Putins Ukraine-Angebot ein Trick? Experten entlarven Militär-Falle

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Putin will keinen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg. Trump stimmt zu. Laut Experten steckt hinter Russlands territorialem Vorschlag womöglich ein Trick.

Anchorage – Nach dem Alaska-Treffen wird Wladimir Putin nicht nur in Russland als Sieger der Verhandlungen gefeiert. Nach und nach sickern jedoch immer mehr Ergebnisse durch. Demnach konnte Donald Trump doch etwas Bewegung in die Lage im Ukraine-Krieg bringen. Allerdings sehen US-Experten ein großes Problem an den Ergebnissen aus Alaska.

Putins Angebot für die Ukraine könnte eine Falle sein.
Putins Angebot für die Ukraine könnte eine Falle sein. © IMAGO/Gavriil Grigorov

Bei den Abschluss-Statements von Trump und Putin nach ihrem fast dreistündigen Gespräch schien es zunächst gar keine handfesten Ergebnisse zu geben. Putin beharrte auf seinen maximalistischen Forderungen und wiederholte russische Kriegs-Floskeln über die Ursachen des Konflikts. Trump nannte gleich gar keine Details.

Trump und Putin sprechen über Ukraine-Gebiete: Deal-Vorschlag aus Moskau sickert durch

Dann sickerte durch: Trump stellt sich in einem Punkt auf Putins Seite. Es soll keinen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg geben. Russland wolle stattdessen lieber direkt Friedensverhandlungen starten. Ein Tiefschlag für die Ukraine und vor allem Europa. Denn Merz und Co hatten Trump eine Waffenruhe als Grundlage für jede weitere Verhandlung mit auf den Weg gegeben. Der Krieg geht also unvermindert weiter.

Später sickerte dann durch, dass Trump und Putin auch einen Ansatz zu der territorialen Aufteilung der Ukraine besprochen hatten. Bloomberg berichtete unter Berufung auf Insider: Trump habe den europäischen Regierungschef nach dem Treffen mitgeteilt, dass Putin die gesamten Oblaste Donezk und Luhansk für Russland wolle. Die Frontlinie in Saporischschja und Cherson solle faktisch eingefroren werden. Für diese Oblaste soll ein begrenzter Waffenstillstand ohne bekannten Zeitrahmen angeboten worden sein, berichtet das ISW. Details bleiben aber unklar.

Doch laut den Experten des Institute for the Study of War (ISW) hat Putins Angebot einen gewaltigen Haken. Denn ohne einen vollständigen Waffenstillstand in allen Kriegszonen wäre das ukrainische Militär nicht in der Lage, einen sicheren und geordneten Rückzug aus der Oblast Donezk zu organisieren, wie Putin es fordert. Selbst wenn die Ukraine Putin dieses enorme Zugeständnis in Donezk machen würde, so die Experten, würde ein Rückzug ohne Waffenstillstand „sowohl für die sich zurückziehenden ukrainischen Streitkräfte als auch für die ukrainischen Streitkräfte in den rückwärtigen Gebieten der Oblast Charkiw große Risiken bergen.“

Putins Ukraine-Vorschlag hat laut US-Experten gewaltigen Haken

Hintergrund: Die Frontlinie in Donezk verläuft weit entfernt vom wichtigen zentralen Verteidigungsgürtel der Ukraine. Mit einem begrenzten Waffenstillstand nur in Donezk liefen die sich zurückziehenden Ukrainer Gefahr, durch russische Bodenangriffe und Beschuss „sowohl von vorrückenden Truppen in der Oblast Donezk als auch von Truppen an der Flanke der Oblast Charkiw“ bedroht zu werden.

Ein Ukraine-Kompromiss bahnt sich an:

Als Voraussetzung für ein Kriegsende hat Putin zudem erneut über die Beseitigung der „Grundursachen“ des Ukraine-Kriegs genannt. Dazu zählt die Nato-Osterweiterung. Russland will die Ukraine nicht in der Nato sehen. Der Westen und die Ukraine fordern aber robuste Sicherheitsgarantien für Kiew. Hier bahnt sich eine Lösung an: Die USA haben den Vorschlag Italiens begrüßt, der Ukraine Sicherheitsgarantien nach Standard der Artikel-5-Vereinbarung der Nato zu gewähren – also bei einem Angriff voll zu helfen, wie wenn ein Nato-Land angegriffen werde. Allerdings soll die Ukraine dennoch nicht offiziell Teil der Nato werden. Offenbar ist Russland zu diesem Deal bereit. Die USA wiederum sind bereit, die Garantien zu gewähren. Dies nannte Friedrich Merz die positivste Entwicklung durch das Alaska-Treffen.

Ein so großer Rückzug würde zudem große Militär-Karawanen auf zentralen Straßen und in Verteidigungsanlagen in der Ukraine produzieren. Diese könnte Russland dann relativ leicht nach Ablauf des begrenzten Waffenstillstands angreifen, so das ISW.

Die Folgen für die Ukraine wären laut ISW verheerend:

  • Die möglichen Angriffe nach und bei einem Rückzug würden die Ukraine laut ISW massiv schwächen. Vor allem, um eine neue Verteidigung gegen mögliche weitere russische Angriffe aus dem Oblast Donezk heraus aufzubauen.
  • Russlands Truppen würden die abziehenden Ukrainer wohl auch auf ihrer Flucht verfolgen und sie dabei behindern, neue Verteidigungsanlagen in Charkiw zu errichten.
  • Russlands Truppen in Donezk würden wahrscheinlich auch Feuerunterstützung aus besetzten Gebieten in Charkiw erhalten, „was den Rücken der sich zurückziehenden ukrainischen Streitkräfte zusätzlich bedrohen würde“.
  • Diese russischen Angriffe würden es der Ukraine laut ISW unmöglich machen, ihre Stellungen am Ostufer des Flusses Oskil zu halten. Dadurch könnten russische Truppen von Donezk und Luhansk aus weiter in der Region Charkiw vordringen.

Trump jubelt: Putins Vorschlag würde Ukraine massiv schwächen – Experten entlarven Militär-Trick

Das Fazit der Militärexperten: Ein partieller Waffenstillstand, der nicht auch für russische Einheiten in Charkiw und Luhansk gilt, würde nicht ausreichen, um den sicheren Abzug der Ukrainer aus Donezk zu gewährleisten.

Zudem würde der Rückzug die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine im Ganzen massiv schwächen. Die Übergabe von Donezk würde Russland demnach in eine „hervorragende Position“ bringen, um weiter in der Ukraine anzugreifen. Putin würde einen langen, blutigen Kampf in Donezk vermeiden und könnte Truppen und Waffenbestände sammeln. Die Übergabe der gesamten Region würde Russland zudem Teile des ukrainischen „Festungsgürtels“ überlassen. An diesem scheitert Russland seit 2022. Mit dem Vorschlag bekäme Putin sie geschenkt.

Um ein weiteres Vordringen Russlands nach der Gebietsübergabe abzusichern, brauche es dann laut ISW eine große Zahl von internationalen Truppen. Eine Entsendung dieser erscheint aber unrealistisch, mangels eines allgemeinen Waffenstillstandes. Somit hätte Russland durch die Übergabe ohne Waffenstillstand alle Trümpfe in der Hand, die Ukraine weiter und weitaus effektiver anzugreifen. Hinter Putins Vorschlag könnte also laut den Experten militärisches Kalkül stecken.

Daneben würden „hunderttausende weitere ukrainische Zivilisten unter russische Besatzung“ fallen. (rjs)

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