Heizungsgesetz: Wärmepumpen in 90 Prozent der Neubauten - „Zeit der fossilen Energieträger abgelaufen“

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Wärmepumpen sind bei den Heizungsbauern im Landkreis weiter gut nachfragt. © dpa

Das neue Heizungsgesetz der Bundesregierung ist in Kraft getreten. Nach wie vor sind im Landkreis Wärmepumpen gefragt. Manche setzen aus Ärger über die Politik aber erst recht auf Öl.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Turbulente Zeiten hat die Branche der Heizungsbauer hinter sich: Im vergangenen Jahr herrschte bei vielen Hausbesitzern Verunsicherung, was das neue Heizungsgesetz der Bundesregierung bringen würde. Es begann ein Ansturm: sei es auf elektrische Wärmepumpen, sei es auf Öl- oder Gasheizungen, die viele auf den vermeintlich letzten Drücker noch eingebaut bekommen wollten. Inzwischen ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG), wie es offiziell heißt, in Kraft getreten. Bei den Heizungsbauern im Landkreis aber ist nur zum Teil wieder Normalität eingekehrt.

Handwerker in der heizungsbau-Branche nach wie vor sehr beschäftigt

Alle Hände voll zu tun haben die Handwerker nach wie vor. Bei einer telefonischen Umfrage unserer Zeitung ist es schwer, zwischen Baustellenterminen und Kundengesprächen überhaupt einen Heizungsbauer ans Rohr zu bekommen. „Die Nachfrage ist immer noch sehr groß“, bestätigt Leonhard Haas, Inhaber der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungs-Firma Haas in Bad Tölz. Das schließe das Interesse an Wärmepumpen ein. Das sei zwar nicht mehr so extrem wie „in der Hysterie im vergangenen Jahr“, so Haas – aber weiterhin vorhanden.

Heizungstausch ohne Förderung für viele nicht machbar

Zuletzt war Medienberichten zu entnehmen, dass Hersteller über Umsatzrückgänge klagen. So erklärte Max Viessmann, Chef der gleichnamigen Heizungsfirma, im Interview mit der „Wirtschaftswoche“, dass die effiziente Wärmepumpen-Technologie mit Mythen und Populismus „kaputt geredet“ worden sei.

Dass die Wärmepumpe nicht mehr gefragt wäre, kann Haas aus der Praxis nicht bestätigen. „Die Industrie klagt, weil sie die Produktion hochgefahren hat und jetzt volle Lager hat“, so seine Bewertung. Er betrachtet die Lage von der anderen Seite: Durch die Debatten sei so manchem Verbraucher überhaupt erst bewusst geworden, dass es Wärmepumpen gibt. „Viele haben das gar nicht gewusst.“

Einbau von Öl- und Gasheizungen in Bestandgebäuden weiter erlaubt

Etwas anders ist die Einschätzung von Thomas Kreitmair, der in Dietramszell-Linden eine Firma für Haus- und Energietechnik betreibt. Seine Firma ist schon lange auf Wärmepumpen spezialisiert, hat laut dem Inhaber seit Bestehen schon 600 bis 700 Anlagen verbaut, allein heuer etwa 20. „Entgegen dem Trend haben wir weiter eine hohe Nachfrage“, sagt er. Aber: Es gebe auch „Politikgegner, die sagen: jetzt baue ich gerade aus Fleiß eine Öl- oder Gasheizung ein“, berichtet Kreitmair. Ins Grübeln kämen einige auch wegen der hierzulande hohen Energiepreise, die den Betrieb der elektrisch betriebenen Wärmepumpen teurer machen.

In Bestandsgebäuden ist der Einbau von Öl- und Gasheizungen weiterhin erlaubt – passiert nach Beobachtung von Haas aber nur noch „ganz vereinzelt“, und zwar dort, „wo das Gebäude nichts anderes zulässt“. In diesen Fällen ist der Heizungsbauer gesetzlich verpflichtet, auf Folgekosten hinzuweisen, etwa die mögliche Unwirtschaftlichkeit aufgrund des steigenden CO2-Preises.

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Kreitmair nennt unterdessen noch andere Widrigkeiten: Die Regelungen zur Förderung von regenerativen Heizungen sei dermaßen kompliziert, dass eine Kollegin in seinem Betrieb nun schon die achte Schulung habe absolvieren müssen, um die Kunden richtig beraten zu können. Und jetzt sei auch noch bekannt geworden, dass Förderanträge aus technischen Gründen erst ab September bei der KfW bearbeitet werden.

Ohne Förderung aber „wäre den meisten ein Heizungsaustausch gar nicht möglich“, stellt sein Kollege Haas fest. Um die 40 000 Euro für ein normales Einfamilienhaus müsse man für die Wärmepumpe einrechnen. Bei Neubauten in Neubaugebieten gilt schon jetzt, dass die neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Laut Ludwig Fesl, Inhaber des Unternehmens Fesl Gebäudetechnik in Bad Tölz, wird bei Neubauten heute zu 90 Prozent auf Wärmepumpen gesetzt, zu zehn Prozent auf Pellets.

Nachfrage nach Ölheizungen nur in Einzelfällen

„Gerade hier im ländlichen Bereich sind Pelletsheizungen auf dem Vormarsch“, stellt Kreitmair fest. In Bad Tölz seien zudem Anschlüsse ans Nahwärmenetz der Stadtwerke gefragt, ergänzt Haas. „Auch das ist eine Arbeit, die ausgeführt werden muss.“ Von den Kosten sei der Unterschied zum Einbau einer Wärmepumpe aber nicht groß. Bei Bestandsgebäuden gelte es, im Einzelfall genau zu prüfen, welche Technik infrage komme, betont Fesl. Oft seien das am Ende Hybridlösungen, bei denen auch Photovoltaik oder Batteriespeicher eine Rolle spielen. Reine Öl- und Gasheizungen würden „immer weniger“ eingebaut.

Die Zeit der fossilen Energieträger ist abgelaufen.

Insgesamt habe sich der Geschäftsalltag für den Heizungsbauer „normalisiert“, berichtet Fesl. Von den Anfragen her sei es im Vergleich zum vergangenen Jahr etwas ruhiger geworden, „aber es sind noch genügend Restaufträge abzuarbeiten“. Auch die zwischenzeitlichen Lieferprobleme haben sich Fesl zufolge gelegt.

„Es geht aufwärts“, ist auch die Lagebeschreibung von Martin Waldmann aus Dietramszell, Obermeister der Innung Miesbach/Bad Tölz-Wolfratshausen für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Hilfreich sei, dass in Sachen Gebäudeenergiegesetz nun mehr Klarheit herrsche. Entsprechend sei bei ihm gefragt, „was gefördert wird“, und zwar Pelletsheizungen und Wärmepumpen.

Wärmepumpen kommen laut Waldmann für rund 90 Prozent der Neubauten und 70 Prozent der Altbauten infrage. Für Ölheizungen gehen bei ihm dagegen keine Anfragen mehr ein, sagt er – und wenn, müsse vor dem Einbau ein „siebenseitiges Beratungsprotokoll“ ausgefüllt werden. Auch Thomas Kreitmair ist überzeugt: „Die Zeit der fossilen Energieträger ist abgelaufen.“ Über die politischen Rahmenbedingungen aber äußert er sich konsterniert: „Ohne das Gesetz“, sagt er, „wäre in Sachen Heizungswende schon wesentlich mehr passiert.“

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