„Die Riester-Rente ist ein Desaster“ – Millionen Verträge gekündigt
Es gibt immer weniger Riester-Verträge. Viele Kunden sind von den niedrigen Renditen enttäuscht. Eine Untersuchung zeigt die Details.
Berlin – Die Riester-Rente gilt seit längerer Zeit als überholungsbedürftig. Die Renditen seien zu klein, das Produkt zu unverständlich. Um sich die Einzahlungen zu sparen, frieren Kunden ihre Verträge ein – oder kündigen sie gleich ganz. Das führt jedoch zu hohen Nachzahlungen, im Schnitt 1.900 Euro pro Vertrag. Eine neue Analyse zeigt deutlich, dass viele Kunden die Geduld mit Riester verlieren.
Einbrüche bei der Riester-Rente – Millionen Verträge gekündigt
Mit der Riester-Rente geht es bergab. Das jedenfalls soll eine Analyse des Internetportals Finanztip zeigen, über die die Süddeutsche Zeitung bereits vorab berichtete. Eines der Kernergebnisse: Hunderttausende Deutsche sollen in den vergangenen Jahren ihre Riester-Verträge gekündigt haben, viele weitere hätten die Zahlungen in ihren Riester-Vertrag eingestellt und ihn somit eingefroren – sie müssen sich im Alter auf vergleichsweise kleine Rentenauszahlungen einstellen.
„Die Riester-Rente ist ein Desaster“, zitierte die Süddeutsche Hermann-Josef Tenhagen, den Geschäftsführer von Finanztip. Und das, „obwohl wir dieses Modell mit viel Steuergeld füttern“. Im Zuge der Analyse hatte Finanztip aktuelle Zahlen zu Riesterverträgen beim Bundessozialministerium, dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) und bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) angefragt. Ein weiteres Kernergebnis: 4,6 Millionen Verträge existieren angeblich nicht mehr. Diese Summe entspricht einem Viertel aller Riester-Verträge, die Sparer bis Ende 2023 abgeschlossen hatten. Viele von ihnen sollen die Kunden aufgekündigt haben, in der Amtssprache „förderschädlich beendet“.

Damit dürfte die Gesamtzahl aller jemals abgeschlossenen Riester-Verträge gemeint sein, denn laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) laufen derzeit (Stand 27. Mai 2024) nur etwa 10,25 Riester-Versicherungsverträge. Dazu kommen 1,6 Millionen Wohn-Riester-Verträge, 3,1 Investmentfondsverträge und 511.000 Banksparverträge. Wichtig: Da ein einzelner Deutscher mehrere Riester-Verträge besparen kann, gibt die Anzahl der aktuell existenten Verträge nur bedingt Aufschluss darüber, wie viele Sparer es tatsächlich gibt.
Enttäuschung bei der Riester-Rente – Versicherte finden Rendite zu gering
Das mag kleinteilig klingen, aber Riester besteht aus den soeben aufgezählten Sparten. Grundsätzlich handelt es sich bei der Riester-Rente um eine wahlweise private oder betriebliche Altersvorsorge, die der Staat mit verschiedenen Zulagen und Steuervorteilen fördert. Pro Jahr, so schreibt die Deutsche Rentenversicherung (DRV), beträgt die Grundzulage pro Person 175 Euro. Für alle unter 25-Jährigen gibt es die Möglichkeit auf eine einmalige Zulage über 200 Euro.
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Außerdem können Riester-Sparer (also diejenigen, die in einen Riester-Vertrag einzahlen) ihre Riester-Beiträge von der Steuer absetzen. Die Höhe des Steuervorteils hängt allerdings vom Einkommenssteuersatz ab. In der Regel zahlen Riester-Sparer bis zu ihrem Renteneintritt entweder monatlich, vierteljährlich oder jährlich Beiträge in den Vertrag ein – die Höhe der Eigenleistung können sie dabei selbst bestimmen oder verändern. Allerdings gilt: Um die staatliche Förderung zu erhalten, müssen Sparer mindestens einen Sockelbeitrag von 60 Euro pro Jahr einzahlen.
Die volle Riester-Zulage gibt es nur dann, wenn sie mindestens einen Eigenbeitrag in Höhe von vier Prozent des (beitragspflichtigen) Einkommens einzahlen. Maximal können das 2.100 Euro sein, abzüglich Grund- und Kinderzulage. Laut der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistung (BaFin) sagen Anbieter von Riester-Produkten ihren Sparern zu, ihnen zu Beginn der Auszahlungsphase mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge und die staatlichen Zulagen zur Verfügung zu stellen.
Weitere Einzelheiten legt das Einkommenssteuergesetz fest.
Reform bei der Riester-Rente – Bundesregierung erwartet steigende Auszahlungen
Die Riester-Rente gilt bereits seit Jahren als Problemkind der Bundesregierungen. Viele Kunden frieren die Verträge ein, um sie vorübergehend nicht besparen zu müssen, oftmals unwissend, dass allein diese Maßnahme bereits zu Verlusten bei den staatlichen Zuschüssen führen kann. In der Konsequenz folgt in der Auszahlungsphase die Enttäuschung über geringere Auszahlungsbeträge. Auch gilt sie als zu bürokratisch und zu unverständlich.
Die Bundesregierung verspricht darum regelmäßig, die Riester-Rente zu reformieren. Auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion hin gab die Bundesregierung noch im Juli 2024 an, „steigende Auszahlungsbeiträge bei Riester-Renten“ zu erwarten. Die Zahl der Leistungsempfänger mit längeren Ansparphasen soll steigen. Die durchschnittliche Riester-Rente liege aktuell bei 132 Euro im Monat.
Zudem gibt es nun endlich konkretere Pläne, die private Altersvorsorge zu reformieren: „Die Bundesregierung wird den von der Fokusgruppe private Altersvorsorge gemachten Vorschlag eines förderfähigen, zertifizierten Altersvorsorgedepots, das in Fonds oder andere geeignete Anlageklassen ohne Beitragserhaltungsgarantie investiert werden kann, umsetzen. Auch Produkte mit Garantien sollen weiterhin angeboten werden können.“