Moskau ist Tschetschenien ähnlich geworden: öffentliche Entschuldigungen von Parteimitgliedern, die vor Angst zittern, Steuerprüfungen, die Aussicht auf Strafverfahren“, schrieb Alexander Rodnyansky, ein ukrainischer Produzent, auf Instagram.

Überhaupt sei der Skandal Teil einer wachsenden Bewegung, die der Kreml in seinem Bemühen um die Förderung so genannter „traditioneller Werte“ in Gang gesetzt hat, so die Zeitung. Wladimir Putin hat eine Reihe von repressiven antiliberalen Gesetzen eingeführt, die seine nationalistische Agenda anheizen sollen.

Deutliche Abweichung von der Atmosphäre der Normalität - das russische Leben ist „keine Party mehr“

Zudem sind die Vorkommnisse eine deutliche Abweichung von der Atmosphäre der Normalität, die die Behörden in den ersten Monaten nach dem Einmarsch Russlands zu fördern versuchten. Eine Zeit lang hatte der Kreml betont, dass der Krieg das tägliche Leben der Menschen nicht verändern würde. Viele im Land würden eine Art von Eskapismus betrieben und sich entschieden, nicht an die Kämpfe in der Ukraine zu denken.

In einem Beitrag in den sozialen Medien fasste der im Exil lebende russische Oppositionsaktivist Maxim Katz die Ereignisse wie folgt zusammen: „Früher gab es einen einfachen Gesellschaftsvertrag mit Leuten, die auf solche Partys gingen: Mach, was du willst, solange du loyal bleibst.“ Aber das Leben sei „keine Party mehr“. Diese „pompösen Veranstaltungen“ stünden im Gegensatz zur Realität. In einem Land, das Krieg führe, könne man „nicht leichtfertig feiern“. (tpn)

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