Altbauten unter Asbest-Generalverdacht – Ampel-Pläne können teuer werden
Asbest-Generalverdacht – Ampel-Pläne können für Millionen Hausbesitzer teuer werden
In fast der Hälfte aller deutschen Wohnhäuser ist Asbest verbaut. Alle vor 1993 gebauten Häuser sollen Verdachtsfälle werden. Eigentümern drohen ausführliche Tests.
Berlin – Dehnbar, nicht brennbar und außerdem billig: Über Jahrzehnte galt Asbest als Nonplusultra für den Häuserbau. Heutzutage steckt der Baustoff in 9,4 Millionen Wohnhäusern, berichtete die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Problematisch ist Asbest vor allem dann, wenn er freigesetzt wird und seine winzigen Fasern in die Luft gelangen. Das passiert zum Beispiel bei Sanierungsarbeiten, die gerade im Zuge der großflächigen Sanierungen überall in Deutschland gehäuft stattfinden.
Seit 1993 ist der Verbau von Asbest darum verboten. „Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten“, sagt IG Bau-Bundesvorstand Carsten Burckhardt dazu. „Die energetische Gebäudesanierung wird enorm an Fahrt aufnehmen. Gleichzeitig baut Deutschland um.“ Mit der Sanierungswelle drohe auf dem Bau eine „Asbest-Welle“, die tausende Gebäude betreffen könne.
Ampel-Haushalt unter Druck: Referentenentwurf stellt Gebäude unter Asbest-Generalverdacht
Weil bei Sanierungsarbeiten nicht immer klar ist, ob sich Handwerker einem Asbest-Risiko aussetzen oder nicht, hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2022 den sogenannten Referentenentwurf zur Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung und anderer Arbeitsschutzverordnungen vorbereitet. Dieser sieht unter anderem vor, alle Gebäude, deren Bau vor dem 31. Oktober begonnen hatte, unter pauschalen Asbestverdacht zu stellen.

Das wiederum würde bedeuten, dass jeder, der an oder in seinem Gebäude Tätigkeiten (wie etwa eine Modernisierung des Daches) durchführen will, den Asbestverdacht widerlegen muss. Entsprechende Gutachten und Tests können das Budget von Eigentümern in bislang unbekanntem Maß belasten.
Häuser-Sanierung belastet Bürger durch Gutachten und Tests
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V (BBU) warnt neben erheblichem organisatorischem Mehraufwand vor hohen Kosten, die eine „zusätzliche Beprobung“ verursachen würde. Im Falle eines positiven Asbest-Tests kommt ein Folgeaufwand hinzu. Ob ausreichende Gutachter- und Laborkapazitäten vorhanden sind, ist ebenfalls nicht sicher.
Das alles kann laut BBU zu einer weiteren Verknappung von Wohnraum und zu mietrechtlichen Problematiken führen. Die Bundesregierung schätzt die „technische Erkundung“ dagegen weniger problematisch ein. „Die technische Erkundung kann (...) zu einer deutlichen Reduzierung des Aufwandes und der anfallenden Kosten - insbesondere im Hinblick auf die Entsorgung - führen. In Relation zu den Gesamtkosten einer Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsmaßnahme sind die Kosten der technischen Erkundung als nachrangig zu betrachten“, heißt es im Referentenentwurf.
Auf eine Anfrage nach den möglichen Kosten für Eigentümer hatte sich das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) noch nicht zurückgemeldet.
Schleichende Gefahr durch Asbest für menschliche Gesundheit
Asbest ist die Sammelbezeichnung für sechs faserartige silikatische Minerale, deren Fasern zwei Mikrometer klein sein können, was einem Tausendstel Millimeter entspricht. Wegen seiner hohen Zugfestigkeit und Hitzebeständigkeit fand der Baustoff Jahrzehnte lang seinen Weg in eine große Menge von Produkten, zum Beispiel Platten für den Hochbau, Bremsbeläge für Fahrzeuge und Dichtungen.
Gefährlich ist Asbest vor allem darum, weil er Krebs erzeugt. Die Fasern können sich mehrfach aufspalten und leicht durchs Einatmen in die Lunge gelangen. Die so eingeatmeten Fasern verbleiben dort über lange Zeiten und reizen das Gewebe. Wenn die Fasern zum Brust- und Bauchfell wandern, kann dort ein Tumor entstehen. Der Vorgang ist schleichend: Vom Einatmen bis zum Auftreten einer Krankheit können Jahrzehnte vergehen.
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