Rentenkasse blockiert Mütterrente – Eltern verlieren laut Sozialverband Hunderte Euro
Wer vor 1992 Kinder bekam, erhält weniger Rente. Eine entsprechende Reform zur Gleichstellung kommt, aber erst 2028 – zur Kritik der Sozialverbände.
Hamm – Eine Ungerechtigkeit, die Millionen Mütter betrifft: Wer seine Kinder vor 1992 zur Welt brachte, erhält bis heute weniger Rente als jüngere Mütter. Die geplante Mütterrente III der Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) soll diese Benachteiligung endlich beenden – doch die Umsetzung verzögert sich erheblich. Laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) soll sie nicht vor 2028 kommen. Auch der Haushalt 2025 lässt konkrete Mittel dafür vermissen.
Merz-Regierung plant Mütterrente – So wirkt sich die Reform auf die Rente aus
„Wir werden die Mütterrente mit drei Rentenpunkten für alle vollenden – unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder –, um gleiche Wertschätzung und Anerkennung für alle Mütter zu gewährleisten“, steht im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD. Auch wenn der Name es vermuten lässt, handelt es sich bei der Mütterrente der DRV zufolge nicht um eine eigenständige Rente. Vielmehr bedeutet sie eine verbesserte rentenrechtliche Anerkennung von Erziehungszeiten.
Die Mütterrente wurde ursprünglich im Jahr 2014 eingeführt. Anfang 2019 wurde sie durch die Mütterrente II erweitert, um die Anerkennung von Kindererziehungszeiten zu verbessern. Aktuell erhalten Eltern für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, bis zu 2,5 Erziehungsjahre angerechnet. Für Kinder, die 1992 oder später geboren wurden, gibt es drei Erziehungsjahre und entsprechend drei Entgeltpunkte. Bei mehreren Kindern verlängert sich die Erziehungszeit entsprechend.
Mütterrente zulasten der Steuerzahler – Sozialverband hat Lösung parat
Die Merz-Regierung plant, diese bisherige Zweiteilung mit der Mütterrente III aufzuheben. Eltern, die in den ersten Jahren der Kindererziehung nicht oder weniger arbeiten konnten, sollen unabhängig vom Geburtsjahr ihrer Kinder gleichgestellt werden. So sollen Eltern für ihre Kindererziehungszeiten immer drei Rentenpunkte pro Kind erhalten. Finanziert werden soll die Renten-Reform aus Steuermitteln, laut Koalitionsvertrag, „weil sie eine gesamtgesellschaftliche Leistung abbildet“.
Genau hier fängt Ökonomen zufolge das Problem an. Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bezeichnete die Mütterrente etwa als eine „völlig ungezielte Maßnahme zulasten der Steuerzahler“. Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland SoVD, fordert daher gegenüber IPPEN.MEDIA, die Leistung aus dem regulären Bundeshaushalt zu finanzieren und nicht aus den Geldbeuteln der Beitragszahler.
Fehlende Mütterrente im Klingbeil-Haushalt: Planungen müssen laut Expertin jetzt starten
Allerdings machte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) bei der Vorstellung des Bundeshaushalts 2025 am Dienstag (24. Juni) deutlich, dass die Mütterrente vorerst nicht eingeplant sei. Damit bestätigte er die Aussagen von DRV-Bundesvorstandsvorsitzende Anja Piel, die bei der Bundesvertreterversammlung angab, dass es frühestens 2028 zu einer Auszahlung kommen könne. Das liege unter anderem an den technischen Voraussetzungen und den bisher ungeeigneten Systemen.

Auch wenn es laut Engelmeier durchaus Sinn ergebe, dass die Mütterrente noch nicht im Bundeshaushalt 2025 eingeplant sei, weist sie mit Blick auf die Einführung in 2028 darauf hin, dass die Planungen jetzt starten und auch konkreter werden müssen. Klingbeil erntete von der SoVD-Vorstandsvorsitzenden zuletzt Kritik, da er im Haushalt keine allgemeine Senkung der Stromsteuer eingeplant hat. Auch finanzielle Mittel für Menschen mit Behinderung lassen auf sich warten.
Laut Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, sei die Mütterrente noch nicht gesetzlich umgesetzt. Daher müsse sie im Haushalt 2025 noch nicht berücksichtigt werden. „Derzeit drängt die DRV darauf, den Beginn der Auszahlungen um mindestens zwei Jahre zu verschieben. Sie schließt auch eine rückwirkende Gewährung aus“, sagt sie IPPEN.MEDIA. Dafür sei im Haushaltsentwurf bereits ein zusätzlicher Zuschuss in Höhe von fünf Milliarden Euro für 2028 verankert.
DRV wehrt sich gegen Umsetzung der Mütterrente – Eltern droht dreistelliger Verlust
Generell steht die DRV der Mütterrente kritisch gegenüber. Schon während der Koalitionsverhandlungen hatte sich die Präsidentin Gundula Roßbach kritisch zu den Plänen der Merz-Regierung geäußert. Der Wunsch der CSU koste die Rentenkasse jedes Jahr fast fünf Milliarden Euro zusätzlich und treibe damit die Beiträge für alle in die Höhe, sagte sie damals. Den Nutzen für Rentnerinnen stufte Roßbach als begrenzt ein. Demnach gehe es gerade einmal um 20 Euro mehr im Monat.
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Das bestätigte auch Engelmeier auf Anfrage unserer Redaktion: „Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, erhalten derzeit sechs Monate weniger Erziehungszeit angerechnet als jüngere Mütter. Das bedeutet rund 20 Euro weniger Rente im Monat“, so die SoVD-Vorstandsvorsitzende. „Grundsätzlich unterstützen wir den Vorstoß, denn wer Kinder erzieht, verdient Respekt – auch in der Rente. Die Mütterrente III ist darum für uns ein überfälliger Schritt zu mehr Gerechtigkeit.“
Bentele kritisiert dagegen den Starttermin 2028 und drängt auf eine frühere Auszahlung: „Konkret bedeutet dies, dass der zusätzliche halbe Entgeltpunkt, der heute 20,40 Euro monatlich brutto entspräche, frühestens 2028 ausgezahlt würde. Bei einer 65-jährigen Rentnerin, die 1990 mit 30 Jahren ein Kind zur Welt gebracht hat, wäre dies ein Verlust von 490 Euro brutto.“ Der VdK befinde sich dazu in Gesprächen mit dem Bundesarbeitsministerium (BMAS) und der DRV. (cln)