Merz „eingeknickt“: Netanjahu enttäuscht von Waffen-Stopp des Kanzlers

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Merz stoppt die Lieferung von Waffen, die in Gaza eingesetzt werden könnten – Netanjahu wirft ihm vor, „falschen“ Medienberichten und internem Druck nachzugeben.

Gaza – Die Bilder vom Leid der Menschen in Gaza ließen zuletzt in Deutschland die Rufe lauter werden, die Bundesregierung solle stärkeren Druck auf Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ausüben. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gab am Freitag (8. August) einen teilweisen Stopp von Waffenlieferungen an Israel bekannt. Der israelische Ministerpräsident hatte dafür nun eine Erklärung parat: Die Entscheidung des deutschen Kanzlers sei auf öffentlichen Druck nach Medienberichten zur Lage im Gazastreifen zurückzuführen.

Netanjahu bezeichnete Merz als „einen guten Freund Israels“, der aber „vor dem Druck falscher Medienberichte und dem internen Druck verschiedener Gruppen eingeknickt“ sei, so der israelische Ministerpräsident bei einer Pressekonferenz in Jerusalem. Merz wies diese Behauptung zurück: „Ich lasse mich von öffentlichem Druck nicht so sehr beeindrucken wie von meinem eigenen Bild, auch von den Beratungen im Kabinett, von den Beratungen auch mit unseren Fachleuten“, so der Kanzler in einem Interview der ARD-„Tagesthemen“ und ergänzte: „Wir haben einen Dissens mit der israelischen Regierung, das hält eine Freundschaft aber aus.“

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat Kanzler Merz vorgeworfen, vor falschen Medienberichten „eingeknickt“ zu sein. © Montage: Bernd von Jutrczenka/Abir Sultan/dpa

Israel plant Einnahme von Gaza-Stadt: Deutschland stoppt Waffen für den Einsatz

Kurz vor der Bekanntgabe des teilweisen Lieferstopps aus Deutschland, hatte Israel eine Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen bekannt gegeben. Das Militär will demnach Gaza-Stadt einnehmen, wo sich noch immer mehr als eine Million palästinensischer Zivilisten aufhalten. Zwar kündigte Israel Vorkehrungen an, beispielsweise Korridore, damit Zivilisten Gaza vor einer geplanten Militäroperation verlassen können. Es solle sichere Zonen geben, in denen Menschen zudem Lebensmittel, Wasser und medizinische Versorgung erhalten. Kritiker bezweifeln jedoch, ob in der Realität sichere Fluchtwege und Versorgung tatsächlich funktionieren.

Netanjahu betonte, Israel wolle den Gazastreifen „nicht besetzen, sondern von den Terroristen der Hamas befreien“. Gleichzeitig lehnte der israelische Ministerpräsident aber die Gründung eines palästinensischen Staates ab und begründete dies mit der aus seiner Sicht fehlenden Anerkennung Israels durch die palästinensische Seite. Außerdem wies er Vorwürfe zurück, Israel betreibe im Gazastreifen eine Politik der Aushungerung oder des Genozids. Dies seien unbelegte Behauptungen und Reaktionen auf „Hamas-Propaganda.“ Bei dem Lieferstopp Deutschlands geht es um Waffen, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können. Um welche Systeme es sich dabei genau handeln soll, war zunächst nicht bekannt.

Berlin stoppt Waffen-Lieferungen: Israel wirft Deutschland „Belohnung von Terrorismus“ vor

Diplomatisch sorgte die deutsche Entscheidung für Spannungen. „Anstatt den gerechten Krieg Israels gegen die Hamas zu unterstützen, die den schrecklichsten Angriff auf das jüdische Volk seit dem Holocaust verübt hat, belohnt Deutschland den Terrorismus der Hamas durch ein Waffenembargo für Israel“, hieß es in der Mitteilung des israelischen Ministerpräsidenten, nachdem er mit Merz am Telefon gesprochen hatte. Der Teilstopp der Waffenlieferungen lässt sich als Abkehr von der bisherigen, fast bedingungslosen Unterstützung Israels werten. Kanzler Merz betonte bei den Tagesthemen aber: „Es darf überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass die Grundlinien der deutschen Israel-Politik unverändert bleiben.“

Im Koalitionsvertrag von schwarz-rot heißt es: „Deutschland trägt eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens. Das Existenzrecht Israels ist deutsche Staatsräson.“ Das begründet sich in der historischen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Holocaust und der Ermordung von sechs Millionen Juden und Jüdinnen. Zuletzt regte sich auch im Inland Widerstand gegen Netanjahus jüngste Entscheidung: In Israel demonstrierten zehntausende Menschen gegen die angekündigte Ausweitung des Militäreinsatzes in Gaza demonstriert – auch aus Sorge um die israelischen Geiseln.

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