Dobrindt: Kein Kuscheln mit der AfD
Geht‘s nach CSU-Vordenker Alexander Dobrindt, bleibt die Brandmauer zu Rechtspopulisten bestehen. Bei seinem Wahlkampfauftritt am Sonntag in Mittenwald warb der Bundestagsabgeordnete für eine starke Union, um die seiner Meinung nach längst überfällige Wende in der Migrationspolitik einzuleiten.
Mittenwald – Die viertelstündige Verspätung haben ihm am Sonntag die Isartaler Partei㈠freunde gerne nachgesehen. Alexander Dobrindt (54), einer der führenden Köpfe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist in der heißen Phase eines historisch kurzen Wahlkampfs eben ein viel gefragter Kilometerfresser – heute hier, morgen da. Als er beim Politischen Frühschoppen der drei Isartaler Ortsverbände den rappelvollen Saal im Mittenwalder Postkeller betritt, brandet spontan Applaus auf. Und der prominente Strahlemann, dessen Name bei der Vergabe wichtiger Kabinettsposten immer wieder fällt, scheint das Bad in der Menge sichtlich zu genießen. Jedem einzelnen in den vier Tischreihen schüttelt er die Hand. „Das ist ganz was anderes, als das, was ich neulich beim ZDF erlebt habe.“ Damit spielt der CSU-Landesgruppenchef auf die jüngste TV-Diskussionsrunde an, bei der ihm zufolge auf den Zuschauerrängen ein Drittel Linke, ein Drittel Grüne und ein Drittel Menschen, die glaubten, Karten für die Heute Show bekommen zu haben, saßen. „Man kann nur empfehlen, sich so was nicht anzuschauen.“
Keine Frage: Zwei Wochen vor der Bundestagswahl sind die Fronten zwischen den politischen Lagern verhärtet. Sinnbildlich dafür ist eine Wortmeldung des Wallgauer Unternehmers Erwin Mayr, der vor gut einem Jahr eine Demonstration gegen die damalige Ampel-Regierung organisiert hatte. „Die von der AfD haben nicht mit allem unrecht“, sagt Mayr, nachdem er zuvor mit der „greana Kanzlerin“ Angela Merkel (CDU) abgerechnet hat. Seine Empfehlung an Dobrindt und seine Berliner Mitstreiter: „Schaut‘s, dass ihr diese Scheiß-Brandmauer abreißt‘s!“ Weiter poltert er: „Schaltet‘s alle Euer Hirn ein.“ Das Mayr zufolge besonders im Umgang mit dem russischen Despoten Wladimir Putin gelten soll, der vor bald drei Jahren einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine vom Zaun brach. Denn so die Mayr-Logik: „Wo kaufen wir denn unser Gas ein?“ Sein scharfzüngiger Vortrag gipfelt in einer verbalen Entgleisung, als er Dobrindt warnt, nach der Bundestagswahl mit den „grünen und roten Ratten“ zu koalieren. Kein Applaus vom Publikum, aber auch kein Protest wegen der fragwürdigen Wortwahl bei den rund 120 Zuhörern.
Ich bin mir nicht sicher, ob Trump weiß, dass Deutschland nicht auf Grönland liegt.
Dobrindt, der versierte Debattenredner, der als CSU-Generalsekretär früher auch deftig und kräftig austeilen konnte, versucht, Mayrs Schimpftiraden charmant wegzumoderieren – wird dabei aber deutlich. Für ihn und seine schwarzen Parteifreunde wird es keine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen AfD geben. Schon kurz zuvor hat er unterstrichen: „Wir wollen Teil des freien Westens bleiben.“ Eine von der AfD gewünschte „Eurasische Union“ hält er ebenso für einen politischen Blindflug wie den Austritt aus der Europäischen Union. „Das ist nicht unser politischer Ansatz.“ In diesem Kontext erinnert sich Dobrindt an seine Gemütslage, wenn AfD-Kollegen im Plenum versuchen, den Expansionsdrang von Putin zu rechtfertigen. „Da fröstelt‘s einen, da ekelt‘s einen.“
Für Dobrindt ist die seit 75 Jahren praktizierte Verankerung im westlichen Bündnis- und Wertesystem alternativlos – selbst wenn der große Bruder in Amerika einen Donald Trump im Weißen Haus sitzen hat. Dessen bizarre Vorschläge in puncto Grönland, Panama oder dem Gazastreifen nimmt der CSU-Landesgruppenchef leicht irritiert zur Kenntnis. „Da schüttelt‘s einen ein bisschen.“ Durch die Blume bezweifelt Dobrindt Trumps Fähigkeiten, in geopolitischen Zusammenhängen zu denken. Anders ist der folgend Satz wohl nicht zu deuten: „Ich bin mir nicht sicher, ob Trump weiß, dass Deutschland nicht auf Grönland liegt.“ Nach diesem Lacher stellt der Peißenberger aber ebenso klar: „Die Amerikaner sind unsere Partner, unsere Freunde.“
Was Dobrindt über sein Verhältnis zu den Rest-Ampel-Parteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen wohl nicht behaupten kann. Gerade deren wirtschaftspolitischen Entscheidungen, die für den CSU-Vordenker einer wiederholten Rezession Vorschub geleistet haben, bezeichnet er als „Kontinuität im Irrtum“. Was der 54-Jährige dabei an den Noch-Regierungsparteien am meisten bedauert, ist die mangelnde Einsicht, Fehler einzugestehen. „Dann können wir auch nicht erwarten, dass etwas besser wird.“
Denn wir haben nicht irgendeinen Abgeordneten, sondern einen der besten.
Dobrindts Angebot: Einfach Union wählen. Dann gibt‘s kein Bürgergeld mehr und kein Heizungsgesetz. Gleichzeitig wirbt er dafür, Rentnern ein steuerfreies Dazuverdienen zu ermöglichen. „Lasst es uns machen.“ Doch legt man die aktuellen Prognosen zugrunde, werden es CDU/CSU – die vermutlichen Wahlsieger – nicht alleine schaffen. Ein ungeliebter Partner aus dem roten oder grünen Lager steht zu befürchten.
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Doch der Alex wird‘s schon richten. Der CSU-Kreisvorsitzende Thomas Schwarzenberger ist jedenfalls von der Qualität seines Parteifreundes als Spitzenkandidat vollends überzeugt. „Denn wir haben nicht irgendeinen Abgeordneten, sondern einen der besten.“