Klingbeils Haushaltspläne: Eine riskante Wette auf Wachstum – „Nichts ist teurer als Stillstand“

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Der Haushaltsplan für 2025 liegt vor. Mit dem „finanzpolitischen Paradigmenwechsel“ geht Finanzminister Klingbeil jedoch ein heikles Unterfangen ein.

Berlin – Am Dienstag beschloss das Kabinett den Haushaltsentwurf für 2025, nachdem Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Staatssekretär Steffen Meyer ihre Haushaltsplanungen vorgelegt hatten. Wenn auch mitunter von deutlicher Kritik der Opposition begleitet, wurde sich im Kabinett auf Eckwerte des Haushalts für das kommende Jahr und die grobe Finanzplanung bis 2029 geeinigt. Dank der Infrastruktur-Sonderschulden und der Aufhebung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben, auf die sich Union und SPD gleich nach der Bundestagswahl geeinigt hatten, kann Klingbeil bei der Budgetplanung aus dem Vollen schöpfen. Doch mit seinen ersten Haushaltsplänen bis 2029 geht der Bundesfinanzminister eine ungeheure Wette ein.

„Nichts teurer als Stillstand“ – Klingbeil leitet mit Haushaltsplänen den „investitionspolitischen Paradigmenwechsel“ ein

Bei der Präsentation seiner Finanzplanung bis 2029 ging es Bundesfinanzminister Klingbeil vornehmlich darum, Aufbruchsstimmung zu verbreiten. Mit der neuen Bundesregierung werde es nach Jahren des Sparens und einem Investitionsstillstand wieder vorangehen, so Klingbeils Botschaft. „Nichts ist teurer als weiterer Stillstand“, sagte der Finanzminister bei der Vorstellung seiner Budget-Pläne vor Pressevertretern. Mit Blick auf die kommenden Jahre gehe es um einen „investitionspolitischen Paradigmenwechsel“, betonte Klingbeil.

Der Haushaltsplan für 2025 ist beschlossen. Mit seinem „finanzpolitischen Paradigmenwechsel“ geht Finanzminister Klingbeil jedoch ein heikles Unterfangen ein.
Bundesminister der Finanzen, Lars Klingbeil (SPD) © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Die schwarze Null zu halten und nicht mehr auszugeben als einzunehmen, sei angesichts mitunter maroder Infrastruktur – wie etwa im Falle vieler Brücken bundesweit – kein Wert an sich mehr. „Nichts ist teurer als weiterer Stillstand“, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums zum Haushalt in aller Deutlichkeit. Mit dem vorgelegten Bundeshaushalt für 2025 und ersten Planungen bis 2029 setzt Klingbeil damit vieles auf eine Karte: Die Wirtschaft soll mit Investitionen angekurbelt werden und möglichst schnell wachsen, sodass Staatseinnahmen langfristig durch erhöhte Steuereinnahmen steigen. Doch wie solide ist Klingbeils finanzpolitisches Vorhaben?

Staatsschuldenquote dürfte mit Klingbeils Haushaltsplänen bis 2029 deutlich wachsen

Allein für 2025 veranschlagt Klingbeils Etatentwurf eine Neuverschuldung von 81,8 Milliarden Euro für den Bund. Im kommenden Jahr soll der Fehlbetrag dann auf 89,3 Milliarden Euro anwachsen. 2027 sollen es 87,5 Milliarden Euro sein, wie in der dem Finanzplan beigelegten Pressemitteilung zu lesen ist. Gemeinsam mit dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität, das 2025 37,2 Milliarden Euro beträgt und 2026 auf 57,9 Milliarden Euro angehoben werden soll, sowie mit dem Sondervermögen Bundeswehr, das bis 2027 von aktuell 24,1 Milliarden auf 27,5 Milliarden Euro steigen dürfte, sind allein im laufenden Jahr zusätzliche Verbindlichkeiten von mehr als 140 Milliarden Euro geplant. Tendenz steigend.

Das macht sich natürlich auch auf der Kreditseite bemerkbar: Deutschlands Nettokreditaufnahme soll sich 2026 auf 3,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes belaufen und in den Folgejahren auf jenem Niveau verharren. Bis 2029 dürfte die Staatsschuldenquote um schätzungsweise zehn Prozentpunkte auf rund 73 Prozent steigen, wendet das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ein. 

Klingbeil setzt mit seinem Haushaltsplan alles auf ein rasches Wirtschaftswachstum

Damit der von Klingbeil ausgegebene „investitionspolitische Paradigmenwechsel“ gelingt, reicht finanzieller Spielraum alleine nicht aus: Gleichzeitig müssen notwendige Strukturreformen auf den Weg gebracht werden. „Wir haben ein erstes Zeichen mit dem Bau-Turbo gesetzt“, wird Klingbeil mit Blick auf das in der Vorwoche verabschiedete Gesetz zur Beschleunigung der Baugenehmigungen in den Kommunen von der Welt zitiert. Daneben will die Bundesregierung mit weiteren Strukturreformen dafür sorgen, dass geplante Investitionen zügig wirken: Funktionieren soll es durch kürzere Genehmigungsverfahren, mehr Fachkräfte, weniger Bürokratie und niedrigere Energiepreise. 

Trotz des Spardrucks mit Blick auf die kommenden Jahre bleiben Klingbeils Konsolidierungsvorhaben im aktuellen Haushalt und den bisherigen Finanzplanungen bis 2029 vage. Das bemängeln auch von die IW-Experten in ihrem Kommentar zu Klingbeils Haushaltsplanungen. Sie kritisieren, die Ideen des Finanzministers stünden langfristig „nicht auf sicheren Füßen“. Mit Blick auf das Ende der Legislaturperiode besteht hinsichtlich steigender Zinsausgaben und der einsetzenden Tilgung der Kredite aus Zeiten der Corona-Pandemie nämlich ein Konsolidierungsbedarf, den die Bundesregierung laut Ansicht der IW-Vetreter „vor sich herschiebt“. 

Zwangsläufig heißt es also, dass die Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz sparen muss. Gegenwärtig scheint sie aber darauf zu hoffen, dass der Konsolidierungsbedarf durch höhere Steuereinnahmen langfristig gemindert wird. Wie effektiv sich das erweisen wird, bleibt aktuell fraglich und wirft die Frage danach auf, wie schnell Strukturreformen und Investitionen sich im Wirtschaftswachstum niederschlagen werden. Klar ist aber: Wenn in genau einem Jahr der Haushalt für 2027 ansteht, wird es erste belastbare Belege für einen wirtschaftlichen Aufschwung und deutlich höheren Steuereinnahmen geben müssen. (fh)

Auch interessant

Kommentare