Rentenversicherung in Sorge: Ende der Ampel lässt eine Gruppe von Rentnern im Stich

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Die Deutsche Rentenversicherung ist enttäuscht: Erneut ist es einer Bundesregierung nicht gelungen, Selbstständige vor der Altersarmut zu schützen.

Würzburg/Berlin – Mit dem Ende der Ampel-Koalition sind auch einige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag für immer begraben. Neben dem Rentenpaket II, das Herzensprojekt von Bundeskanzler Olaf Scholz und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD), betrifft das auch das Rentenpaket III, für das es am Ende nicht mal einen Entwurf gegeben hat. Das ist aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung (DRV) sehr enttäuschend, wie deren Präsidentin Gundula Roßbach in der vergangenen Woche beim Presseseminar in Würzburg erläuterte.

Rente für Selbstständige: Viele von ihnen sind von Altersarmut gefährdet

Mit dem Rentenpaket III war eigentlich vorgesehen, Selbstständige als Pflichtversicherte in die Rentenversicherung aufzunehmen. Aktuell müssen die meisten Selbstständigen nicht in die Rentenkasse einzahlen, sondern können sich dazu entscheiden. Die freiwillige Versicherung ist darin begründet, dass Selbstständige im Verhältnis zur Rentenkasse sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sind – und entsprechend auch beide Seiten der Rentenbeiträge zahlen müssen.

Aktuell beträgt der monatliche Beitragssatz für die Rente 18,6 Prozent des Bruttolohns; während Angestellte davon nur 9,3 Prozent bezahlen (und der Arbeitgeber die andere Hälfte), müssen Selbstständige die vollen 18,6 Prozent entrichten. Das wollen viele Selbstständige nicht tun, da sie einen signifikanten Teil ihres Lohns dadurch verlieren.

Um Altersarmut bei Geringverdienern zu verhindern, schlagen die Experten vor, die Rente nach Einkommen zu staffeln.
Um Altersarmut bei Geringverdienern zu verhindern, schlagen die Experten vor, die Rente nach Einkommen zu staffeln. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Auf der anderen Seite sind dadurch Selbstständige viel mehr von Altersarmut betroffen, als anderweitig Beschäftigte. Das zeigen neue Zahlen der DRV: Demnach sind 11,3 Prozent der Armutsgefährdeten 2023 auch Selbstständige gewesen. Und, wie Gundula Roßbach weiter erläuterte: Mehr als ein Drittel (38 Prozent) der Selbstständigen ohne Pflichtversicherung für die Rente haben kein weiteres Vermögen, das ihnen im Alter helfen könnte. Eine obligatorische Versicherung der Selbstständigen in der DRV sei daher „notwendig“. „Denn am Ende sind es die Steuerzahler, die für den notwendigen Bedarf im Alter derjenigen aufkommen, die selbst nicht ausreichend vorgesorgt haben“, so die DRV-Präsidentin. Damit meint sie die Grundsicherung im Alter, die über Haushaltsmittel für in Armut lebende Senioren aufkommt.

Renten-Pflicht für Selbstständige sorgt für Gerechtigkeit: Angestellte haben keine Wahl

„Und auch für die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung wäre eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung besser als eine Vorsorgepflicht mit Wahlfreiheit. Und das nicht – ich möchte es noch einmal betonen – weil wir uns davon mehr Beitragszahler erhoffen, sondern weil eine Vorsorgepflicht, die einer bestimmten Gruppe Versicherter Wahlfreiheit gewährt, nicht in eine Rentenversicherung passt, die für alle anderen Pflichtmitglieder keine Wahlmöglichkeit lässt“, so Gundula Roßbach weiter. Für alle anderen Angestellten gebe es schließlich keine Wahl.

Die nun beendete Ampel-Koalition hatte 2021 eigentlich im Koalitionsvertrag vereinbart, dass Selbstständige künftig verpflichtend in die Rentenkasse einzahlen. Die DRV appelliert an eine mögliche neue Bundesregierung, dieses Thema nach der Neuwahl weiterzuverfolgen. Dabei könnten unterschiedliche Modelle greifen, zum Beispiel, indem man nur neue Selbstständige verpflichtend aufnimmt oder eine Altersgrenze einführt, ab wann die Pflichtvorsorge greift.

Dieses Thema ist an sich auch nichts Neues. Bereits 2017 hatte eine Reform der Rentenversicherung für Selbstständige im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD gestanden. Mit dem Scheitern der Ampel kommt das Thema erneut in die Schublade. „Was wir über Selbständige wissen, deutet darauf hin, dass eine obligatorische Alterssicherung dringend nötig ist“, resümiert Gundula Roßbach.

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