Gardasee-Prestigeprojekt kostet Hunderte Millionen – jetzt will niemand das „Stahlmonster“ haben

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Der Ausbau des Radweges um den Gardasee herum ist umstritten. Viele Stimmen kritisieren das Projekt. Die Kosten erreichen mittlerweile eine Milliarde.

Riva del Garda – Den Gardasee einmal mit dem Fahrrad umrunden – ein Wunsch, den sicherlich viele Urlauber am Gardasee mit Rad-Affinität hegen. Möglich wird das wohl in den nächsten Jahren sein, wenn der Fahrradweg zwischen Limone sul Garda und Riva del Garda fertiggestellt wird. In Italien ist die Konstruktion des Weges, der an dem Steilufer befestigt werden soll, umstritten. Die Kosten des 144 Kilometer langen Projektes schießen in die Höhe. Kritiker machen sich Sorgen um Natur und Menschenleben.

Radweg am Gardasee: „Hohes Risiko für das Leben der Menschen“

Auf der Website des Gardasees wird der Ausbau des Radweges als eines der „spektakulärsten Radwegprojekte Europas“ bezeichnet. Das Projekt „Garda by Bike“ oder auch „Ciclovia del Garda“ soll in einigen Jahren eine komplette Seeumrundung auf dem Fahrrad ermöglichen. In allen Abschnitten des Gardasees entstehen Radwege, die teilweise bereits fertiggestellt sind. Der komplizierteste Teil steht allerdings noch bevor. Der Rad- und Fußweg von Limone sul Garda Richtung Norden, der am Felsen des Westufers befestigt ist, hat bereits eine Länge von zwei Kilometern. Weitere fünf Kilometer nach Riva del Garda fehlen noch.

Einmal den Gardasee umrunden: Ein Radprojekt soll dies in Zukunft ermöglichen. Die Wege sollen teilweise an den Felsen hängen.
Einmal den Gardasee umrunden: Ein Radprojekt soll dies in Zukunft ermöglichen. Die Wege sollen teilweise an den Felsen hängen. © Frank Bienewald/IMAGO

Bürger, Bürgermeister und Umweltschützer lehnen den Bau des gefährlichen Abschnittes ab. Die Anprangerungen von zahlreichen Gegnern sind klar benannt. Bei dem Radweg handelt es sich um „ein verheerendes Stahl- und Betonmonster, mit hohem Risiko für das Leben der Menschen, mit exorbitanten Kosten und dazu bestimmt, eine der schönsten Landschaften der Welt für immer zu entstellen“, wie La Repubblica zitiert. Unterstützt werde sie von zahlreichen Unternehmen, darunter auch deutsche Reiseveranstalter, schreibt die Zeitung.

Umstrittener Radweg am Gardasee – Kosten steigen: „Acht Millionen Euro pro Kilometer“

Kritisiert wird nicht nur das Aussehen des Stahl-Kolosses. Es sind die hohen Preise, die viele aufschrecken lassen, wie Paolo Pileri, Professor für Raumplanung am Polytechnikum Mailand La Repubblica erzählt. Im Jahr 2017 waren noch rund 194 Millionen Euro für den Radwegausbau eingerechnet. 2021 stiegen die Kosten auf 292 Millionen, 2022 auf 344 Millionen und 2024 auf über eine Milliarde Euro. „Der Durchschnittspreis liegt mittlerweile bei etwa 8 Millionen pro Kilometer und ist damit 90-mal höher als der eines normalen Radweges“, sagt Pileri.

Der an den Bergwänden befestigte Teil an der Westküste wird abgedeckt, um Passanten und Radfahrer vor Felsbrocken und Erdrutschen zu schützen, wie Paolo Matteotti von der interregionalen Koordination zum Schutz des Gardasees erklärt. Die Strecke wird rund 5 Meter über dem See überstehen, „die nicht bezifferten Wartungskosten erscheinen exorbitant“, so Matteotti.

Radprojekt am Gardasee: Gefahr von Steinbruch und Naturschäden

Hinzu kommt die Zerstörung von Umwelt und Landschaft sowie die Gefährdung von Menschen, wie Manuela Baldracchi, Präsidentin des Vereins Italia Nostra, der sich für Natur- und Kulturschutz einsetzt, bemängelt. „Die Hänge des Trentino werden rasiert und nicht mehr wiederzuerkennen sein“, erklärt sie. Zudem wird der geplante Radweg viele Hänge berühren, die in der Vergangenheit für Erdrutsche bekannt gewesen sind. Erst im Februar donnerte bei Trient eine Steinlawine auf die Straße, die die Besorgnis um die Sicherheit auf den Radwegen förderte.

Besorgt zeigt sich auch der Geologe Agostino Pasquali Coluzzi, der mit einem Gutachte beauftragt wurde. Er kritisiert die nicht ausreichend analysierten Bereiche mit einem erhöhten Bruchrisiko. Die Menschen in Riva del Garda wollen am 20. April gegen die Radwegpläne protestieren. Sie fordern die Änderung des geplanten Projektes. (vk)

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