Klingbeil unter Druck: Neuverschuldung wird zur großen Belastung

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Finanzminister Klingbeil plant mit Rekordschulden. Die Finanzierungslücke ist enorm. Es hagelt Kritik aus der Opposition. Der Steuerzahlerbund warnt.

Berlin – 850 Milliarden Euro neue Schulden bis 2029, und trotzdem gibt es riesige Finanzierungslöcher: In der Finanzplanung von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) klafft trotz geplanter Rekordschulden eine erhebliche Finanzierungslücke in dreistelliger Milliardenhöhe für die kommenden Jahre. Regierungskreise berichteten am Montag (28. Juli 2025), dass der sogenannte Handlungsbedarf für die Jahre 2027 bis 2029 insgesamt 172,1 Milliarden Euro beträgt. Dies sind fast 28 Milliarden Euro mehr als in den kürzlich verabschiedeten Haushalts-Eckwerten vorgesehen.

Bund der Steuerzahler warnt Regierung vor Aufnahme massiver Schulden

Die gestiegene Finanzierungslücke wird durch „Mindereinnahmen des Bundes“ verursacht, die unter anderem auf den kürzlich beschlossenen Wachstumsbooster, die Ausweitung der Mütterrente und die Neuberechnung der Zinsausgaben zurückzuführen sind. Die Regierung strebt an, diese Handlungsbedarfe „zeitnah und dauerhaft zu reduzieren“. Der Haushalt für 2025 und der neu aufgestellte Haushalt für 2026 sollen den Einstieg in die strukturelle Konsolidierung markieren.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) warnte die Regierung davor, die Risiken der massiven Aufnahme neuer Schulden zu unterschätzen. Ohne solide Haushaltspolitik und strukturelle Reformen drohten höhere Zinsen bei der Kreditaufnahme an den internationalen Finanzmärkten, sagte BdSt-Präsident Reiner Holznagel der Nachrichtenagentur AFP. Demnach sei Deutschlands Top-Bewertung bei der Kreditwürdigkeit „keine Einbahnstraße und schon gar nicht fix für die Ewigkeit. Eine unsolide Haushaltspolitik kann uns deshalb schmerzlich auf die Füße fallen“.

Das Kabinett will am Mittwoch den Haushaltsentwurf für 2026 und die Finanzplanung bis für die kommenden Jahre beschließen. Bis 2029 ist darin ein Anstieg der Neuverschuldung um rund 850 Milliarden Euro vorgesehen, um Ausgaben in Infrastruktur, Klimaschutz und Verteidigung zu finanzieren. Die massive Schuldenaufnahme bedeute deutlich steigende Zinslasten im Bundeshaushalt, sagte Holznagel AFP. Dies habe eine zunehmende Einschränkung des Handlungsspielraums der Regierung zur Folge, weil die Zinszahlungen einen immer größeren Anteil im Etat einnähmen.

Klingbeil muss sparen - unter anderem beim Personal

Klingbeil muss massiv sparen. Dies ist unter anderem beim Personal geplant: In diesem Jahr sollen es 0,5 Prozent sein, in den Jahren 2026 bis 2028 dann zwei Prozent pro Jahr und 2029 noch 1,5 Prozent. Das Personal in den Sicherheitsbehörden bleibt davon ausgenommen. Weitere Konsolidierungsmöglichkeiten erhofft sich der Bund durch die Reduzierung der Anzahl der Bundesbeauftragten sowie Einsparungen bei Förderprogrammen und Verwaltungsausgaben.

Für das Jahr 2026 plant das Ministerium von Klingbeil Ausgaben im Kernhaushalt von 520,5 Milliarden Euro, nach 503 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Bis 2029 sollen die Ausgaben auf 572,1 Milliarden Euro steigen. Ein Schwerpunkt liegt auf Investitionen in die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, für die bis 2029 insgesamt rund 166 Milliarden Euro vorgesehen sind.

Haushaltsplan soll am Mittwoch beschlossen werden

Die Verteidigungsausgaben sollen ebenfalls kontinuierlich steigen und 2029 bei 152,8 Milliarden Euro liegen. Die Nato-Quote soll von rund 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr auf 2,8 Prozent im kommenden Haushaltsjahr steigen und bis 2029 schließlich rund 3,5 Prozent erreichen. Die geplante Nettokreditaufnahme für 2026 beträgt 89,9 Milliarden Euro, nach 81,8 Milliarden Euro in diesem Haushaltsjahr. Bis 2029 soll die Schuldenaufnahme auf 126,9 Milliarden Euro ansteigen, was durch das auslaufende Sondervermögen für die Bundeswehr bedingt ist.

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) auf einer Pressekonferenz.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) auf einer Pressekonferenz. © Michael Kappeler/dpa

Am Mittwoch soll das Kabinett den Haushaltsplan für 2026 und die Finanzplanung bis 2029 beschließen. Das anschließende parlamentarische Verfahren soll bis Mitte Dezember abgeschlossen sein.

Linke und FDP kritisieren Klingbeils Pläne

Scharfe Kritik an der milliardenschweren Haushaltslücke äußerte die Linke. Christian Görke, Finanzpolitiker der Linken, erklärte, Klingbeil werde die Lücke „auf dem Rücken der kleinen und mittleren Einkommen schließen“. Er ist überzeugt, dass es gerechtere Alternativen gibt, wie eine Vermögensteuer, eine „lückenlosen Erbschaftsteuer“ und eine Reform der Einkommensteuer. Die beschlossene Senkung der Körperschaftsteuer für Unternehmen müsse hingegen „sofort zurückgenommen werden - sie ist schlicht nicht finanzierbar“.

Auch FDP-Chef Christian Dürr sparte nicht mit Kritik. Mit Blick auf den Haushaltsentwurf sagte er der Nachrichtenagentur AFP: „Derart unsolide Finanzpolitik soll die Union offenbar geradezu zwingen, die Schuldenbremse vollständig aufzugeben.“ Dürr rief Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auf, „das Steuer herumzureißen und seinem Koalitionspartner Grenzen aufzuzeigen, wenn er sich politisch nicht völlig blamieren will“.

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