„Demütigung in Afghanistan“ – Trump macht Truppenabzug zum Thema im US-Wahlkampf
Donald Trump macht die Außenpolitik der USA zum Thema bei der US-Wahl. Biden und Harris wirft er Versagen beim Truppenabzug aus Afghanistan vor.
Washington, D.C. – Ist der Abzug der US-Truppen aus Afghanistan schuld am Ukraine-Krieg und den tobenden Kämpfen im Gazastreifen? Das behauptet zumindest der Präsidentschaftskandidat Donald Trump und erhebt schwere Vorwürfe gegenüber dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden und seiner Vize Kamala Harris. Damit versucht Trump wohl den Truppenabzug zum Thema im Rennen um die US-Wahl 2024 zu machen – obwohl der Abzug unter seiner Regierung beschlossen wurde.
„Die von Kamala Harris und Joe Biden verursachte Demütigung in Afghanistan löste den Zusammenbruch der amerikanischen Glaubwürdigkeit und des Respekts in der ganzen Welt aus“, so Trump bei einer Konferenz der National Guard Association der USA in Detroit. Wie die New York Times berichtete, sprach Trump auf der Versammlung, nachdem er an einer Gedenkfeier für in Afghanistan getötete Soldaten in Arlington im US-Bundesstaat Virginia teilgenommen hatte. Vor drei Jahren tötete ein Selbstmordattentäter 13 US-Soldatinnen und Soldaten und mehr als 170 Afghanen vor dem internationalen Flughafen in Kabul inmitten eines Evakuierungseinsatzes.
Abzug aus Afghanistan wird Thema bei US-Wahl – „hat uns den Einmarsch Russlands in die Ukraine beschert“
Trump vermutet wohl, dass durch den Rückzug aus Afghanistan und das damit einhergehende Ende des längsten Krieges mit Beteiligung der USA, die Vereinigten Staaten an Einfluss in der Welt verloren haben. Die „Demütigung“, wie der ehemalige Präsident den Truppenabzug nennt, habe „uns den Einmarsch Russlands in die Ukraine beschert. Sie hat uns den Angriff auf Israel am 7. Oktober beschert, weil sie uns Respektlosigkeit beschert hat“, wird Trump von der New York Times zitiert.
Anders als Trump seien Harris und Biden der Gedenkveranstaltung in Arlington ferngeblieben, berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa). In einer Mitteilung teilte Harris den Trauernden ihre Anteilnahme mit: „Meine Gebete sind bei ihren Familien und Angehörigen. Mein Herz bricht für ihren Schmerz und ihren Verlust“, wird sie von AP News zitiert.
Weiter habe sie jedoch betont, dass der Abzug der US-Truppen die richtige Entscheidung gewesen sei. „In den letzten drei Jahren hat unsere Regierung bewiesen, dass wir Terroristen, darunter die Anführer von al-Qaida und ISIS, auch ohne Truppen in Kampfgebieten ausschalten können“, so Harris. Die Demokratin will sich schon bald mit Trump in einem TV-Duell messen.
Biden habe in seiner Ansprache betont, dass die bei dem Attentat getöteten US-Soldatinnen und Soldaten „Patrioten im besten Sinne“ gewesen seien. Laut dem US-Präsidenten verkörperten sie das, „was uns als Nation ausmacht: mutig, engagiert, selbstlos“.
Truppenabzug aus Afghanistan wirbelt US-Wahl auf – Biden-Regierung gibt Trump Teilschuld
Zwar gibt Trump die Schuld am verpatzten Truppenabzug aus Afghanistan gänzlich Biden und Harris, seiner Kontrahentin bei der US-Wahl 2024 im November. Einem Bericht der Biden-Regierung aus dem Jahr 2023 zufolge, trägt Trump an dem überstürzten Abzug US-amerikanischer Soldaten aber zumindest eine Teilschuld.
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Wie ZDF heute berichtete, seien Bidens Möglichkeiten beim Truppenabzug aufgrund von Trumps vorangegangener Entscheidungen „stark eingeschränkt“ gewesen. Demnach seien so wenige US-Truppen wie nie zuvor in Afghanistan stationiert gewesen – gleichzeitig sei die Taliban militärisch so stark aufgestellt gewesen, wie seit dem Jahr 2001 nicht mehr.
Zudem habe man mit einem engen Zeitplan arbeiten müssen. Der Vorwurf in dem Bericht, der von mehreren Nachrichtendiensten zusammengestellt wurde, laute, dass Trump den Taliban versichert habe, die US-Truppen bis zum Mai 2021 abzuziehen. Da sich die Terrororganisation bereiterklärt habe, in diesem Zeitraum keine US-Truppen anzugreifen, seien die Planungen zum Truppenabzug unter massivem Zeitdruck entstanden.
Generäle kritisieren Trump vor US-Wahl 2024 – „Absurde“ Äußerungen während Amtszeit
Während seiner Schimpftirade auf die Demokraten, muss sich Trump selbst Kritik seiner ehemaligen Mitarbeiter gefallen lassen. CNN berichtete von einem Bericht von Trumps ehemaligen Sicherheitsberater H. R. McMaster, der Trump „absurde“ Äußerungen während seiner Amtszeit vorwirft. In Beratungsgesprächen soll er unter anderem gesagt haben: „Warum schalten wir nicht die gesamte nordkoreanische Armee während einer ihrer Paraden aus?“
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Bereits zuvor soll eine Reihe ehemaliger militärischer Mitarbeiter in der Trump-Regierung den ehemaligen Präsidenten scharf kritisiert und vor ihm gewarnt haben. Zudem berichtete CNN von mehr als 200 Republikanerinnen und Republikanern, die Parteikolleginnen und Parteikollegen dazu auffordern würden, Harris statt Trump bei der anstehenden US-Wahl zu unterstützen.
Obwohl Trump zumindest eine Teilschuld an der chaotischen Evakuierung der US-Truppen aus Afghanistan zu haben scheint, unterstützen Angehörige der bei dem Attentat getöteten Soldatinnen und Soldaten den Ex-Präsidenten. Familienmitglieder der Gefallenen sollen sogar beim republikanischen Parteitag aufgetreten sein, berichtete CNN. (nhi)