Habeck legt Bundestagsmandat nieder: Ex-Minister nennt Gründe und Zukunftspläne
Der ehemalige Wirtschaftsminister Robert Habeck verlässt zum September den Bundestag. Er nennt drei Gründe für seinen Rückzug.
Berlin – Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und Ex-Grünen-Vorsitzende Robert Habeck verlässt zum 1. September den Bundestag. „Ich habe an diesem Montag dem Bundestagspräsidium mitgeteilt, dass ich zum 1. September mein Bundestagsmandat zurückgeben werde“, sagte er gegenüber der taz.
Er schaffte bereits auch Klarheit zu seinen Zukunftsplänen: „Ich werde an verschiedenen ausländischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen forschen, lehren und lernen.“ Zum einen handle es sich um das Dänische Institut für Internationale Studien in Kopenhagen. Daneben auch um Berkeley. „Aber es wird auch noch andere geben, mit denen ich zusammenarbeiten werde“, sagte er.
Habeck verlässt den Bundestag: „Da kann man nicht einfach so weitermachen“
Habeck, der Wirtschaftsminister der Ampel-Koalition und Vizekanzler von Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), begründet seinen Rückzug mit drei Argumenten: Nach 20 Jahren in Führungspositionen will er die „Binnensicht“ durchbrechen und auf die deutsche Politik „von außen schauen“, um durch einen „Perspektivwechsel“ neue Erkenntnisse zu gewinnen, sagte er der taz.
Er wolle kein „höhnisch-zynischer Kommentator sein“. Außerdem wolle er auch nicht „wie ein Gespenst über die Flure laufen und sagen: Früher war ich mal Vizekanzler, erinnert ihr euch?“ Zudem sieht er nicht nur die Ampel-Koalition als abgewählt an, sondern auch seine politische Strategie, „die Grünen in die gesellschaftliche Mitte zu führen“ und angesichts schrumpfender Volksparteien „das Zentrum zu stabilisieren“. Seine Folgerung: „Da kann man nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts geschehen.“
Habeck verlässt den Bundestag – nicht aber die Grünen oder den „politischen Diskurs“
Zwar verlässt Habeck den Bundestag. Dies bedeutet aber offenbar nicht ein Rückzug aus den Grünen. Der ehemalige Minister betonte, sein Bundestagsrückzug sei „kein Rückzug aus dem politischen Diskurs“ oder von seiner Partei. „Wenn ich glaube, Interessantes beitragen zu können, werde ich das sagen.“ Er wies Vorwürfe zurück, beleidigt wegen der Wahlniederlage zu sein oder taktisch zu handeln. Stattdessen hieß es: „Ich gehe jetzt komplett ins Offene und ich merke, wie ich wieder Luft unter die Flügel bekomme.“
„Wohin mich der Weg durchs Offene führt, weiß ich nicht. Aber nach 20 Jahren, wo auf jedes Amt der nächste Wahlkampf folgte und dann wieder das nächste Amt, ist er genau deshalb der richtige Weg“, so der ehemalige Grünen-Chef.
Mit Blick auf die Zukunft der Grünen äußerte sich Habeck hoffnungsvoll: „Inzwischen sind sie aber in der Oppositionsrolle angekommen und haben eine starke Aufstellung für die Zukunft gefunden.“ Sie hätten „eine eigene, kritische Handschrift entwickelt“. Außerdem werde „eine Konstruktivität angeboten, die die Unionsopposition unter Merz niemals hatte“. Der habe in seiner Regierungserklärung vor den Sommerferien „quasi meine Wahlkampfrede gehalten“.
Habeck verlässt den Bundestag: Merz „klingt wie Lindner in der Schlussphase“
Die Aussichten für die schwarz-rote Koalition aus CDU/CSU und der SPD sind Habeck zufolge aber offenbar nicht so rosig. Beide Seiten würden sich über „Kulturkampf-Debatten“ profilieren. Habecks Prognose: „Deshalb wird es mit dem Streit auch weitergehen. Er erfüllt einen Zweck.“ Er zog Parallelen zum Ende der eigenen Koalition: „Merz hat ja schon angekündigt, er will es der SPD nicht leicht machen. Klingt schon wie Lindner in der Schlussphase.“
Er schoss gegenüber der taz kräftig gegen Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, die Regenbogenfahnen auf dem Reichstag und in Büros der Abgeordneten untersagt hat, sowie CSU-Chef Markus Söder. Klöckner habe die Gesellschaft gespalten. „Ob mutwillig oder aus Dämlichkeit, weiß ich nicht“, so Habeck. Die „realen Probleme“ würden unbearbeitet bleiben. „Dieses fetischhafte Wurstgefresse von Markus Söder ist ja keine Politik. Und es erfüllt dennoch einen Zweck. Es lenkt ab von den Gründen, die Menschen haben können, sich nicht gesehen und nicht mitgenommen zu fühlen“, sagte der Ex-Minister.
Diese Gründe seien „Sorgen um die Sicherung des Lebens, Status, Wohnung, Rente, Einkommen, Löhne, Mindestlöhne, hohe Inflation und ganz allgemein die Zukunft“. (bb)