Verpackungssteuer in Tübingen - McDonald's legt sich mit Krawall-Bürgermeister Boris Palmer an - der gewinnt
David gegen Goliath? So in etwa muss Boris Palmer sich gefühlt haben, als McDonald’s - genauer gesagt, eine Franchisenehmerin - gegen eine von ihm eingeführte Steuer eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegte. Doch warum legte sich McDonald’s überhaupt mit dem Tübinger Oberbürgermeister an?
McDonald’s gegen die Verpackungssteuer in Tübingen
Alles begann 2022, als Boris Palmer, genug vom Verpackungsmüll in seiner Stadt Tübingen hatte und eine Steuer für Einwegverpackungen einführte. 50 Cent werden seitdem für Becher oder Teller fällig, 20 Cent für Strohhalme oder Besteck. Damit wollte er den Pappbechern, Alufolien, Holzbestecken und Tüten Einhalt gebieten - doch eine Franchisenehmerin von McDonald’s wollte das so nicht akzeptieren und erhob Beschwerde gegen die Steuer des Konzerns. Zuvor hatte bereits das Bundesverwaltungsgericht im Mai 2023 die Rechtmäßigkeit der Tübinger Verpackungssteuer bestätigt.
Nun also legte besagte Franchisenehmerin mit Unterstützung des Mutterkonzerns eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein - ohne Erfolg. Die Steuer ist damit verfassungsgemäß, auch wenn sie in die vom Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit der Verkäufer eingreife, so der Erste Senat. Bei der Verpackungssteuer handele es sich um eine „örtliche“ Verbrauchssteuer, und das wiederum heißt: Tübingen darf sich auf die Steuergesetzgebungskompetenz der Länder berufen.
Laut McDonald’s seien solche Steuern, die je nach Kommune unterschiedlich sind, vor allem für landesweit tätige Franchisenehmer nur schwer umsetzbar, es droht zu viel Bürokratie und eine zusätzliche finanzielle Belastung. Diese Meinung teilt auch der Verband kommunaler Unternehmen (vku) und warnte vor einem „unübersichtlichen Flickenteppich“.
“Modell Tübingen” - ein Vorbild?
Die Kommunen sehen das anders, Tübingen ist mit einer solchen Steuer zum Vorbild geworden. In der Universitätsstadt zeige sie bereits die beabsichtigte Wirkung, erklärte Oberbürgermeister Boris Palmer. Die Steuer hätte bereits Ideen für Mehrwegsysteme vorangebracht und die Müllflut reduziert. Und auch für andere Städte ist die Zurückweisung der Karlsruher Richter ein positives Signal: „Wir wissen von vielen Städten, dass sie nur auf das Urteil gewartet haben, um ebenfalls eine Verpackungssteuer nach dem erfolgreichen Tübinger Vorbild auf den Weg zu bringen“, so Palmer. „Dafür ist jetzt der Weg frei.“
Auch die Deutsche Umwelthilfe begrüßte die Entscheidung: Damit haben andere Städte Rechtssicherheit, ähnliche Regeln zu verabschieden. Und je mehr Kommunen Verpackungssteuern beschließen, desto höher sei der Druck auf die nächste Bundesregierung, eine bundesweite Regel einzuführen, erklärte die Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
Die Meinung teilt auch der Deutsche Städtetag: Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy monierte, dass die Kommunen mit immer mehr achtlos weggeworfenen Verpackungen zu kämpfen haben und mit einer solchen Steuer die Reinigung stemmen könnten. Die noch amtierende Bundesregierung wollte sich dieses Problems eigentlich auch annehmen - doch abgesehen von der Einführung des sogenannten „Einwegkunststofffonds“ haben es andere Regelungen nicht mehr zur Verabschiedung geschafft.
Palmer: „Es ist doch noch möglich, etwas zu ändern!“
Und der Oberbürgermeister, der gegen McDonald’s die Steinschleuder schwang? Er äußerte sich erfreut auf Facebook über den Sieg und bedankte sich für die Unterstützung, vor allem bei seinen Mitarbeitern im Tübinger Gemeinderat und der Verwaltung. Palmer, der immer wieder mit seinen Aussagen in die Kritik gerät und zuletzt auch aus der Grünen-Partei ausgetreten war, verkündete in seinem Post: „Umweltschutz, Sauberkeit und kommunale Selbstverwaltung haben gewonnen. Es ist doch noch möglich, etwas zu ändern.“
mit dpa-Material