Häufigste Krebserkrankung bei Männern: Welche Änderungen es bei der Prostata-Untersuchung geben wird
Die Diagnostik von Prostatakrebs steht vor einem Wandel. Neue Leitlinien setzen auf modernere Methoden und könnten unnötige Eingriffe vermeiden.
Kassel – Die rektale Tastuntersuchung der Prostata, die seit 1971 im Früherkennungsprogramm der gesetzlichen Krankenkassen enthalten ist, wird von vielen als unangenehm empfunden. Nicht nur Patienten, sondern auch Fachleute diskutieren seit geraumer Zeit über den Nutzen dieser Untersuchung. Nun dürfte sich die Methodik zur Früherkennung von Prostatakrebs bald grundlegend verändern.
Früherkennung von Prostatakrebs: Bedeutung von Fingeruntersuchung „weiter gesunken“
Neue Leitlinien, die von der Deutschen Gesellschaft für Urologie und anderen Fachgesellschaften erarbeitet wurden, deuten darauf hin, dass die Bedeutung der rektalen Fingeruntersuchung „weiter gesunken“ ist, wie eine Mitteilung des Universitätsklinikums Freiburg zeigt. Sie wird künftig nur noch als ergänzende Methode angesehen. Die Prostata Hilfe Deutschland bezeichnet sie ebenfalls nur als eine „zusätzliche Möglichkeit zur Früherkennung von Prostatakrebs“.
In Deutschland ist Prostatakrebs die am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung bei Männern, wie Daten vom Zentrum für Krebsregisterdaten belegen. Etwa ein Viertel aller männlichen Krebspatienten leidet daran. Eine frühzeitige Diagnose kann die Behandlungschancen erheblich verbessern. Laut Experten ist die Tastuntersuchung vom Enddarm her dahingehend aber nur bedingt von Nutzen.
Tastuntersuchung zur Prostatakrebs-Früherkennung kann „unnötig“ Angst hervorrufen
Die umfangreiche Screening-Studie Probase kam zu dem Schluss, dass die Tastuntersuchung sogar „gleich in zweierlei Richtungen Schaden anrichten“ kann. „Aufgrund der geringen Sensitivität könnten sich Teilnehmer bei einem negativen Testergebnis in falscher Sicherheit wiegen. Und durch die hohe Falsch-Positiv-Rate werden viele Männer unnötig in Angst versetzt. Außerdem entstehen vermeidbare Kosten für die diagnostische Abklärung des Krebsverdachts“, so Agne Krilaviciute, eine der Hauptautorinnen der Studie.
Eine vergrößerte Prostata, die durch Abtasten festgestellt wird, bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine Krebserkrankung vorliegt. Ebenso ist ein unauffälliges Abtasten kein Garant für das Fehlen einer Prostataerkrankung. Um die Genauigkeit zukünftiger Diagnosen zu verbessern, planen Experten, verstärkt auf die prostataspezifische Antigen (PSA-)Blutdiagnostik in Kombination mit Magnetresonanztomografie zurückzugreifen. Unlängst präsentierten Forschende auch einen Speicheltest zur Früherkennung von Prostatakrebs.
Symptome einer möglichen Prostatavergrößerung:
Meine news
- Vermehrter (nächtlicher) Harndrang
- Schwierigkeiten beim Urinieren/Harnverhaltung
- Schwacher/unterbrochener Harnfluss
- Schmerzen während der Ejakulation
- Verminderter Samenerguss/Impotenz
- Blut in Urin oder Samenflüssigkeit
Quelle: Deutsche Krebsgesellschaft/ONKO
Früherkennung von Prostatakrebs: Erkennungsrate von PSA deutlich höher als Tastuntersuchung
Auch der PSA-Test ist nicht fehlerfrei. Ein erhöhter Wert bedeutet nicht unbedingt, dass eine Krebserkrankung vorliegt. „Das prostataspezifische Antigen, das ausschließlich von der Prostata gebildet wird, [kann] auch bei Entzündungen oder einer gutartigen Vergrößerung der Prostata ansteigen, nicht nur bei einem Karzinom“, erklärt das Uniklinikum Freiburg. Dennoch ist die Erkennungsrate beim PSA-Test im Vergleich zur Tastuntersuchung rund viermal höher.
Die neuen Leitlinien empfehlen, bei Männern ab 45 Jahren standardmäßig PSA-Werte zu ermitteln. Die Kosten für den Test liegen derzeit zwischen 20 und 35 Euro. Wenn der Verdacht auf eine Krebserkrankung besteht, zum Beispiel wenn der PSA-Wert deutlich ansteigt und über dem neu festgelegten Grenzwert von 3 Nanogramm pro Milliliter liegt, können Ärzte zusätzlich MRT-Analysen und Ultraschalluntersuchungen zur Diagnose hinzuziehen. Dies ermögliche eine „millimetergenaue Gewebeentnahme“.
Die neuen Leitlinien sollen auch dazu beitragen, unnötige Eingriffe zu vermeiden. „Die Zeiten, in denen wir jeden Patienten mit einem nachgewiesenen Karzinom sofort operiert oder bestrahlt haben, sind vorbei“, betont Christian Gratzke, Direktor der Klinik für Urologie am Uniklinikum Freiburg. Viele Patienten bereuen laut einer US-Studie einen Eingriff an der Prostata. Ein Urologe empfiehlt daher, immer eine Zweitmeinung einzuholen, um zu prüfen, ob ein Eingriff sinnvoll sein kann.