„Mit allen Sinnen“: Landwirtschaftswissen aus 11 Generationen – Bauernhof-Urlaub als besonderes Erlebnis

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Landwirtschaft authentisch an Kinder vermitteln: Das möchten Franz (li.) und Cordula Sindlhauser (2. v. li). © Arndt Pröhl

Familie Sindlhauser betreibt den Abrahamhof bereits in 11. Generation – Seit 1924 auch mit der Vermietung von Zimmern. Die jetzigen Landwirte entwickelten ein besonderes Tourismuskonzept.

Wissen vermitteln, Bewusstsein für authentische Landwirtschaft schaffen und naturnahe Erholung bieten: Das hat sich Familie Sindlhauser aus Benediktbeuern auf die Fahnen geschrieben. Die zertifizierten Erlebnisbauern haben ein umfangreiches Konzept und vielseitige Angebote für ihre Feriengäste, die auf ihrem idyllischen „Abrahamhof“ Urlaub machen.

Franz und Cordula Sindlhauser zählen im Tölzer Land zu den Pionieren, die „Urlaub auf dem Bauernhof“ anbieten. Den Beherbergungsbetrieb führt das Ehepaar bereits in dritter Generation. „Der Hof an sich befindet sich bereits seit 1590 ununterbrochen in Familienbesitz, wir sind die 11. Generation. Allerdings ist der Hof 1924 aus der Dorfmitte ausgesiedelt worden“, erklärt Franz Sindlhauser. Was seine Großeltern ursprünglich mit Fremdenzimmern als kleinem Nebenerwerb zur Landwirtschaft begonnen haben, ist mittlerweile ein professionell ausgereiftes Tourismuskonzept.

Erste Fremdenzimmer in den 1950er-Jahren

In den 1950er-Jahren begannen Franz Sindlhausers Eltern, Peter und Ottilie, Fremdenzimmer auch mit Vollpension anzubieten. „Morgens, mittags und abends, da stand meine Schwiegermutter den ganzen Tag in der Küche“, berichtet Cordula Sindlhauser. „In den 1970er-Jahren haben meine Schwiegereltern dann die erste Ferienwohnung und Zimmer mit Nasszelle ausgebaut. Das war damals ein Novum in der Gegend.“ Circa 20 Jahre später haben sie und ihr Mann schließlich weitere Ferienwohnungen ausgebaut. Heute sind es sechs. Wichtig sei es ihnen immer, alles auf dem neuesten Stand zu haben, ohne dabei Abstriche hinsichtlich des traditionellen Bauernhof-Charmes zu machen.

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Die meisten Urlauber auf dem Abrahamhof sind Stammgäste. „Viele kommen bereits seit Generationen. Das ist eine besondere Bestätigung, wenn Gäste, die selbst als Kinder bei uns Urlaub gemacht haben, mit ihren eigenen Kindern kommen.“ Die Landwirte haben aber etwas verändert. „Wir bieten keine Mahlzeiten mehr an, das würde unsere Kapazitäten übersteigen“, sagt die Bäuerin. „Unsere Grundphilosophie ist es, aktive Landwirtschaft den Gästen authentisch nahezubringen“, erklärt ihr Ehemann. Dafür ist sogar der 2017 gebaute Rinderstall konzipiert worden. „Es ist überall genug Platz für Tiere und Gäste, sodass wir auch ,Schule auf dem Bauernhof‘ machen können.“

Kinder lieben Nähe zu den Tieren

Die Urlaubsgäste, vorwiegend Familien mit Kindern, können bei alltäglichen Abläufen mitmachen. „Beispielsweise ist um 17 Uhr immer Stall㈠arbeit. Wir haben auch Heugabeln und Besen in Kindergrößen hier, damit jeder, der mag, mitanpacken kann.“ Bereits Sindlhausers Vater sei „sehr offen“ für eine kinderfreundliche Auslegung des Betriebs gewesen, wie sein Sohn resümiert. „Ich habe das Ganze dann immer weiter ausgebaut.“ Ob Heuhüpfen, Traktor-Rallye, Feuer in der finnischen Grillkota oder die Bauernolympiade mit verschiedenen Disziplinen wie Gummistiefelwerfen oder Rundballenrollen gehören zum Angebot der Gastgeber. „Das sind ganz viele Highlights aus meiner eigenen Kindheit, die auch heute bei den Kleinen noch super ankommen.“

Der Abrahamhof wird bereits in der 11. Generation geführt. Seit 1924 ist er am Dorfrand von Benediktbeuern.
Der Abrahamhof wird bereits in der 11. Generation geführt. Seit 1924 ist er am Dorfrand von Benediktbeuern. © Arndt Pröhl

Die Kinder würden die Nähe zu den Tieren lieben. Immerhin leben auf dem Abrahamhof und den dazugehörigen weitläufigen Landwirtschaftsflächen 100 Rinder, Schafe, Ziegen, Ponys, Hasen, Enten, Hühner, Katzen und Wasserbüffel. Aber: „Man muss schon Gespür vermitteln. Viele Kinder sind nicht mehr so intensiv bei der Sache wie früher. Das ist wahrscheinlich ein Zeichen der Zeit durch die Technisierung“, glaubt Franz Sindlhauser. Seine Frau findet es wichtig, die Bauernhof-Erfahrungen mit allen Sinnen zu übermitteln. „Etwa, wenn die Familien beim Heuen dabei sind. Der Geruch von frischem Heu, das ist eine richtige Urerfahrung. Das kann man am Strand nicht erleben.“ Schade findet die Landwirtin, dass auch im Urlaub die Smartphones für viele eine große Rolle spielen. „Viele Gäste fragen bei der Ankunft sofort nach dem WLan-Passwort. Dabei gibt es hier so viel zu erleben, wozu es sich wirklich lohnen würde, das Handy mal wegzulegen“, findet sie. „Selbst Erwachsene verlieren dadurch an Gespür für die Natur und das Hier und Jetzt.“

Auch wenn die Familie große Abstriche hinsichtlich ihrer Privatsphäre macht, genießt sie den Kontakt zu den Gästen sehr. Selbst hat das Ehepaar vier mittlerweile erwachsene Kinder. Aktuell steht die Hofübergabe an. Tochter Regina (31) wird den Abrahamhof mit ihrem Mann Daniel übernehmen. „Das geht nur mit viel Herzblut und Leidenschaft“, weiß ihre Mutter. „Aber bei der Regina war das Interesse von klein auf da, und für uns ist es natürlich auch schön zu sehen, dass es weitergehen wird.“

Steckbrief

Gründungsjahr: 1590, Hof wurde 1924 aus Dorfmitte ausgesiedelt, Fremdenzimmer seit den 1950er-Jahren
Wievielte Generation: 3. Generation
Anzahl der Zimmer: 6 Ferienwohnungen
Besonderheit des Hauses: Landwirtschaft hautnah erleben, Naturführungen
Durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste: 7 Tage

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